KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

DRITTER TEIL. Entwicklung der Todes-Tanz- und Toten-Tanz-Motive in der lehrhaften Dichtung des Mittel-alters und in den Urtypen der Todes- und Toten-Legenden - ZWEITER ABSCHNITT. Grundformen der Todes- und Toten-Legenden

et ploro . . ." etc. zu einem geflügelten Wort der mit­telalterlichen Klosterliteratur wurde. Wer mag wohl der Dichter sein ? Du Méril, der den Text auf Grund der Handschriften Bibl. Regia Paris, fonds de Saint­Victor, Nr. 472, fol. 289r ff. ; Bibl. de Bruxelles Nr. 4363; Bibl. Mazarine, Nr 438 Umnumeriert, Fragment aus dem XII. Jahrh.) veröffentlichte 1, stützt sich auf die Voraussetzung, dass wenn der Eremit Fulbert die Vision in erster Person beschreibt, er wohl auch als der Dichter zu betrachten sei. Einleitung und Schluss sind also nur nachträgliche Zusätze. Fulbert, der Bischof von Chartres (ca. 950—10.4. 1029), ein Schüler des berühmten Gerbert in Reims, der Gründer der Schule in Chartres (990), Kanzler der Kirche daselbst, Scholastiker und Neu-Dialektiker, der Schatzbewahrer des hl. Hilarius zu Poitiers, war eine bedeutende Gestalt der französischen Kir­che. Ausser Reden, Briefen, Traktaten, liturgi­schen Arbeiten 2 war er auch dichterisch tätig. 3 Eine Legende, deren Autorschaft auch von Mé­ril dem Bischof von Chartres zugesprochen wird, 4 erzählt sogar die Geschichte eines Eremiten, na­mens Johannes. Dieser hegt den Wunsch, ein Leben zu führen, wie die Engel selbst und wird durch einen Mitbruder von seinem Irrtum ge­heilt. Das Problem der Ungleichheit körperlichen und seelischen Lebens, sowie auch die vision­artige Lösung erinnert an die Visio Philiberti, welche der Altercatio zugrunde liegt. Allein die Ähnlichkeit der beiden Visionen, sowie die Na­mensgleichheit reicht nicht aus, um die Autor­schaft des Bischofs Fulbert zu unterstützen. Da­bei ist nicht ausser acht zu lassen, dass in einzelnen Varianten des Alterkationstextes der Eremit nicht einmal Fulbert, sondern Philibert heisst und dass es auch einen hl. Abt Philibert gab (zw. 616 und 620 — t bald nach 685), der zwar Ordensmann, aber ebenfalls kein Eremit war. Auch er wurde auf französischem Boden geboren (im Gebiet von Eauze, Frankr.), starb zu Noirmoutier, konnte also mit vollem Recht „Francigena" heissen und doch machen seine Viten von einer derartigen Vision, wie sie die Alterkation behandelt, keine Erwähnung. Dass der Dichter der Altercatio in zahlrei­chen Handschriften Cancellarius Parisiensis heisst, das wurde scheinbar erst im Repertóri­um hymnol. von Chevalier 5 beachtet, der die Handschriften Mss. Erfurt, Ampi. 98 (saec. XIV), fol. 152; London, B. M. Harl. 2361, fol. 85 und die Ausgabe Saillius, Thes. prec. (1609), S. 448— 1 a. a. 0. S. 217-230. 2 vgl. Migne, Patr. lat. 141, Sp. 189-278. 3 vgl. Friedr. Ueberweg, Grundriss d. Gesch. d. Phi­losophie II. Teil 1928", hg. Bernh. Geyer, S. 185 ; E. Pfi­ster, De Fulberti Carnotensis vita et operibus. Nancy 1885 ; A. Cherval, Les écoles de Chartres au moyen-äge. Chartres 1895, S. 31 ff., 94 ff. ; J. A. Endres, Studien zur Frühscho­lastik. Philos. Jahrb. 25 (1912), S. 368-371 ; ders. : Forsch, zur Gesch. d. frühmittelalterl. Philosoph. Beitr. XVII, 2—3 (1915), S. 21-25. 4 vgl. a. a. 0. S. 189-190. 6 Anal. Boll. 21 (1902), S. 390, Nr. 29918. 460 erwähnt. Schon unter den oben angeführ­ten Namen gab es einige Kanzler und beson­ders unter jenen, deren Namen mit einem G. verkürzt werden konnte, fand sich ein Cancella­rius Parisiensis, der zum Begriff des Pariser Kanz­lers wurde und als Kanzler der Pariser Universi­tät und als „doctor christianissimus" schon im Laufe des Mittelalters zum gefeierten Theologen und Dichter par exellence wurde und die Autor­schaft vieler Anonymwerke an sich riss. Johan­nes Gerson (Charlier, 1363—1429) war es, der als Cancellarius Parisiensis auch zum Dich­ter der Altercatio gemacht wurde, was übrigens nicht nur deswegen ein Unsinn ist, weil wir ja Handschriften aus früheren Jahrhunderten be­sitzen, sondern auch deswegen, weil es gerade Gerson war, der vor falschen Visionen und vor allen Formen des zeitgenössischen Aberglau­bens warnte, sich von den Verirrungen der hä­retischen Mystik freihielt und selbst den Offen­barungen der hl. Brigitta sehr reserviert gegen­überstand. 6 Es ist also undenkbar, dass er an­dererseits die Visio Philiberti in einem Gedichte gefeiert hätte. Zu diesem Irrtum führte vielleicht der Umstand, dass seine Betrachtungen De arte moriendi und De 4 novissimis in unzähligen Abschriften verbreitet durch alle mittelalterlichen Klöster zogen. Er war also als Verfasser von Vergänglichkeitswerken verrufen. Die Handschrift A. V. 14 (saec. XIV-XV.) der Basler Universitätsbibl., welche eine Variante des Textes der Altercatio enthält (fol. 171 va — 173rb), nennt den Dichter des Gedichtes (Titel : Carmen inter carnem et animam / et animam et ma­lignum spiritum. „Noctis sub silentio..."): Philippe de Gréve. Die Autorschaft dieses Philippus de Grevia, der in der 2. Hälfte des XII. Jahrhunderts zu Paris geboren, i. J. 1236 daselbst starb, scheint am wahrscheinlichsten zu sein. Er war zwar nicht Kanzler der Pariser Universität, son­dern nur der Kirche, wurde aber ebenfalls sehr häufig nur als Cancellarius Parisiensis apostro­phiert. Die Ursache, warum er mit den Univer­sitätskanzlern von Paris verwechselt wurde, ist vielleicht in jenem Verhältnis zu suchen, in wel­chem er zur Universität stand. Als Kanzler der Kirche (1217) und höchstes Oberhaupt aller vom Erzstuhle abhängigen Unterrichtsanstalten sucht er nämlich auch die Universität seiner Jurisdik­tion zu unterwerfen. In seinem Kampfe gegen die Mendikanten, die er als Lehrer von der Uni­versität zu Paris ausschliessen wollte, wurde er zwar von den Päpsten Honorius III. (1219) und Gregor IX. (1224) nicht unterstützt, in seinem heis­sen Kampfe auch gegen die cumulatio beneficio­rum wurde er 1230 sogar zur Flucht aus Paris gezwungen, als „optimus theologus" ' war er für die Kirchengeschichte und Gelehrsamkeit seiner Zeit doch von grosser Bedeutung, 8 seine meist ungedruckten theologischen Werke, die Summa 6 vgl. Buchberger, Kirchl. Handlex. Bd. I. Sp. 1669. 7 vgl. Alberich in Monumente Germaniae hist., scrip­tores. XXIII, 913. 8 vgl. P. Meyer in Romania I (1872), S. 193—204.

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