KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

DRITTER TEIL. Entwicklung der Todes-Tanz- und Toten-Tanz-Motive in der lehrhaften Dichtung des Mittel-alters und in den Urtypen der Todes- und Toten-Legenden - ZWEITER ABSCHNITT. Grundformen der Todes- und Toten-Legenden

-311 ­VI. Die französische Form der Legende von den drei Lebenden und drei Toten 1 Textwiedergabe nach : L'Alphabet de la mort (de) Hans Holbein. Publ. d'aprés les manuscrits. Par Anatole de Montaiglon. Paris. (Edwin Tross.) 1856. Handschriftenverzeichnis nach : Storck, W. F. : Die Legende von den drei Lebenden und von den drei Toten. (Diss. Heidelberg, 1910.). Vor allem sollen hier zur leichteren Über­sicht die bisher festgestellten Tatsachen der Ge­schichte der Totenlegenden skizziert werden. Die Darstellung der Vergänglichkeit durch einen verwesten Leichnam ist allgemein mensch­lich und war im Orient, bei den Ägyptern, bei den Griechen und Römern gleichsam im Ge­brauch (s. Weber—Holländer, S. 30—34. ff.). Der Gegensatz zwischen einem lebenden und einem toten Körper gewann unter dem Einfluss der orientalischen Kirche eine Neuerung, die mit ihrem stark betonten Nichtigkeitsprinzip noch heidnisch-orientalisch ist. Man zeichnete den Körper lebend und dann tot; später wurde auch dieser Totenleichnam in den verschiedenen Ver­wesungsstadien dargestellt. Wie es der Text zu Ferrara beweist, haben die Dichter und später auch die Maler des Mittelalters die wiederholte Darstellung desselben Toten missverstanden. Man zeichnete den drei Totenleichnamen ent­sprechend bald auch drei Lebende und per­sonifizierte jede einzelne Gestalt derartig, dass der eigentliche Inhalt der Urlegende heute kaum mehr zu enträtseln ist. Die Personi­fikation, die Selbständigkeit der Personen wurde allererst bei den französischen Dichtern Baudouin de Condé und Nicholes de Marginal restlos durchgeführt. Während die „Gisant-Typ"-Toten des Mittelalters unbeweglich, sprachlos — also wirkliche Tote — waren, während im 438. Kap. des Malerbuches zu Athos unter dem Lebens­rad ein „Gisant-Typ"-Toter (im Maul des Höl­lendrachen) nebst der mit Sense bewaffneten Todesgestalt nur das Symbol der Vergänglich­keit war — ein Zustand der Auflösung ins Nichts, in den der Tod jeden Menschen hineinstürzt, ein Beispiel, dem man ähnlich werden muss —, wurden in den französischen Legenden-Bearbei­tungen unter dem Einfluss der Hieronymus-Le­gende aus den leblosen, symbolischen, „Gisant­Typ"-Toten wirkliche, auferstandene Tote, die ihre verwesten Körper nur deswegen ange­nommen haben, damit sie auf die Welt zurück­gekehrt sprechen und durch die Erzählung der überirdischen Qualen der Sünder die Menschen bekehren können. Die Erscheinung der drei Toten und die Belehrung der drei Lebenden wurde unter dem Einfluss der bekannten Migne-Legende vom hl. Makarius und von der Altercatio animae et cor­poris zur Vision eines Eremiten, was zur Mög­lichkeit einer Verbindung der Legende von den 1 Tab. A. Il 4. drei Toten und drei Lebenden mit der arabi­schen Everyman-Legende vom Untergang der drei untreuen Freunde in der Stunde des Todes wesentlich beigetragen hat. Inhaltlich förderte den Zusammenhang zwischen Toten-Legende und Everyman-Toten- oder Todes-Legende auch eine andere Neuerung der französischen Dichter, die sich auf die ungleichen Charaktere der drei Le­benden bezieht. Während einer der Lebenden fromm und reumütig spricht, wollen die beiden anderen von einer Besserung ihres Lebenswan­dels nichts hören (s. auch auf dem Bilde zu Subiaco). Dabei wurde durch die Benützung der Motive der mittelalterlichen Standesliteratur eine Verbindung mit den Vadomori-Gedichten vor­bereitet. Die einzeln personifizierten Toten wur­den durch ihre Lehren über die Nichtigkeit der Welt und der weltlichen Triebe bald auch Ver­treter der dreiteiligen Nichtigkeitslehre der ara­bischen Everymanlegende. Dies brachte auch die Symbolisierung der in der arabischen Eve­rymanlegende vertretenen weltlichen Freuden durch die drei Lebenden der alten Legende mit sich und es entstand die symbolische Legende, die „Visio Heremitae" (vgl Taf. VIII. Fig. 13—16.). Unter dem Einfluss der in der zweiten H. des XIII. Jhs. entstandenen Hieronymus-Legende, in welcher die Wunder des „grossen Eremiten", Hieronymus, erzählt werden, erlebt die Legende von den drei Lebenden und Toten eine unge­ahnte Blütezeit, deren Kulmination ebenfalls in die letzten Jahrzehnte des XIII. Jhs. fällt. Nachdem die Bedeutung der französischen Legenden-Variation genügend hervorgehoben wurde, sollen hier die wichtigsten Fassungen derselben mitgeteilt werden. a). Erste Fassung. Baudouin de Condé (ca. 1240-1280.). Baudouin de Condé dichtete unter Grä­fin Margarete der Schwarzen von Flandern (1244—1280), einer Urenkelin der berüchtigten Eleonore v. Poitou. Der Inhalt ist für die gesamte Entwickelung der Legende sehr bedeutend. Die Einleitung gibt eine kurze Zusammenfassung der Handlung. Es wird hauptsächlich von Menschen der höheren Stände gesprochen, was also zur späteren Dar­stellung der irdischen Macht vorbereitet. Aber die Einleitung erwähnt auch, dass die drei Le­benden ein Beispiel der Schönheit der Welt sind. Hierauf folgt das Gespräch der Lebenden über die Hässlichkeit der Toten ; die Worte des drit­ten Lebenden sind eine Darstellung der Fäul­nis des schönen Körpers. Der erste Tote beginnt mit dem bekannten arabischen Spruch der Le­gende : Was sie jetzt sind, werden auch die Lebenden sein ; und wie schön jetzt die Leben-

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