KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

mistempel zu Ephesus aufgefundene Säulen­trommel (columna caelata), auf der Alkestis aus der Unterwelt soeben entlassen wird. Alkestis steht in der Mitte. Links von ihr steht der „Ker-Tod", Thanatos, als ein Jüngling darge­stellt. Er gibt mit einem Wink der linken Hand der Alkestis die Erlaubnis, an ihm frei vorüber­zugehen (wie auch die etruskischen Genien und Torhüter der Unterwelt der vorübergehenden Seele mit einem Wink Erlaubnis geben) und auf die Oberwelt zurückzukehren. Dieser Tha­natos-Jüngling hat mächtige Flügel, wie eine Furie. Er trägt aber auch das Merkmal des Ker­Todes, das Schwert 1 Also auch in der antiken Kunst waren derartige Mischungen erlaubt. Da­bei scheint hier Thanatos ein Hüter der Tore der Unterwelt zu sein (wie die Furie Erinnys), ohne dessen Erlaubnis niemand auf die Ober­welt zurückkehren darf. Adler- oder Furienflügel, ein in der Scheide hängendes Schwert und der Thanatos-Jüngling ! Also bei den ältesten Dich­tern und Bildhauern finden wir jene scharfe Un­terscheidung zwischen Thanatos und Ker nicht. Der Tempel der Artemis in Ephesus ist uralt und wurde im Jahre 590 v. Chr. durch einen Baumeister aus Kreta, namens Chersikrates, um­gebaut und neu geschmückt. Erst im Jahre 540 v. Chr. konnte diese Bauarbeit unter der Füh­rung des Demetrios und Paionios beendet wer­den. Aber im ionischen Stil mussten auch von dieser Zeit an bis 470 v. Chr. neue Verände­rungen vorgenommen werden. Im J. 356 wurde der Tempel in derselben Nacht, als Alexander der Grosse starb, von Herostrates in Brand ge­steckt. Später ist der Tempel aus den alten Trümmern wieder hergestellt worden, bis er von den Goten vollständig zertrümmert wurde. Erst im Jahre 1871 hat Wood den Tempel in der Nähe des Dorfes Ajasulu entdeckt. 1 Man kann jenen Skelett-Bildern vorwerfen, dass ihnen — wenn sie auch den Ker-Tod per­sonifizieren — ein wichtiges Motiv des mittel­alterlichen Todes fehlt. Diese antiken Skelette töten nicht und führen auch die Seele nicht in die Unterwelt. Auch dieses Problem lässt sich durch schon veröffentlichte Angaben lösen. Es ist bewiesen worden, dass die Keren, sowie Erinnyen und Harpyien den Menschen nicht nur töteten, sondern die Seele auch in die Unterwelt trieben. Als wir über die in den To­tengesprächen Lukians erwähnte Erinnys spra-' chen, sagten wir, dass es auch unter diesen Furien gute und schlechte gab. Ja die Furie hat nicht nur den Sünder verfolgt und getötet, sondern den guten Menschen verteidigt. Dann sahen wir, dass die Seele in der etruskischen Genienreihe durch die Vermittlung der Sarpedon­legende von den guten und bösen Genien, also auch von den Eumeniden und Erinnyen gleich­zeitig in die Unterwelt begleitet wurde. Wir müssen daran erinnern, dass bei Lu­1 vgl. Baumeister, Denkmäler Fg. 281. kianos und auch in der griechischen und römi­schen Mythologie der „Seelenführer" Merkur (oder Hermes) ist. Dieser Seelenführer ist auch auf der Säulentrommel des Artemistempels in Ephesus rechts von Alkestis abgebildet worden. Der Seelenführer tötet aber nicht, er übernimmt nur die vom Körper befreite Seele und führt sie bis zum Fluss der Unterwelt, wo die Seelen von Charon übernommen werden. 2 Wir haben bewiesen, dass „Thanatos", der körperliche Tod, durch die Leiche eines so­eben gestorbenen Menschen personifiziert wurde und dass die Personifikation des Thanatos-To­des durch eine Leiche mit der Vermittlung des Moira-Begriffes entstanden ist, der im lateini­schen Namen „Mors" mit dem „Thanatos-Be­griff" identisch werden musste. Und „Moira" ist das von Stunde zu Stunde, stufenweise wir­kende Wachstum und Absterben. Moira ist „das Schicksals- oder Lebensrad". Die Griechen, sowie auch die Römer ha­ben für das Lebensrad, also auch für Moira und Mors noch eine andere Ausdrucksform. Den Le­benslauf des Menschen vom Kindesalter, durch das Mannesalter bis zum Tod und bis zum Zu­stand der Leiche nannten die Antiken : Klotho, Lachesis, und Atropos ! In dem Totengespräch Lukians „Die Uber­fahrt oder der Tyrann" wird der Mensch von Atropos getötet und dem Seelenführer Merkur übergeben. Atropos, jene Parze also, die den Lebensfaden dem Menschen abschneidet, tritt bei Lukianos in der Rolle der tötenden Furie oder des tötenden Ker-Todes auf. Bei Charon werden die Toten von Klotho empfangen. Klotho scheint bei Lukianos ebenfalls eine Hüterin der Unterwelt zu sein, ja sie tritt dort in der Rolle des Thanatos-Todes (wie bei Euripides im Al­kestis-Drama) auf. Die Rolle des Thanatos-To­des wurde also nicht nur von den Furien, sondern auch von den drei Parzen, von den drei Perso­nifikationen der drei Hauptstufen des Lebens­rades gespielt. Als Konklusion dieses Entwicklungsganges ist die Regel zu verzeichnen, dass nicht nur Thanatos und Moira, sondern auch die Zerle­gung des Moira-Begriffes in die drei Gestalten der Parzen mit den Keren und Furien identisch wurde ; und nach der ältesten Glaubensform waren die Keren und Furien die Töter des Kör­pers und Führer der Seele, ja sie waren sogar selbst zurückkehrende Seelen der Verstorbenen. Das hat zu den Skelett-Darstellungen des Ker-Todes eine wichtige Beziehung. Denn, wenn es beweisbar wäre, dass in der antiken Kunst ein eingeschrumpfter Leichnam oder ein Skelett als tötende Furie galt, so wäre zwischen der Skelettgestalt des Ker-Todes auf jenen Gem­men und zwischen dem mittelalterlichen Skelett­Tod, — der die Menschen ebenfalls tötet und 2 s. Weber-Holländer: S. 226; diese Szene wird auf einem Chrysolith-Intaglio im Stil der römischen Kaiser­zeit dargestellt.

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