KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

terwelt führt, hängt auch die Thanatos-Gestalt des Alkestis-Dramas von Euripides zusammen. Nicht nur die bisher angeführten Stellen grie­chischer und lateinischer Dichter hat Lessing für ausschliessliche Ker-Darstellungen gehalten. Er, der doch zwischen Ker und Thanatos so gros­sen Unterschied suchte, rechnete die im Alke­stis-Drama auftretende Todesgestalt zu den Ker­Gestalten, obwohl sie im Text ausdrücklich Tha­natos heisst. Dieser Thanatos des Euripides ist ein wirklicher „Jünglings-Tod", „der Tod der Ju­gend" und konnte also auch bildlich nur alsein Jüngling auftreten. Als nämlich Apollo gleich am Anfange des Dramas den Thanatos ersucht, von seinem frühen Opfer, von der jugendlichen Al­kestis abzusehen und statt ihrer eine todesreife Seele zu entführen, antwortet Thanatos : „Wenn Junge sterben, trag' ich höhern Ruhm davon." (Alkestis 55 : véwv tp&ivóvxwv uriQov Sgvvpiai ysoag). Er ist also „der Thanatos-Jüngling" im engsten Sinne. Sehr interessant aber, dass dieser Thana­tos-Jüngling eigentlich als ein Opferpriester auf­tritt. Er opfert den Menschenkörper den Göt­tern 1 Als symbolisches Zeichen dieses Opfers schneidet er — wie es im Alkestis-Drama heisst — die Stirnlocke der Sterbenden ab. Alkestis : 74-76: axelyco ö' in aixrjv, (hg xaxctQ^aifiai Tgícpm • ieoog yáp ofixog x(T>v xaxä yjtoi'bg thmv oxov xóó' fyyog y.oaxbg áyvlarj xolya. In demselben Drama erwähnt Euripides auch die Keren. Er kannte also den Unter­schied zwischen dem Thanatos-Jüngling des körperlichen Todes und den Seelenführer-Fu­rien, den Keren, die er xwdmiőeg Seal nennt. Mit demselben Namen wurden auch die Erinnyen bezeichnet. Bei Äschylos Agam. 1187; Sept. 760 {ápnaJgávőpav Kf tp'[a] . . .) wird die Ker-Fu­rie zu einer Sphinx (wie bei Statius). Unter dem Einfluss der tiermenschlichen Gestalt der Keren nimmt auch die Thanatosgestalt des Euripides dämonische Motive an und wird zugleich zu einem bluttrinkenden Ungeheuer. In diesem Sin­ne kann Herakles sagen : V. 844—845 : @ ávaxov cpvXc£,a> xai fxiv s-öprjasiv őoxcb / rdvovxa xvpißov nlrjoCov TCQoacpayjxáxcov. Dabei trägt hier der Tha­natos schwarzes Gewand und ist beflügelt (Vs. 261). Herakles nennt ihn mit Bezug auf seine schwarze Kleidung : V. 843 : ävaxxa xbv pieXápi­TIETtXoV VSXQWV. Zugleich soll es nicht ausser acht gelas­sen werden, dass Zeile 849 ausdrücklich „die Rippen" des Todes betont, welche Herakles fest entschlossen ist, so lange in seine Arme zu pres- • sen, bis Thanatos die Seele der Alkestis wie­der freigibt (goyovvxa nXevpá)! So fällt langsam das schöngeistige Augen­glas von unseren Augen, die Träume von ei­nem „schönen Thanatos-Jüngling" zergehen ins Nichts, der rosenfarbige Nebel der Selbsttäu­schung verschwindet und bleibt die trockene Wirklichkeit, der Leichnamstod-Thana­t o s. Denn was können die im Wein- und Liebesrausch geschriebenen Worte einzelner Menschen, — die sich mit Furchtlosigkeit prah­len — gegenüber einem so mächtigen und viel­stimmigen Chor der Anschauung klassischer Dichter tun, der nicht nur den Ker-Tod, sondern auch den „Thanatos-Jüngling" viel fürchterlicher charakterisiert, als das christliche Mittelalter den Skelett-Tod? Thanatos ist nicht liebenswür­dig, 1 er ist bitter, 2 er ist streng, 3 neidig, 4 erbar­mungslos, 5 Thanatos ist finster, wie bei Euripi­des, 6 er ist verhasst, 7 schlecht, 8 Thanatos ist der schlechteste, 9 er ist am fürchterlichsten und schrecklichsten, 1 0 nur das Nennen seines Namens (also „Thanatos"), nur sein Gedanke ist uns schon beschwerlich. 1 1 Aristoteles meint, 1 2 dass Tha­natos in jedem Menschen ohne Ausnahme das Gefühl des Grausens erregt. Der übrigens stoisch sprechende Seneca sagt, 1 3 dass jener Mensch, der den Tod ersehnt, niederträchtig und feig ist, denn er ruft den Thanatos nur deswegen an, damit er seine Unerbittlichkeit in Gnadenhaftig­keit umstimmend mit einer Macht Freundschaft schliessen kann, vor der er sich fürchtet. 1 4 Wenn also der „Leichnamstod-Thanatos" so schrecklich war, wie wurde dann erst der Gedanke des Ker-Todes dargestellt ? Der Leich­namstod des Thanatos ist durch die Vermittlung des „Moira"-Mors-Begrif?es aus den Gisant-Typ­Stufen des „Lebensrades" herausgewachsen. Wir sahen, dass im klassischen Altertum „der Tod der Jugend" als ein Jüngling, „der Tod eines Alten" als ein bärtiger Mann und dass „der körperliche Tod" als „ein toter Mensch", ein „Leichnam" personifiziert wurde. Nur um eine Stufe muss also die Darstellung des To­des am Lebensrad weitergeschoben werden und der „Skelett-Tod" steht fertig. Die klassische Kunst hat auch diese letzte Entwicklungsstufe ins Leben gerufen ! Der Tod wurde nicht nur durch einen Leichnam, sondern 1 Theocrit, Epigr. 25, 4.' 2 Propertius: 2, 1, 71 ; 13, 17; 15, 24, 54; 24, 34; 31, 37. 3 Seneca : Hercules furens 4, 1069. 4 Anthologia Palatina 7, 328, 3. 6 Anthol. Pal. 7, 328, 3; 324, 1 ; 556, 1; 483, 1. 6 Anthol. Pal. 7, 113, 4. 7 [|j a cj g 159 8 Iliad'. 3! 173"; 16, 47. Antholog. Palat. 7. 627, 5. 9 Aristophanes, Ranae 139. 1 0 Themistius, Nägelsbach, Nachhomer. Theologie 396 ; Theocrit, Epigr. 25, 6 ; Aristoteles Eth. 3, 6, (9), 6 : er ist das Furchtbarste, was nur gibt! 1 1 Iliad. 16. 442; 18. 464. 1 2 Rhetor. 2. 5. 1. 1 3 Sen. Ep. 117, 23. 1 4 Weitere Personiiikationen des Todes : Ovid, ad Li­viam Vs. 357—360 : „Fata manent omnes. Omnes exspec­tat avarus I Portitor • et turbae vix satis una ratis. / Tendi­mus hue omnes : metam properamus ad unam : / Omnia sub leges mors vocat atra suas." Dann Hor., lib. I, od. 4 ; ibid.. od. 18; lib. II. od. 3; Tib., Eleg. III, v. 3—4; Sil. Ital., II, 547—8 ; XIII. 561.; vgl. auch Claud, lib. II. de Raptu Proserp.: „Omnia mors aequat". Hor. Sat. II, 1. 57—58. Seneca : (mors) „Avidos oris hiatus pandit", „Mors, quae perpetuo cunctos absorbet hiatu". Burmann : Anth. veter. latin., Bd. IV., S. 5. lib. V, ep. 63.

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