KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

jene Marmorgruppe aus dem Jahre 450 v. Chr. in Leiden (Rijksmuseum van Oudheden). Auf einem kreisförmigen Piedestal um eine Mar­morsäule stehen drei edle, ruhige Gewandfigu­ren. Es sind drei mondphasenartige Erschei­nungsformen ein und derselben Göttin. Alle drei Gestalten sind aber gleich, ohne symbolische Merkmale und Unterschiede. Eine fortgeschrit­tene Motivkombination zeigt das Hekate-Monu­ment von Alkamenes (ca. 403 v. Chr.), welches vor dem Eingang der Athener Burg stand, die Göttin ebenfalls auf einem kreisförmigen Piede­stal in drei Gestalten erscheinen Hess und de­ren Kopie jene Statuette aus Bronz ist, welche sich in Rom im Palazzo dei Conservatori befin­det. 1 Die drei Hekate-Statuen stehen hier so im Kreise, dass sie einander den Rücken wenden. Es ist gleich, von welcher Seite sich der Zu­schauer der dreigliedrigen Statuengruppe nähert, immer trifft er sich einer Hekate-Form gegen­über. Wie die Statue auf Fig. 442 bei Peez S. 871b steht, so hat die sich nach rechts wen­dende Hekate die Mondsichel mit einer Lotus­blume in der Mondschale als Wahrzeichen am Haupte. Sie hat auch eine Fackel in der Hand und ist also eine Mondgöttin, welche mit Isis in Beziehung steht. Die zweite Hekate-Statue, welche sich am erwähnten Bilde dem Zuschauer zuwendet, hat als die Hüterin des Hades einen Schlüssel in der rechten und ein Bündel Strick in der linken Hand. Solange sie herrscht, ist Hades geschlossen, denn sie ist das Symbol des vollen Lebens, des Vollmondes, dessen Zeichen, eine discus-Scheibe, sie am Haupte trägt. Die dritte Hekate-Statue wendet sich am Bilde nach links. Sie hat am Haupte die von Mithras entlehnte phrygische Mütze mit über der Stirne erscheinenden, aus den Haaren her­vordringenden und nach rückwärts immer kleiner werdenden Strahlen, dabei hält sie in der linken Hand einen Dolch (wie die Erinnyen). Die phry­gische Mütze, der Dolch sind Wahrzeichen des abnehmenden Mondes. Aber nicht nur die Mond­phasen, sondern auch die Lebensepochen sind hier in einer Art Gisant-Typ-, bzw. Lebensrad­Form durch die drei im Kreise stehenden He­kate-Gestalten symbolisiert worden. Die bren­nende Fackel der Gestalt rechts : das angehen­de Leben. Die discus-Scheibe der mittleren Gestalt : das volle Leben. Wenn diese mensch­liche Lebensepoche herrscht, so ist Hades (die Unterwelt, die Totenwelt) geschlossen (Schlüssel) und in Banden gelegt (Strick). Die linke Gestalt weist mit dem Dolch auf ihr mör­derisches Todesamt und mit der Schlange auf die Verwesung. Also eine Art von Todes-Göttin, eine Vorstufe des mittelalterlichen Furientodes ! Und diese antike Todes-Furie hatte auch eine Leichenqestalt, ja sogar der Gisant-Typ ist mit dieser dreigliedrigen Hekate gemeint, denn eine in Ungarn, in Nagyszeben gefundene Hekate­1 Fig. 442. bei Peez auf S. 871. b. Statue verbildlicht die Göttin ausdrücklich in der Form einer Mumie. 2 DerGisant-Typ derHekate als Parallelerschei­nung der Vorstellung von den Mondphasen und auch vom märchenhaften Geryones (dessen Herden Heracles in seiner zehnten Arbeit ent­führt), steht also in Verwandtschaft mit jenem Gisant-Typ, der aus den Motiven des antiken Totenkultes gewonnen wurde und dessen Sym­bol die Eurynome der Gegend von Delphi war, die nach dem Volksglauben die Körper der Toten mit ihren Zähnen zerfleischt und für das unterirdische Leben nur das Skelettgerüst üb­riglässt. 3 Auf dem Gebiete der schon von Ägypten her bekannten antiken „Seelenkunde" und der Lehre von der Verwandlungsfähigkeit des Leich­nams schalten die frühchristlichen Häretiker mit ihren Theorien ein. Nach den Gnostikern sol­len Materie, Seele und Geist die Bestandteile des Menschen sein. Nach ihrer Lebensrad- und Gisant-Typ-Lehre geht der Geist nach dem Tod ins Pleroma, die Materie wird im Feuer der Erde aufgelöst und die Seelen gehn in den „Ort der Mitte" u. zw. nur die Seelen der Gerechten. Die Seelen der Bösen werden ebenfalls vom Feuer verschlungen. 4 Als eine verwandte Er­scheinung dieser antiken „Seelenkunde" ist auch jene Lehre der Manichäer zu betrachten, nach welcher der Mensch zwei Seelen habe, eine gute von Gott und eine böse, die dem Reiche der Finsternis anheimfallen müsse. 5 Wir sind in der Lage, die orientalische Abstammung der Gisant-Typ-Gegenüberslellung des lebenden Körpers und der verschiedenen Stadien der Verwesung des Leichnams mit ei­ner geschichtlichen Angabe unterstützen zu kön­nen. Nach dem Fall der Republik verbreitet sich in Rom die orientalische Mode der Ver­götterung der Macht. 6 Die „consecratio" war die Zeremonie dieser Vergötterung. Nach der Beerdigung des gestorbenen Kaisers wurde seine Wachsfigur auf einem Elfenbein-Sarkophag noch 7 Tage lang im kaiserlichen Palast zur Schau gestellt. Dann wurde die Wachsfigur von Senatoren auf das Forum und auf das Mars­feld getragen, wo sie auf einem drei-vier Stock hohen altarähnlichen Scheiterhaufen erst prachtvoll geschmückt und dann verbrannt wur­de. Vom Scheiterhaufen hob sich ein freigelas­sener Adler in die Lüfte empor. Er soll nach antikem Glauben die Seele ins Jenseits tragen. In Rom, auf dem Piedestal der Statue des An­toninus Pius, trägt den Kaiser und die Kaiserin ein beflügelter Genius mit der Hilfe von zwei Adlern in die Lüfte. Das Bestreben, das Bild 2 Peez, S. 872 a : vgl. Koppen, Die dreigestaltete Hecate, Wien 1823. 3 Pausanias, Phoc., XXV111. 4 Im Werke „Gegen die Häresien" des hl. Irenaus von Lyon, Buch 11. Kap. 29.; Bibl. d. Kirchenv. 3—4; Übers, v. Klebba. München 1912. Bd. I. S. 310 ÍÍ. 5 Augustinus, De duabus animabus contra Mani­chaeos ; ca. 391 geschrieben. 6 Eigentlich seit Julius Ceasar ; vgl. Suet. Caes. 88.

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