KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

DRITTER TEIL. Entwicklung der Todes-Tanz- und Toten-Tanz-Motive in der lehrhaften Dichtung des Mittel-alters und in den Urtypen der Todes- und Toten-Legenden - ZWEITER ABSCHNITT. Grundformen der Todes- und Toten-Legenden

-245­Umstand, dass sich die Seelen nach der Standes­wahl unter die Spindel der Klotho, also unter das Lebensrad stellen müssen, um von Klotho und der Spindel berührt in der Wahl bestärkt zu werden und so gleichsam die Wanderung am Lebensrade wieder von neuem anzufangen. So wird der Leichnam Every­mans unter das mittelalterliche Lebensrad gelegt und damit ist also der Kreislauf ursprünglich noch nicht zu Ende, denn auf der anderen Seite fängt Everyman das Leben wieder als ein Kind an. Und das ist ja auch eine logische Forderung der Idee selbst und muss also nicht unbedingt als die Folge eines heimlichen Seelen­wanderungsglaubens angesehen werden. Denn Every­man, das „Ewig-Menschliche", geht ja in den ein­zelnen Menschen zu Grabe, aber die Menschheit selbst geht damit noch nicht zugrunde. Im Gegenteil. Everyman, der Inbegriff alles Menschlichen, erlebt in den jungen Generationen eine Wiedergeburt, der Begriff des „Allgemein-Menschlichen" beginnt den Lebenslauf am Lebensrade in einem jeden einzelnen Menschen von neuem. Nachdem bei Piaton die Berührung des Fa­dens der Atropos die Wahl der Lebensform der To­ten unveränderlich machte, müssen sich diese auf einem Wege, der unter dem Thron der Ananke am Lethe-Fluss entlang zu den „Gefilden der Verges­senheit" führt, in die irdische Welt begeben. Dieses eigenartige Weltbild scheint der griechisch-römischen Antike allgemein geläufig gewesen zu sein, 1 da es M. Tullius Cicero in den Kapiteln 9,9 —26 ,29 des VI. Buches sei­nes Werkes „De re publica" unter dem Titel „Somnium Scipionis" ebenfalls beschreibt, um auf die problematische Frage eine Antwort zu geben, was der herrlichste Lohn bewährter Tüch­tigkeit sei. 2 Cicero lässt den P. Corn. S c i p i o Africa­nus minor Numantinus selbst seinen Freunden ein Traumgesicht beschreiben, das er hatte, als er sich, zum Konsul M. Manilius nach Afrika gelangt, nach einem Besuch beim König Masi­nissa und einer längeren Unterhaltung mit die­sem über die Taten des Africanus, seines On­kels, spät abends zur Ruhe legte. Der Onkel, Corn. Scipio Africanus maior, 3 er­scheint seinem Neffen in einer Gestalt, welche die­sem von den Abbildungen des Verblichenen wohl bekannt ist und ermutigt den Erschrockenen, indem er ihm einen wichtigen Jenseitsbericht in Aussicht stellt (Kap. 1.). Er verkündet ihm zuerst seine ruhmvolle Zukunft, indem er ihn auf eine von Sternen hell beleuchtete, glänzende Anhöhe führt. Aus dieser Prophetie geht hervor, dass die ganze Zukunft des Scipio unter der vorsehungsartigen Herr­1 Einen wertvollen Schatz des einschlägigen Motiv­materials bietet E. Rohde in seinem Werke über den See­lenkult und den Unsterblichkeitsglauben der Griechen mit dem Titel ..Psyche" (ausgewählt und eingeleitet von Hans Eckstein; Kröner 61, Leipzig), indem er nicht nur die Ha­desfahrt des Odysseus, des Theseus und Peirithoos und des Herakles untersucht (S. 33 ff., 135 ff., 138, 273 ff.), sondern auch über die Gestalten der Hekate (S. 174 ff., vgl. Abb. 16 : ein Hekateion mit der dreigestaltrigen Göttin aus dem V. Jahrh., Berl. Altes Museum), des Thanatos und Hypnos (S. 276 ff.) und über die bildliche Darstellung der von der Unterwelt zurückkehrenden Seelen (Eidolon; griech. Gisant­Typ ; S. 7 ff., 39, 240 ff.. 259 ff.) berichtet. 3 Bibliotheca Gothana, 15b; ed. R.Mücke. Gotha 1910. 3 t ca. 185 oder 183 v. Chr. schaft der Sterne und der nach dem Sieben und Acht eingerichteten Ordnung des Weltalls steht. Africanus zeigt ihm Karthago, welche Stadt er einst als Konsul vernichten, Ägypten, Syrien, Asien und Griechenland, welche Länder er als Gesandter besuchen, Numan­tien, das er unterjochen wird, und schliesslich das Kapitol, wohin er triumphierend einziehen soll. Wenn aber sein Lebenslauf die siebenmal achte Sonnen­wende, also das 56. Lebensjahr erreicht, dann tritt in seinem Leben ein grosser Wendepunkt ein, denn beide Zahlen (7 und 8) sind, eine jede aus einem anderen Grunde, vollständig. Zu diesem Zeitpunkt erfreut sich das Wohl des ganzen Landes seiner Diktatur, wenn sein Leben nicht schon früher der Mörderhand eines seiner neidischen Verwandten er­liegt (Kap. 2.). Diese Bemerkung, 4 dass der Lebenslauf der einzelnen Menschen von den Zahlen 7 und 8 regiert wird, kommt erst zu ihrer richtigen Be­deutung, wenn man sie mit dem von Cicero weiter unten gegebenen Weltbild vergleicht. Die Lehre eines solchen Vergleichs kann nur die Einsicht sein, dass die Antiken das irdische Le­ben des Menschen für eine Projektion der sie­ben untergeordneten Regionen des Weltalls hiel­ten, denen die achte Region, der ewige Sternen­himmel der Gottheit, die Krone auflegt. Den zaghaften Neffen tröstet der Onkel mit der Behauptung, dass die Grössen der Länder vom Him­mel stammen und dorthin zurückkehren werden. Auf die Frage des Scipio, ob sein Vater, Paulus, sowie die anderen Toten wirklich leben, antwortet Africa­nus ; Nur sie leben, die aus den Banden des Kör­pers, wie aus einem Gefängnis schon befreit sind und das sogenannte irdische Leben ist der eigent­liche Tod. 5 Zum Beweis der wahren Existenz der Toten erscheint der Geist des toten Vaters, Paulus, und ermahnt den Weinenden, sich nicht eher nach diesem überirdischen Leben zu sehnen, bevor er den ihm von den Göttern vorgeschriebenen Lebensweg nicht beendet hat. Er zeigt ihm in der Mitte des Weltalls, das er einen Tempel nennt, den „Erdglo­bus", zum Zwecke der Unterjochung dessen die Menschen die Seele von den sich am Sternenhim­mel unglaublich schnell vorwärtsbewegenden, feuri­gen Kugeln, den Sternen, erhielten, welche von einem göttlichen Geist beseelt werden. Als Wohnstätte der Seligen bezeichnet er die Milchstrasse (Kap. 3.). Scipio bewundert das unbegreiflich weite und grosse Weltall und staunt mit einem erdrückenden Gefühl über die Bescheidenheit der kleinen Raum­verhältnisse des Erdglobus. Africanus aber sucht seine Aufmerksamkeit auf die Konstruktion des Tem­pels der Gesamtwelt zu lenken. Aus neun Kreisen, eigentlich Kugeln, besteht das All, wie auch die Weltordnung des Piaton samt der in der Mitte ste­henden Erdkugel, bzw. der Achse des Universums neun Regionen in sich schloss. Die äusserste Kugel ist der Himmel, der höchste Gott, — berichtet weiter Cicero in seiner Traumgeschichte. In ihr befinden sich die übrigen acht und auf ihr sind die ewig wandernden Sterne befestigt. Dieser äussersten Ku­gel des Alls sind sieben andere unterworfen, welche 4 „Nam cum aetas tua septenos octiens solis an­fractus reditusque converterit, duoque hi numeri, quorum uterque plenus altera de causa . . . etc. 5 „Immo vero hi vivunt, qui e corporum vinculis tamquam e carcere evolaverunt, vestra vero quae dicitur vita mors est".

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