KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

belehren. Megapenthes will zuletzt kein ' König mehr sein, sondern wenigstens nur als ein gewöhnlicher Sklave auf die Oberwelt zurückkehren. Merkur zieht ihn mit dem Knittel bei den Füssen in den Kahn, er muss Sicherheits halber an den Mast gebunden werden und der wackere Cyniskus soll ihn über­wachen. Der Tyrann will den obersten Sitz ein­nehmen, aber Cyniskus bedroht ihn mit dem Knittel. Nach dem Tyrannen folgt als letzter Micyllus. Er beschwert sich, dass er, der arme Schuster, nur we­gen seiner Armut zuletzt in den Kahn steigen muss. Klotho beruhigt ihn mit dem Hinweis auf die soeben beschriebene unbarmherzige Behandlung des Ty­rannen. Nach der Meinung des Micyllus sei es eine gar schlechte Gnade, wenn der Zyklop dem Ulyss ver­spricht, dass er ihn zuletzt fressen wolle, 1 denn er mag der erste oder der letzte sein, so warten eben dieselben Zähne auf ihn. (Die Hölle ein gehässiges Tier!) Der Ty­rann war in sein Erdenglück so verliebt, dass er jetzt mit Recht jammert, und Micyllus lacht ihn und sich deswe­gen aus, dass er vor diesem machtlosen Tyrannen we­gen seines Purpurmantels und seines Stolzes so viel Respekt gehabt hat. Er aber, Micyllus, war sofort reise­fertig. Auf den ersten W ink der Atropos, warf er fröhlich seinen Schusterkneif und den unvollendeten Halbstiefel, den er eben in Händen hatte, weg, sprang auf, barfuss, wie er war, ohne sich nur das Pech von den Händen zu waschen, folgte er, oder lief vielmehr voraus, denn er hat auf der Erde nichts als Armut, Schulden, zerlumpte Fetzen, Steuer usw. verlassen. Währenddessen der - Schuster spricht, stösst Charon den Kahn ab und Micyllus, der schon ge­stern eine Leiche war, soll mit der Uberfahrt war­ten. Da man ihn nicht aufnehmen will und er sich vor dem Ertrinken auch nicht mehr fürchten muss — da er ja ohnedies tot ist — springt er ins Wasser und schwimmt dem Kahn nach. Auf den Befehl Klothos wird er aufgenommen und, da im Kahn kein Platz mehr ist, muss er sich auf die Schulter des Tyran­nen setzen. Der Cyniskus gesteht dem Charon, dass er nicht einmal einen halben Batzen habe, um die Fahrt be­zahlen zu können, aber er ist bereit, lieber rudern zu helfen. Charon nimmt seine Hilfe gern in An­spruch. Der Cyniskus singt ein schönes Schifferlied zu dieser Arbeit und die Reichen sekundieren ihm mit ihrem jämmerlichen Gewinse) : 0 meine Schätze ! 0 meine schönen Landgüter I Ach, ach ! Das schöne Haus, das ich zurücklassen musste ! 0 wie wird mein Erbe die vielen Tausende vergeuden, die er von mir bekommt I Hu ! Hu ! Meine armen Kleinen ! •— Merkur fragt den Micyllus, warum auch er nicht jammere ! Dieser aber hat nichts zu heulen und lacht. Er sollte aber — meint Merkur — seufzen, um den Brauch mitzumachen. Jetzt plärrt auch Micyllus in einem burlesk tra­gischem Tone : „0 meine Riemen ! 0 meine alten Pantoffel ! Au, au 1 Meine durchgetretenen Schuh­solen 1 Wer wird sich nun meines Kneifs und mei­ner Ahle bemächtigen ?" Alles muss endlich am anderen Ufer ausstei­gen und das Fahrgeld zahlen. Micyllus hat aber auch kein Geld. Charon kehrt zurück, um die Ochsen, Pferde und Hunde, die heute krepiert sind, abzuholen und Klotho überlässt die Toten dem Merkur, damit sie samt Charon zurückkehren und mit den Tieren gleichzeitig auch die Serischen Fürsten Indopathes 1 Odyssee IX, 369. und Heramithres, die durch einen Streit über ihre Grenzen starben, abholen kann. Auf dem Wege vom Ufer zum Gericht spricht Micyllus mit Cyniskus : Micyllus : Zum Herkules ! Was es hier finster ist I Wo ist nun der schöne Megillus ? Oder woran konnte man hier unterscheiden, ob Phryne schöner als Symiche ist ? Alles hat hier nur eine Farbe, nichts ist weder schön, noch schöner und sogar mein armseliger Kittel, der noch kaum mir selbst abscheu­lich vorkam, gilt jetzt soviel als der Purpurrock ei­nes Königs ; unter der Hülle dieser Finsternis sind beide gleich unsichtbar. — Wo bist du, Cyniskus ? Cyniskus : Hier Micyll 1 — hier sag' ich — wenn dirs recht ist, wollen wir miteinander gehen. Micyll : Das ist ein guter Gedanke ; gib mir die Hand. Höre, Cyniskus, da du doch in den Eleu­sinischen Mysterien initiiert bist, findest du nicht auch: es sei eine grosse Ähnlichkeit zwischen dem, wie es hier und wie es dort ist ? Cyniskus : Du hast nicht unrecht — Sieh nur, da kommt gleich eine Fackelträgerin, die eine ganz fürchterliche und drohende Miene macht ! Sollt'es wohl eine Erinnys -sein ? Micyllus : Ihrem Kostüm nach sollte man's denken ?" Sie ist Tisiphone. Merkur übergibt ihr die Toten. Sie führt diese vor Rhadamanthus. Cyniskus bittet um Erlaubnis, allererst zur Un­tersuchung vorgeführt zu werden. Er ist entschlossen, jemanden zu verklagen und bis er nicht bewiesen hat, wie er lebte, kann er keinen glaubwürdigen Zeu­gen abgeben. Rhadamanthus ruft die Ankläger des Cyniskus. Aber niemand meldet sich, niemand weiss gegen ihn etwas. Cyniskus muss sein ganzes Innerstes zeigen, ob er nicht zu Malzeichen gekommen ist, denn je­de Übeltat lässt eine Brandnarbe an der sündigen Seele zurück. Cyniskus entblösst sich und mit Er­staunen sieht Rhadamanthus, dass seine Seele ganz rein ist, ausser einigen Spuren von ehemaligen Nar­ben. Cyniskus erklärt, dass er die Narben durch das Philosophieren verlor. Sobald er den Tyrannen an­geklagt hat, darf er zu den Seligen gehen. Auch Micyllus darf mit ihm, da er ebenfalls rein ist. Hierauf wird der Tyrann Megapenthes vorge­führt und von Cyniskus wegen einer Missetat verklagt. Als Zeugen erscheinen die Seelen jener, die Megapenthes töten liess, alle Weiber, die er ge­schändigt hat, Männer, die wegen ihres grossen Ver­mögens oder wegen ihrer schönen Frau, oder weil sie die Schandtaten des Tyrannen nicht wortlos dul­den konnten, sterben mussten. Die Morde leugnet Megapenthes nicht, aber die übrigen Schandtaten will er nicht bekennen. Hierauf werden sein Bett und seine Nachtlampe als Zeugen heraufbeschworen. Beide bekräftigen eidlich,dass die­se Sünden, welche von ihnen gesehen wurden, so schrecklich sind, dass man sie nicht erzählen kann. Auf den Rat des Cyniskus wird der Tyrann damit bestraft, dass er, wie Tantalus, nicht aus dem Wasser der Lethe trinken darf und sich ewig mit der furchtbaren Erinnerung an seine Sünden quä­len muss. Das Schicksal des Reichen in der Unterwelt fällt in der Darstellung meistens mit dem eines Sün­ders zusammen. Mit köstlichem Humor werden in den Totengesprächen Lukians die Leiden der Rei­chen in der Unterwelt verspottet :

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