KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

terlichen Kunst als Tradition übernommen wur­den, da sie schon vor ihrer mittelalterlichen Er­scheinung im Orient bekannt waren. Daher ist auch das Ziel dieser Untersuchungen, aus den allgemein menschlichen Variationen jene Ele­mente herauszufinden, von denen sich die mit­telalterliche, traditionelle Form ableiten Hesse. Das wichtigste Element der Everyman-Le­gende ist die das „Allgemein-Menschliche" sym­bolisierende, personifizierte Gestalt, „der Mensch", in dessen Person sich jedermann gleichsam er­kennen kann. Diese Gestalt, in der „das Un­persönliche" personifiziert wird, ist „Jedermann", „Everyman" — wie sie in den englischen — und „Jedweder". „Homulus", „Hecastus", wie sie in den deutschen Moralitäten genannt wur­de. 1 Für das wirkliche Vorhandensein der Dar­stellung „des Menschen" finden sich unter den Denkmälern der ältesten Völker ausser ei­nigen „Adam-Eva"-Legenden 2 sehr wenig An­haltspunkte. Auch diese symbolische Gestalt „Jedermanns" entstand durch die reihenartige Darstellung des menschlichen Lebenslaufes vom Kindesalter bis ins Greisenalter, bis in den Zu­stand des Körpers und der Seele nach dem Tod. Die Beschreibung des Lebenslaufes geht eigentlich auf die „Gisant"-Gegenüberstellung des Lebenszustandes rmt dem Totsein zurück. Aus der ungeheuren Menge der einschlägigen Sätze soll nur das folgende Zitat erwähnt wer­den : (11) „Warum starb ich nicht im Mutter­leibe, verschied ich nicht sogleich, als ich her­vorging aus dem Mutterschosse ?. . . (13—22.) Denn so schliefe ich nun in Stille und ruhte sanft in meinem Schlafe, mit Königen und Rats­herren der Erde, welche sich einsame Stätten bauen, oder mit Fürsten, welche Gold besitzen und ihre Häuser mit Silber füllen ; oder ich wäre gleich einer verscharrten Fehlgeburt nicht emp­fangen haben, ... Dort hören die Gottlosen auf zu toben, und dort ruhen die, deren Kraft erschöpft ist. Die einst in Fesseln lagen, sind allzumal unbelästigt, nicht hören sie die Stimme des Treibers. Klein und Gross ist dort, und der Knecht frei von seinem Herrn. Warum ist das Licht dem Leidvollen gegeben, und das Leben denen, deren Seele voll Bitterkeit ist? die auf den Tod harren, gleich als grüben sie nach ei­nem Schatze, und er kommt nicht, die sich ü­beraus freuen, wenn sie das Grab finden..." (Job. 3, 11. 13—22). Diese Stelle aus Job ist auch wegen der Erwähnung der Stände wichtig. Der Gedanke, dass Gross und Klein, Herr und Knecht 1 vgl. Karl Goedeke : Every-Man, Homulus und He­kastus. Hannover. C. Rümpler. 1865. — die umfangreich­ste und beste Abhandlung über diesen Stoff, auf deren An­gaben sich auch meine Forschungen stützten. 2 z. B. Ovid : Metamorph. Deucalion et Pyrrha ; s. Dillmann : Das christliche Adambuch des Morgenlandes. 1853 in Ewalds Jahrbüchern der biblischen Wissenschaft, Bd. 5. Aus dem Äthiopischen übersetzt. Titel : „Der Kampf des Adam und der Eva", d. h. gegen den Satan. Der äthiopische Text samt seinen arabischen Vorlagen ediert von E. Trumpp : Abhandl. d. kgl. bayer. Akad. d. Wissensch. München 1. philos.-philol. Kl. XV, 3. Abt. 1881. im Grabe nebeneinander liegen, wiederkehrt häufig als Aufschrift der mittelalterlichen Bein­häuser und als einleitender Vers der Toten­tänze. Die Aufschrift des Beinhauses nach dem Klein-Baseler-Totentanz lautet : „Hier rieht got noch dem rechten die herren ligen Bi den knechten nvn mercket hie Bi welger her oder knecht gewesen si" .... und am Berner Beinhaus : „Die todten sprächent : Hie Ligend also vnnsere gebeyn Zu vnns her tantzend grosz vnd kleyn. Die Ir Jetz sind die warend wir, Die wir Jetz sind die werden Ir." Die oben zitierte Stelle Jobs hat auch auf die mittelalterlichen Gesamtlegenden-Darstellungen grossen Einfluss gehabt. In der dritten Szene des Legendenbildes von Subiaco 3 und am Fresko des Camposanto in Pisa 4 flehen die „Leidtra­genden" (Bettel, Krüppel, Greis) umsonst um baldige Erlösung vom Leben durch das Sterben, der Tod tötet doch eher jene, die durch die weltlichen Freuden und durch Reichtum un­zertrennbar am Leben hängen. (Offb. 9. 6). Zur „Everyman-Gestalt" führten Vorstellun­gen vom auffallend ähnlichen Beginn und Aus­gang des menschlichen Lebens. Wie der mensch­liche Körper ohne Besitz aus dem Schoss seiner Mutter ins Leben tritt, so muss er auch ohne Besitz, nackt aus dem Leben scheiden. An die­sen Gedanken knüpft sich auch die sog. Stan­desliteratur von der Vergänglichkeit jedes Be­sitzes. Job. H 21. : „Nackt bin ich aus meiner Mut­ter Schoss hörvorgegangen, nackt werde ich dahin zurückkehren" (d. h. in den Schoss der „Mutter-Erde"). Nur durch dieses Zitat ist jene Szene der „etruskischen Genienreihe" erklärbar, in welcher „der Mensch" — ein nackt gezeich­neter Mann — flehend und händeringend vor dem schwarzen Genius kniet, der ihn erwürgen will. 5 Er ist „Everyman", der jetzt ohne Besitz aus dem Leben scheiden muss. Er ist „der Mensch" in sich, so, wie er wirklich ist, ohne die äusserlich trügerischen Abzeichen der welt­lichen Stände. Diesen „Everyman", den Men­schen, der kaum geboren schon sterben muss, nannte der reiche Trimalchio im bekannten Werk von Petronius „homuncio" („Quam totus ho­muncio nil est !"). Durch diese antike Vermitt­lung nennt man die „Everyman-Gestalt" auch im Mittelalter „Homulus" oder „Homunculus", d. h. „Jedermann," den Inbegriff alles Menschli­chen im kleinen, und auch „Hecastus", der ein Leben führt, welches das Schicksal Hunderten von Menschen beschert Die „nackte" Everyman­Gestalt ist aus reihenartigen Darstellungen der einzelnen Lebensalter in der Form des „Lebens­3 vgl. die Illustrationen des angezeigten Danse Ma­cabre-Bandes. 4 s. im Danse JVfacabre-Band. 5 S. Tai. I. Fig. 9; vgl. Weege, Abb. 33. aus dem III. Jh. vor Chr.

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