KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

„Seelischen Tod", d. h. dem Teufel, neben die­sem König des Hades, als „körperlicher Tod" charakterisiert ist. Ein Teufels-Tod, der nicht nur den Kör­per tötet, sondern auch des Seelenführer-Amtes waltet, war auch die Thanatos-Gestalt der grie­chischen Mythologie, welche in ihrer furienar­tigen Erscheinungsform ebenfalls orientalische Einflüsse vermuten lässt. Einen wichtigen Anhaltspunkt für das frü­he Vorhandensein mittelalterlicher Everyman­Motive schon im klassischen Altertum liefert das tragikomische Spiel "Alycrjans des Euripides, 1 welches als viertes Stück einer verschollenen Te­tralogie des Dichters die Rolle des Satyrspiels vertrat. Die Vorgeschichte der Handlung soll schon in einem ebenfalls verlorenen, epischen Gedich­te des Hesiod bearbeitet gewesen sein und auch ein Stück der erwähnten Tetralogie mit dem Titel „Peliades" führte sie gewiss schon zur vollen Entfaltung. Besonders merkwürdig ist es, dass dieses Stück schon Elemente zum Vorschein bringt, wel­che in der mittelalterlichen Everymanlegende erst unter dem Einfluss der arabischen Freund­schaftsprobe in den Bereich der Todesmotive traten. Admetos, der König der thessalischen Stadt Pherae (( PfiQalg in @eiT<xMa) i dem in sei­ner Todesnot weder seine Eltern, noch seine Freunde helfen wollen, erinnert an Everyman, den seine Freunde in der Not verlassen. Das Erscheinen des Thanatos, der hier als ein Bo­te der Götter, als ein Diener der Moiren auf­tritt und erst auf den Befehl der Schicksalsgöt­tinnen den Menschen tötet oder seine Hand vom Todgeweihten zurückzieht, ist eine Entwicklungs­stufe, welche erst im späten Mittelalter eine neue Blüte erlebt. Alkestis, welche sich für ihren Mann opfert, spielt hier die Rolle der späteren „guten Tat", der „Frau Virtus" der Everyman­legende, bzw. der „Ecclesia", eigentlich des Erlösers der christianisierten Fassung der Eve­rymanmotive. Der lustige Geselle, Herakles, ist ein Prototyp des Landknechtes, des Säufers oder Spielers, des kernechten, zügellosen Sol­daten der mittelalterlichen Everymandialoge und der Totentänze. Der von diesem festen Kerl geprellte Tod ist in seiner komischen Eigen­art nach mittelalterlich-christlicher Auffassung undenkbar. Die mittelalterlichen Dialoge sind mit dem ernsten Ziele der Mahnung zur Abkehr von der Welt nicht in diesem Sinne zum Spasse aufgelegt Während Alkestis, die Tochter des Königs Pelias von Iolkos, zur Frau des Admetos wird, töten ihre Schwestern auf die Anstiftung der rachsüchtigen Medeia den Vater. Admetos, der mit der Hilfe Apollons die Hand der Tochter des Pelias 2 nur unter der Bedingung gewann, 1 um 480—406 v. Chr.; ed. Teubner, Leipz. 1909. Bd. I. S. 3-42. 2 Horn. II. 2. 715. dass er ein Wildschwein und einen Löwen vor denselben Wagen zu spannen vermochte, versäumt am Hochzeitstage ein Opfer an Arte­mis und findet deshalb zur Strafe das Braut­gemach von Schlangen besetzt. Trotzdem Apol­lon eine Fürsprache für Admetos in Aussicht stellt, ereilt diesen das furchtbare Los, früh ster­ben zu müssen. Aus dieser Not sucht ihn Apollon dadurch zu befreien, dass es ihm ge­lingt, von den betrunkenen Moiren das Zuge­ständnis zu erzwingen, vom Tode des Adme­tos absehen zu wollen, wenn dieser statt sei­ner einen seiner Verwandten oder Freunde in die Unterwelt schickt. Für diese freundschaft­liche Tat Apollons findet die Mythologie die Erklärung, dass Apollon, der die Zeit seines Exils, welche er fern vom Olympos unter Men­schen lebend, im Hause des Admetos, in sei­nem Dienste verbrachte, 3 von diesem freundlich und wohlwollend behandelt wurde. Asklepios, der Sohn des Apollo, der es in seiner ärzt­lichen Wissenschaft so weit brachte, dass er Tote ins Leben rufen konnte, wurde vom Blitze des zürnenden Zeus getroffen. Apollo rächte zwar an den Kyklopen, den Schmieden der Blitze des Zeus, den Tod seines Sohnes, wurde aber von Zeus wegen dieser Rachetat ins Exil geschickt. Dem König von Pherae nützte die Dank­barkeit Apollos nicht viel, da weder seine El­tern, noch seine Freunde statt seiner zu ster­ben bereit waren, bis endlich seine jugendliche Frau Alkestis für ihn dieses Opfer bringend sich der Macht des Todes überliefert. 4 Man will in der opferwilligen Alkestis und in dem unserer Auffassung sonderbaren und fast zurückstossenden Verhalten des Admetos, der es für ganz selbstverständlich erachtet, das Opfer seines jungen Weibes ohne Gewissens­bisse anzunehmen und aus feiger Todesfurcht es statt seiner in die Unterwelt fahren zu las­sen, den Rest einer gesellschaftlichen Einrich­tung des Urmenschen erkennen, welche sich bei Volksstämmen Indiens bis weit in das hi­storische Zeitalter aufrechthielt. Besonders bei orientalischen Völkern war es Mode, das Weib nach dem Tode des Mannes zu töten und samt ihm zu begraben. Dieser Brauch nährte sich aus dem Bedenken, dass die Frau nach dem Tode ihres Gebieters kein Recht zum Le­ben habe. Ja nicht selten veranlasste die Völ­ker primitiver Kultur dasselbe Bedenken, auch dem Manne das Leben zu nehmen oder ihn mit seinem Weibe zugleich lebendig zu begra­ben, wenn seine Frau starb. 8 Nach der griechischen Mythologie hat aber Persephone vom Opferwillen des Weibes ge­3 Horn. II. 2. 766. 4 Aelian. V. H. 14, 45. 5 vgl. die vierte Reise Sindbäds, des Seefahrers in den Märchen „Tausendundeine Nacht" ; dieser Schiffer­roman über die Reisen des Sindbäd soll um 300 der Hidjra-Zeitrechnung, also gegen 918 n. Chr. in Basra entstanden und erst später in die bekannte Märchensamm­lung aufgenommen worden sein.

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