KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

DRITTER TEIL. Entwicklung der Todes-Tanz- und Toten-Tanz-Motive in der lehrhaften Dichtung des Mittel-alters und in den Urtypen der Todes- und Toten-Legenden - ZWEITER ABSCHNITT. Grundformen der Todes- und Toten-Legenden

Die meistgelesenen Werke der Kirchen­väter, sowie die Populärsten Legendensammlun­gen 1 führten zur Heranbildung einer Motivgruppe, welche in Dantes Divina Commedia ihre höchste Blüte erlebte. 2 Wie in diesem mächtigen Meister­werk der Geist eines Toten (Vergilius) erscheint, um dem Dichter die Qualen der Höllenbewoh­ner zu zeigen, so erscheint auch in den mittel­alterlichen Vorboten der Divina Commedia ir­gendein Geist, der die Vision vermittelt. Die natürlichsten Beziehungen zum Orient scheint die Vision des hl. Josaphat aufzuwei­sen, 8 der das Himmlische Jerusalem durchwan­dernd auch in das Tal der Verdammten blicken darf. Es ist keine tatsächliche Unterweltsreise, sondern nur eine Traumvision. Eine derartige Traumvision wird meistens einem Kranken zu­teil, kurz vor seinem Tode. Petrus, der Zöllner (Petrus telonarius), dessen Vision der Bischof Leontius (590—668) in der Vita Sti Joannis Eleemosynarii (t 616) erzählt, 4 wird ebenfalls zur Zeit seiner tödlichen Krankheit, im Traume vor Gottes Thron geführt und sieht, wie seine Sün­den und seine guten Taten von schwarzen Moh­ren und weissen Engelgestalten auf einer Waage abgemessen werden. Nachdem seine Sündenlast schwerer ist, so würde er beinahe in die Hän­de der Teufel geraten, wenn er einmal in sei­nem Unwillen einigen zudringlichen Bettlern nicht einen Brotlaib an den Kopf geschleudert hätte. Diese einzige ungern gegebene Gabe rettet ihn vor dem Verderben. Erwacht ist er bestrebt, durch neue Wohltaten grössere Verdienste für sich in Anspruch zu nehmen. Dieses besondere Gericht, welchem die See­le sofort nach dem Eintritt des Todes unterzo­gen wird, steht in zahlreichen Jenseitsvisionen im Mittelpunkt der Anteilnahme. Es darf dabei die Tendenz nicht unbeachtet bleiben, welche sich gegen die auch im Laufe des Mittelalters häufig wiederkehrende Lehre der Araber vom „Seelenschlaf" (Hypnopsychiten) richtet ; die See­le soll nach dieser Lehre in der Zeit nach dem Tode bis zur Auferstehung ihrer selbst unbe­wusst, in einem schlafähnlichen Zustand des Jüngsten Gerichtes harren. Die weitverbreitete Literatur der Visionen ist — wie wir es auch im Falle der Hieronymus-Legenden sehen wer­1 Promptuarium, bzw. Speculum exemplorum, Le­genda Aurea, Vitae Patrum. 2 Charles Labitte, La divine comédie avant Dante. Revue des deux mondes 1842. Sept. ; derselbe, Études lit­téraires I. S. 193—263 ; Ozanam. Dante et la philosophic catholique au treiziéme siécle, Bibl. hist., philos. et litté­raire III. 1846; Anhang : Recherches nouvelles sur les sour­ces poétiques de la div. com. ; Thomas Wright, St. Pa­tricks Purgatory. London 1844 ; Bationchkof, Romania XX. 1891, 1. S. 513; Fritzsche, Die lat. Visionen des Mittelal­ters bis zur Mitte des XII. Jahrhunderts. Romanische For­schungen II. 1886. S. 247 ff., III. 1887. S. 337 ff. ; Katona Lajos, Irodalmi tanulmányai. II. 1912. Budapest. S. 100 ff. Túlvilági látomások kódexeinkben. 3 vgl. Kap. 180 der Legenda Aurea. 4 ed. Rosweydi, p. 178—205 ; vgl. den Auszug in der Legenda Aurea Kap. 27 ; Ubers. Benz, Bd. I. Sp. 192 ff. Von Sanct Johannes dem Almosner. den — als eine Antwort auf die Irrlehre der Hypnopsychiten und Thenopsychiten aufzufas­sen. Der Mittelpunkt der Darstellung zukünfti­ger Strafen im Purgatórium und in der Hölle ist daher das in der Sterbestunde fällige besondere Gericht, dessen Betonung im Rahmen einer Vi­sion nach mittelalterlicher Vorstellung die per­sönliche Verantwortlichkeit zu steigern berufen wäre. Auf Grund einer Vita des hl. Furseus, Abt von Lagny (t 647), zeichnet Beda Venerabiiis 5 eine Vision des Heiligen auf, welche er gele­gentlich einer schweren Krankheit hatte. Er wurde von Engeln ins Jenseits verlegt. Zwei En­gel standen ihm zur Rechten und zur Linken und ein bewaffneter Engel ging ihm voran, um ihn gegen die Nachstellungen der Teufel zu schützen. Die Teufel drücken ihre Pfeile der Be­schuldigung auf den heiligen Mann ab und es entfaltet sich ein Streit zwischen Engeln und Teufeln, in welchem sich die Engel auf die gu­ten Taten des Heiligen berufen, während ein Teufel ihn wegen einer von einem Wucherer ab­gekauften Kleidung verprügelt. Dann zeigen ihm die Engel das irdische Jammertal in einer sym­bolischen Gestalt : über einer finsteren Kluft schweben vier Feuer, die Lüge, Habgier, der Unfrieden und der Frevel. Die lodernden Flam­men dieser vier Feuer vereinigen sich und schei­nen sogar den Heiligen verschlingen zu wollen. Aber auf einen Wink des führenden Engels tritt die Feuersbrunst zurück und der Heilige kehrt mit den Spuren der teuflischen Geissei auf die Welt zurück, wo er noch eine Zeit lang lebend sein Vergehen büssen darf. 6 Beda Venerabiiis berichtet 7 über einen Fall, der sich unter König Coenred (um 705) zuge­tragen hat. Ein tüchtiger Ritter des Königs, einer seiner beliebtesten Lehensmänner, wollte sich trotz aller Bemühungen seines Herrn nicht be­kehren. An einer bösartigen Krankheit darnie­derliegend Hess er sich auch nicht zur Beichte bewegen. Da erscheinen in einer Vision zwei weisse Jünglinge zu Häupten und zu Füssen seines Lagers. Sie brachten ein kleines Buch mit sich, in dem die guten Werke des Kran­ken verzeichnet sind. Zugleich treten aber auch die Teufel auf, bringen ein mächtiges Buch, das Verzeichnis seiner zahlreichen Sün­den. Der Wucht dieser Argumente nachgebend entfernen sich die Engel und überlassen den Kranken seinem furchtbaren Schicksal. Auch diese Vision verfehlt ihre Wirkung auf den jun­gen Ritter, dessen Bekehrung jetzt durch die Verzweiflung unmöglich gemacht wird. Erstirbt ohne Beichte und stürzt sich somit in die ewige Verdammnis. Nach anderen Variationen dieser 6 t 735 ; Hist, eccles. III. 19 ; vgl. Kap. 144. der Le­genda Aurea. 6 vgl. z. B. cod. lat. 629, fol. 28a-38a ; saec. XIII. in der Münchener Staatsbibl. ; verbunden mit einer Per­ceptio quaedam de miraculis VII. ieronimi presbiteri fol. 38a —43b und einer Visio iheronimi presbiteri fol. 44a —45b. 7 Hist, eccles. V. 13.

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