KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

auch als Skelett eines Toten personifiziert ! Ich muss den werten Leser ersuchen, die Tafel I. des Anhanges aufzuschlagen und die dort mitgeteilten Bilder genau zu betrachten. Auf Fig. 17—18—19 befinden sich antike Gemmen, die ich nach Weber-Holländer pho­tographieren und vergrössern Hess. Alle drei Gemmenbilder sind im Sinne Epikurs erfunden worden. Ein Intaglio der Sammlung M. P. W. Boul­ton 1 soll zuerst erklärt werden. In der Mitte steht eine Urne. Unter der Urne der Name Publi. Neben der Urne Teile aus der Rüstung eines Kriegers. Links ein Schwert und jene Teile der Rüstung, die zum Schutz der Beine gedient haben. Rechts Panzerhemd, Lanze und Schild. Links er­scheint Cupido und öffnet die Urne. Dieses Kind mit kleinen Flügeln und mit emporgehobe­ner Fackel ist bestimmt Cupido. Darauf lässt das Motiv des Schmetterlings mit Sicherheit schliessen. Der Schmetterling ist das bekannte antike Symbol der Seele des Menschen. Nach der antiken Mythologie wird Cupido von der Menschenseele immer begleitet. Cupido lüftet also den Deckel der Urne, aus der ein Skelett entweicht, das vor dem Anblick des fröhlichen Cupido erschrocken zurückfährt, indem es mit der rechten Knochenhand auf die Rüstung weist. Vergleicht man die Anschauungen Epikurs mit diesem Bilde, so ist die Lösung naheliegend und wurde ja schon von Weber getroffen. Cu­pido ist hier der Vertreter des „fröhlichen Le­bens", „der fröhlichen Gedanken". Das aus der Urne furchtsam hervorkriechende Skelett ist ein Toter. Sein Name war vielleicht Publius. Er weist auf die Rüstung. Er war also im Leben ein Sol­dat. Er starb im Krieg, im Kampfe, er starb um Heldenruhm. Hier kann man nicht fehlen. Nur ein Sinn, eine Lösung ist möglich : „es ist bes­ser das Leben auszunützen, so lange man lebt, es ist besser im Leben die Liebe zu geniessen, als den Heldentod zu sterben. Man soll die Vergäng­lichkeit, die schlechten Gedanken der Vergäng­lichkeit mit Lebensgenuss vertreiben." Der Tod wird also in einem Totenskelett personifiziert. Was ist der Heldentod ? Er ist nach Lessings Begriff ein Ker-Tod. Also der Ker-Tod ist hier ein Totenskelett ! Auf derselben Tafel befinden sich noch zwei andere Gemmendarstellungen, deren Lösung ebenfalls sehr leicht ist. Rechts unten Nr. 19 steht eine Urne, aus der ein sehr erschrockenes Skelett hervorkriecht und ein Lorbeerzweig herausfällt, nachdem Cupido mittels seiner lodernden Fackel in die Urne geleuchtet hat. Das Skelett ist ein Toter, der des Heldentodes starb (Lorbeerzweig) und den Ker-Tod personifiziert. Links daneben Nr. 18 hat ein Skelett sel­ber seine Urne geöffnet. Auch dieses Skelett ist eine Person, denn es kann Taten vollbringen. Es pflückt mit einer traurigen Handbewegung einen Zweig von einem Baum. Diese Tat, sowie 1 s. Tat. I. Fig. 17. auch seine zwischen der Urne und dem Baum liegende Rüstung (Schild, Schwert, Helm) will andeuten, dass dieser Mensch in seinem Leben den Heldenruhm erreicht hat und sein Leben im Kampfe um den höchsten Heldenruhm zum Opfer brachte (die zwei querliegenden, umge­kehrten Fackeln). Auch dieser Tote ist die Perso­nifikation des Ker-Todes. Alle drei Gemmen beweisen, dass es sich um typische Darstellungen handelt, die weit­verbreitete Mode waren. 2 Es ist zwar richtig, dass jene Darstellung auf der römischen Terrakotta-Lampe, die ich Taf. II. Fig. 1 nach Weber-Holländer veröffentli­che, ein Bild des Lebensrades ist, doch ändert sich der eigentliche Sinn des Bildes nicht, wenn ich mit Weber annehme, dass hier ein Mann (Philosoph) über Leben und Tod spricht. Denn dieser Mann sitzt wirklich auf einem Stuhl und zeigt die zwei Füsse übereinander schla­gend (das mystische Zeichen des Thanatos-To­des !) mit einer Hand auf das rechts vor ihm halb liegende Skelett. Im Vordergrund ein Wickel­kind. Im Wickelkind und im Skelett wird hier das „Leben" und „der Tod" einander gegen­übergestellt. Der reine Thanatos-Tod, der „reine Ubergang vom Leben ins Totsein" wird hier durch ein Skelett symbolisiert, also durch einen späteren Zustand des Körpers, der erst spät nach dem Tode eintritt ! Wenn jenes vielge­rühmte, antike „Schönheitsgesetz" eine wirklich so allgemeine Geltung gehabt hätte, sollte hier statt eines Skelettes ein soeben sterbender Mensch liegen. Aber auch das Leben, der Ein­tritt in das Leben, wird durch einen späteren Zustand symbolisiert, durch ein Wickelkind und nicht durch ein Kind, das soeben geboren wird I Lessing rechnete jene beflügelte und schwar­ze Todesgestalt des Euripides zu den Keren und behauptete, dass der Ker-Tod nie verbildlicht wurde. Als Jüngling könnte er nicht dargestellt werden, da nach den Schönheitsregeln der an­tiken Kunst dem Thanatos-Jüngling kein Schwert — also kein Merkmal des Ker-Todes — in die Hand gegeben werden kann. Die antike Kunst hat solche Mischungen nicht ertragen. Auch das muss durch das Bild rektifi­ziert werden, das ich auf Taf. I. Fig. 4 nach Weber-Holländer mitteile. Auch diesen Irrtum wiederholen manchmal sogar moderne wissen­schaftliche Werke. Jenes Bild ist eine im Arte­3 Über die Skelettgestalten der Gemmen, Grabdenk­mäler vgl. Kastner, Les danses des morts. Paris 1852, S. 41, Anm. 3: Gori. Museum etruscum. Florentiae, 1737, 3. vol. in fol., fig. — Museum florentinum. Florentiae, 1731— 66, 12 vol. in fol. fig. — Winckelmann, Descript. des pier­res gravées du b. d. Stosch. Flor., 1760. in 4", fig. — Fi­corini, Gemmae antiquae litteratae aliaeque reriores et il­lustr. a Nie. Galeotti, Romae, 1757, gr. in 4°, fig. — Jorio (Andrea de), Scheletri cumani. Nap. 1810, fig. — Miliin, Magasin encyclopédique, 1813, janvier. — D'Olfers, Über ein merkwürdiges Grab bei Cumae und die in demselben ent­haltenen Bildwerke. Berlin, 1832. vgl. Hist, philol. Abhand­lungen der Berk Akad. d. Wiss. aus d. J. 1830. — Müller, Archäologie der Kunst.

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