KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes
kommt, 1 der das Schicksal der Seele von denselben Genien abhängig macht, welche den Menschen von der Wiege bis zum Grabe begleitend zur guten bzw. schlechten Tat anspornen: „Quum nascimur, duos genios sortimur ; unus hortatur ad bona, alter depravat ad mala, quibus assistentibus post mortem aut associemur in meliorem vitam aut condemnemur in deteriorem". 2 Obwohl nach Apuleius die Larven nicht nur solche Seelen sind, deren Körper noch nicht begraben wurden, sondern auch solche, die wegen ihres sündhaften irdischen Wandels aus der Unterwelt verjagt auf der Erde, wie im Exil, umherirren müssen, haben diese bestraften Seelen, die Larven, dessen ungeachtet langsam die göttliche Macht der Lemuren über die Menschen bekommen. Sie sind also verdammte Seelen, welche die guten Menschen erschrecken und den Sündern erscheinen, um ihnen zu schaden, d. h. sie zu töten. War denn der mittelalterliche Tod nicht auch ein Teufel, der, als ein verdammtes Wesen zu den Sündern kam, während die Guten von Engeln abgeholt wurden ? Lesen wir also, was Apuleius meint : Apul. de deo Socrat. 15 : qui ob adversa vitae merita nullis sedibus incerta vagatione ceu quodam exilio punitur, inane terriculamentum bonis hominibus, ceterum malis noxium, id genus plerique larvas perhibent. Die Larven sind erschienen, — wie die Toten der germanischen Sage — um den Lebenden ihren nahenden Tod zu verkünden. Ja sie selber ergreifen und töten die sündhaften Lebenden. In der Nacht, auf Dreiwegen lauern sie lärmend und ergreifen den nächsten der vorüberkommt. Die Larven waren auch furienartig. Wie die Furien sind sie dem Sünder nachgelaufen und haben ihn verfolgt. Wenn sie ihn nächtlich erwischt haben, so quälten sie ihn, wie die Furien 8 und der Mensch, den sie verfolgen, muss mit ihnen kämpfen, wie mit einer Furie. Bekannte römische Redensart war : Plin. n. h. praef. 31 : cum mortuis non, nisi larvas luctari. 4 Der Begriff der Furienhaftigkeit der Larven war also in der klassischen Zeit allbekannt und sprichtwörtlich. Die Larven sind in einer bekannten mythologischen Erzählung vollständig mit den Furien identisch, wo die Larven auf die Erde geschickt werden, um gewisse Sünden der Menschen zu rächen. Janus beantragt in der Götterversammlung, jene Sterblichen, die sich den Göttern gleich machen wollen, den Larven zu übergeben. 5 Die Larven sind also Furien und diese Eigenschaft teilen sie im Volksglauben mit den Lemuren. Lemuren und Larven sind Dämonen und Furien. Es war nicht allzu schwierig, sie auch die tötende und seelenführende Rolle des 1 ed. Thilo et Hagen, 3 Bde. 1878-1902. 2 ad Virg. Aeneid., VI, 743 ; vgl. auch. Horaz : Epist. II, 2, v. 187. 3 vgl. Ammian. XIV. 11, 17: uncis furialibus. 4 Otto Sprichw. d. Rom. 230. 5 Sen. apoc. 9. Thanatos — und Ker-Todes — spielen zu lassen, da doch der Thanatos-Ker-Tod mit dem MoiraBegriff vereinigt schon im Alkestis-Drama von Euripides „der Herr der Dämonen" heisst (Alkestis Vs. 1140). Mit diesem Herrn der Dämonen muss Herakles kämpfen, wie die Menschen mit den Larven-Furien. Wenn also die Larven, eine Gruppe der Verstorbenen, Furien waren, was war ihre Gestalt, währenddessen sie den Menschen erschienen ? Wir haben schon darauf hingewiesen, dass Trimalchio bei Petronius das „Skelett" mit dem Namen „Larva" benennt, während seinerzeit das Knochengerüst eines Menschen noch keinen Namen gehabt hat. Der Name Skelett bedeutete noch nicht das Knochengerüst, sondern „den eingeschrumpften, halbverwesten Körper" der Lemuren. Nannte man also bei den Römern jedes Skelett „Larva", so hat auch jedes Skelett-Bild den Begriff der feindlichen, tötenden Furie durch den Namen mitbekommen. Aber wir haben auch andere Beweise dafür, dass die Erscheinung der Larven eben deswegen so schreckenhaft war, weil sie in einem ganz abgemagerten, ja bis an die Knochen entfleischten Körper erschienen sind. In der Priapeia heisst das Knochengerüst : macies larvalis. 6 Dasselbe sagt Apuleius (met. I. 6) : „larvale simulacrum, misera macies". In der Apologie von Apuleius heisst es (63) : „macilentam vel omnino evisceratam formám diri cadaveris horribilem et larvalem" ... In einem Seneca-Brief wird erwähnt, dass die Kleidung der Larven sich an ihre Knochen eng anschmiegt (Sen. epist. 24, 8.): „Nemo tarn puer est, ut Cerberum timeat et tenebras, et larvarum habitum nudis ossibus cohaerentium". Das Knochengerüst des Menschen heisst bei Ammianus (XXX. 1, 2): „larvale simulacrum". Ovidius nennt die Geister der Unterwelt „ossea larva" und in den antiken Glossarien 7 wird das Wort „larva" mit folgenden griechischen Wörtern erklärt : daifióviov, cpávxaofict, si'ómÁov, oxeXeróg. Die Larven also, die nach dem Volksglauben die Ursache des Irrsinns und des Todes sind, 8 wurden ausschliesslich als Skelette dargestellt. Wenn wir also die Skelett-Darstellung des Ker-Todes auf den Gemmen genau betrachten, erkennen wir dann in ihnen nicht die Furie, welche vor dem Licht und vor dem Guten zurückschrickt ? Aber auf den Bildern, die wir schon im Abschnitt der Totendarstellungen ausführlich beschrieben haben, tritt die Larva in der Rolle des Thanatos-Ker-Moira-Todes, in der Rolle des körperlichen Todes auf I Auf dem Grabe aus Cumä wird die Tänzerin, 9 die mit ihren Tänzen eine Gesellschaft 6 Priap. 32, 12. ed. L. Müller: Catull. Tibull. Propert. 1870 Baehrens, poet. Lat. min. 1, p. 54. 7 vgl. Cyrilli, Philoxeni et aliorum glossaria a Labbaeo collecta. 8 Plaut. Amph. 777. 9 Tai. I. Fig. 13.