KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

DRITTER TEIL. Entwicklung der Todes-Tanz- und Toten-Tanz-Motive in der lehrhaften Dichtung des Mittel-alters und in den Urtypen der Todes- und Toten-Legenden - ZWEITER ABSCHNITT. Grundformen der Todes- und Toten-Legenden

-246­sich der Drehung dieser ersten Himmelskugel ent­gegengesetzt bewegen. Wie auf der orientalischen Seelenleiter die sieben irdischen Regionen der ach­ten, himmlischen gegenüber mit den sieben Planeten identifiziert werden, so sind auch bei Cicero die der achten und äussersten Kugel unterworfenen sieben Weltregionen die Planeten selbst : Saturnus, der den Menschen freundliche Jupiter, der feindliche Mars, die alles durchleuchtende Sonne, die Führerin der übrigen Leuchtkörper, weiter Venus, Mercurius und zuletzt der Mond, der sein Licht der Sonne verdankt. Über dem Mond ist alles ewig, unter dem Mond ist ausser der ewigen Seele, diesem Geschenke der Götter, nichts als Vergängliches und Sterbliches. Die neunte, unterste und unbewegliche Region in der Mitte des Weltalls ist die Erde (Kap. 4.). 1 Im V. Kapitel wird dann mit diesem Weltbild die Idee und Erklärung der sog. „Sphärenmusik" vereinigt. Scipio hört einen mächtigen und erhabe­nen Ton, der aus dem Weltall zu seinen Ohren dringt. Nach den Auskünften, die ihm Africanus dar­über gibt, soll dieser Ton durch die Reibung und Kreisbewegung der einzelnen Kugeln entstehen. Er besteht aus der Zusammenwirkung von verschiede­nen hohen und tiefen, miteinander in harmonischem Verhältnis stehenden Tönen, welche die einzelnen Kugeln von sich geben, wie die Sirenen der Poli­teia. Nachdem so ungeheure Bewegungen nicht ge­räuschlos vor sich gehen können, bilden sich infolge der Bewegung der äusseren Kugeln höhere Töne, während die innerste und unterste, bewegliche Sphäre, die des Mondes, den tiefsten Ton zustande bringt. Die neunte Sphäre, die Erde, ist unbeweglich und daher auch stumm, die Töne der ersten und letzten der anderen 8 beweglichen Sphären dagegen stehen zueinander in einem Oktavverhältnis, sind von glei­cher Stärke und Konstruktion. Die acht Sphären also sind zusammen Quellen von sieben Tönen verschie­dener Höhe und diese Siebenzahl ist das Verbin­dungselement, der Knotenpunkt aller Dinge. Die Sai­ten der irdischen Instrumente ahmen diese sieben-, bzw. achtgradige Musik nach, daher ist auch der irdische Lebenslauf eine Projektion der sieben un­tergeordneten Sphären, deren Grundton, die Grund­lage des irdischen Menschenlebens, mit der äusser­sten, der himmlischen Sphäre in einem Oktavver­hältnis steht. Dieses Verhältnis bleibt aber für den Menschen ein unergründbares Geheimnis, da die Menschheit die Töne der Sphärenmusik nie hören oder irgendwie wahrnehmen kann. Diese erfüllen nämlich das Weltall unaufhörlich und das mensch­liche Ohr bleibt gegenüber solch elementaren Ein­drücken ewig geschlossen, da die menschlichen Sinne infolge einer unterbewussten und gewohnheitsmässi­gen Wahrnehmung verstumpfen. Auch für das Auge ist der Sonnenschein unerträglich. 2 1 „Nonne aspicis, quae in templa veneris ? Novem tibi orbibus vel potius globis conexa sunt omnia ; quorum unus est caelestis, extimus, qui reliquos omnes complecti­tur, summus ipse deus, arcens et continens ceteros : in quo sunt infixi, illi qui volvuntur, stellarum cursus sempi­terni. Cui subiecti sunt Septem, qui versantur retro, con­trario motu atque caelum . . . ." etc. 2 Cap. 5. „ quis est qui complet aures meas tantus et tarn dulcis sonus ?" — „Hic est", inquit ille (Afri­canus), „qui intervallis disiunctus imparibus, sed tarnen pro rata parte ratione distinctis impulsu et motu ipsorum orbium efficitur et acuta cum gravibus temperans varios aequabiliter concentus efficit : nec enim silentio tanti mo­tus incitari possunt, et natura fert, ut extreme ex altera parte graviter, ex altera autem acute sonent. Quam ob causam summus ille caeli stellifer cursus, cuius conversio Africanus schliesst dieser Betrachtung im VI — IX. Kap. interessante Mahnungen zur Verachtung alles Vergänglichen, besonders des Ruhmes an, wel­che Verachtung sich aus zwei Bornen nährt : aus dem unerschütterlichen Bewusstsein der Kleinlichkeit menschlicher Verhältnisse und aus der Uberzeugung von einem ewigen Dasein der Seele in der Über­welt. Die Weise, wie der Verfasser das erstere und letztere beweist, der Hinweis auf die Eingeschränkt­heit der zwischen den beiden eisbedeckten Polen und zwischen nur scheinbar grossen Ozeanen da­hinziehenden irdischen Gefilde, sowie auf das un­widerrufliche Dahineilen der menschlichen Genera­tionen, mit denen auch der Ruhm durch die not­wendig wiederkehrenden Sintfluten und Weltbrände endgültig ins Grab alles Irdischen sinkt, die Ablei­tung der Existenz der Unsterblichkeit aus einer Kette von einander untergeordneten Bewegungen, deren erstes Glied seine Quelle seit Ewigkeit von sich sel­ber besitzt, macht aus dem Somnium Scipionis nicht nur einen merkwürdigen Typus der Vergänglichkeits­literalur, sondern auch eines der interessantesten Werke von beispielloser philosophischer Tiefe. Da das Werk im V. Jahrhundert n. Chr. von Ambrosius Theodosius Macrobius kommentiert und in dieser Form dem Mittelalter zugänglich gemacht wurde, ist es für den Toten­tanzforscher von einer Wichtigkeit unberechen­barer Tragkraft, dass die als der Ausgangspunkt des „Todes-Tanzes" erkannte „musikalische Weltanschauung" in einer antiken Schrift im Rah­men einer Jenseitsvision mit der Gedankenwelt der Contemptus-mundi-Literatur im Vereine er­scheint, denn damit ist die philosophische und psychologische Grundlage der späteren Erwei­terung der Gesamtlegende durch die Vadomori­gedichte von selbst gegeben. Die Visionen bei Piaton und Cicero geben eine ausführliche Beschreibung jenes Weltbildes, das auch im Orient im Begriff der „Seelenleiter" zur Geltung kam und im antiken, sowie auch im mittelalterlichen Lebensrad auf die Lebens­alter der Menschheit und der einzelnen Men­schen übertragen wurde, indem man das Men­schenleben von der Kindheit bis zum im Grabe, bzw. unter dem Lebensrad liegenden Leichnam als ein System von sieben Tönen (Lebensalter) verbildlichte, welche sich in einem planetari­schen Raum des Tonintervalles vom Grundton bis zum gleichgearteten achten Ton (bis zur Ok­tave) um die unbewegliche Achse des Weltalls und des irdischen Menschenlebens, um die „Ter­ra" drehen. Bei Piaton erscheint der Begriff der Seelenwanderung, das jenseitige Schicksal der Seele, ebenfalls im Rahmen des Weltlebensra­des, da ja die Seelen ihre tausendjährige Wan­derung vom Totenkörper bis zu einem neuen Körper eines künftigen Erdenlebens auf dem est concitatior, acuto et excitato movetur sono, gravissimo autem hic lunaris atque infimus ; nam terra, nona, inmo­bilis manens una sede semper haeret complexa medium mundi locum. Illi autem octo cursus, in quibus eadem vis est duorum, Septem efficiunt distinctos intervallis sonos, qui numerus rerum omnium fere nodus est. — Quod docti homines nervis imitati atque cantibus aperuerunt sibi re­ditum in hunc locum . . . ." etc.

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