KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

Julius Firmicus Matemus, der in seiner an die Kaiser Konstantius (337—361) und Konstans (337—350) gerichteten Apologie des Christentums, im Werke „De errore profanarum religionum", 1 eine Reihe von interessanten Beschreibungen antiker Kulte gibt, behauptet, dass die heidni­schen Religionen aus den Zeremonien der To­tenkulte entstanden sind. Sogar jene Religionen, welche scheinbar eines der weltbildenden vier Elemente verehren, sind letzten . Endes Ausbil­dungen eines Totenkultes. Die Ägypter, welche das Wasser für das heiligste Element halten, su­chen die Beweggründe zu ihrem Kult im Lebens­lauf und Schicksal des Osiris, den sie mit Lei­chenbegängnissen ehren. Mit einer prunkvollen Leichenbestattung ehren ihren Gott, „die Erde", jene Phrygier, welche Pessinunt an den Ufern des Gallusflusses bewohnen. Die Liebe ihrer Königin zu einem Jüngling wurde von diesem zurückgewiesen und die Königin sah sich zur Rache gezwungen. Um die Königin zu trösten, spricht das Volk vom Wiederaufleben des kurz zuvor gestorbenen und begrabenen Jünglings und errichtet dem Toten einen Tempel, wo er wie die übrigen Götter kultisch verehrt wird. Wie in Ägypten, so gibt man diesem Toten­dienst auch in Phrygien eine ganz eigenartige Er­klärung. Man sagt, dass die Vorgänge des Mythos auf Vorgänge des Ackerbaus zu verstehen sind. Die Früchte lieben die Erde und der Jüngling Attis ist das, was aus der Erde hervorwächst. Die Strafe, welche ihn ereilt, besteht darin, was der Schnitter mit der Sichel an den gereif­ten Früchten tut. „Sie nennen es seinen Tod, wenn die Samen gesammelt und eingeheimst werden, sein Aufleben, wenn in jährlichem Wechsel die Samen ausgestreut werden". Der mittelalterliche Vergleich des Menschen mit der Frucht, welche der Tod als ein Schnitter zu Bo­den mäht, hat auch in diesen heidnischen Vorstel­lungen seine allerersten Anfänge. Aber der Ge­genstand der Vergötterung waren nicht nur Er­eignisse des Naturlebens, sondern tatsächlich auch tote Menschen. Ein vergötterter Toter ist der Gegenstand des Geheimnisses des Liber und der Libera. Liber ist der Sohn Jupiters, d. h, des Königs von Kreta — erzählt Firmicus Mater­nus im 1. Abschnitt des 6. Kap. 2 Als Sohn einer ehebrecherischen Mutter wurde er vom Vater besonders sorgsam aufgezogen. Jupiters Gemah­lin, Juno, aber verfolgt ihn. Als der Vater ein­mal in die Fremde reist, vertraut er seinen Sohn einigen Wächtern zum Schutze an. Juno findet die Zeit für günstig, das Kind zu verderben. Die Wächter werden bestochen. Titanen erschei­nen von Juno gesandt, locken das Kind in ein Versteck und töten es. Damit aber die Untat 1 hg. von Halm im 2. Bd. d. Corpus script, eccl. lat. Wien 1867. vgl. die Übers, v. A. Müller, Bibl. d. Kirchen­väter Bd. 14. Frühchristliche Apologeten. II. Kempten — München 1913. S. 220 ff.; ca. 346 oder 348 entstanden. 2 Auch Origenes spricht von der Tatsache, dass die Anbeter des Zeus das Grab dieses Gottes in Kreta zeigen, als von einer Wahrheit, welche auch Celsus zugibt, Orig. contra Cels. III. 43. Bibl. d. Kirchenv. Orig. II. nicht entdeckt werde, zerstückeln die Titanen die Glieder des toten Knaben, kochen und ver­zehren sie. Die Schwester aber (Minerva), wel­che an der Freveltat mitschuldig war und wel­cher man das Herz des Kindes gab, um es zu verzehren, verwahrt diesen Körperteil des Er­mordeten und zeigt die Greueltat dem zurück­kehrenden Vater an. Der Vater lässt die Tita­nen mit den ausgesuchtesten Qualen töten und da diese tyrannische Gewalttätigkeit seinen ra­senden Schmerz nicht stillen kann, lässt er das Abbild des Knaben aus Gips in einer plastischen Darstellung verfertigen und befiehlt dem Künst­ler das Herz, durch welches auf Anzeige der Schwester hin die Untat aufkam, in jenen Teil der Statue einzusetzen, durch welchen die Umrisse der Brust geformt werden. Nachher lässt er statt eines Grabhügels einen Tempel errichten und stellt einen Priester als Erzieher des Knaben an. 3 Die Einwohner von Kreta halten alljährlich eine feierliche Leichenbestattung und alle drei Jahre wiederholen sie auf einer weihevollen Festlichkeit alles, was mit dem Knaben vorging. Sie zerflei­schen einen lebendigen Stier mit den Zähnen und wandern wehklagend durch die dunklen Wälder. Sogar die Kiste wird herangeholt, wo das Herz aufbewahrt wurde, und wird in einem feierlichen Umgang durch die Stadt getragen, wie der Sarg des Osiris bei den Ägyptern. Nicht nur die Verehrung eines Leichnams an Gottes statt ist hier als eine besondere Merkwürdig­keit dieses Kultes hervorzuheben, sondern auch der Umstand, dass der Leichnam — welcher nach dem Mythos von den Titanen verzehrt wurde — auf der Feierlichkeit mit einem Stier ersetzt wird, mit dem Reittier des mittelalterli­chen Todes, das die in einem Leichnam per­sonifizierte Blutgier der Verwesung des Grabes verkörperlichen will. Die Entstehung des Götzen­dienstes wird auf eine ähnliche Weise auch in der hl. Schrift erklärt : Weish. 14, 12-21. „Denn von masslosem Schmerz ergriffen, liess ein Va­ter ein Bild von einem schnell hinweggerafften Kinde entwerfen, ehrte den schon Toten, als wäre er noch am Leben und empfahl seinen Untergebenen Mysterien". Ein anderer „Liber", der König von Theben, den Lykurgos we­gen seiner Schandtaten vertrieb und verfolgte, schliesslich ins Meer stürzen liess, wandert nach dem Mythos auf seiner Flucht in abscheulich schwarze Kleider verhüllt, von Schlangen be­deckt, mit blutigem Munde die lebenden Glie­der eines Tieres zerfleischend und von betrun­kenen Frauenzimmern und berauschten Greisen begleitet die Meeresküsten entlang. 4 Nach dem 13. Kap. soll Joseph, der Sohn des Jakob, der Urenkel Saras, welcher später nalg)>) Serapis genannt wurde, von den Ägyptern nach seinem Tode ebenfalls als ein Gott verehrt und angebetet worden sein. Das ist freilich eine will­kürliche Etymologie des Firmicus, da doch 3 vgl. Athanasius, Contra gentes. cap. 11. ff. 4 a. a. 0. S. 232.

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