KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes
natos"-Begriff der Moira, der „Mors" übertragen haben. Während die Bildhauer den Begriff „Mors" (Moira-Thanatos, körperlicher Tod) noch mit dem griechischen Thanatos-Jüngling identifizierten, nimmt Thanatos bei den lateinischen Dichtern die Erscheinungsform und die schrecklichen Eigenschaften des Ker-Todes, Furien-Todes an. Im IV. Buche der Äneide (Vs. 450—451) betet Dido den in der Moira-Mors personifizierten Thanatos-Tod an : Tum vero infelix fatis exterrita Dido Mortem orat . . . Ob „Mors" hier als eine Furie, ein weiblicher Tod gedacht wird oder nicht, darüber kann das weibliche Geschlecht des Wortes „mors" noch keinen bestimmten Ausschluss geben. Aber schon im XI. Buche der Äneide scheint Mors eine weibliche Gottheit zu sein, der Stierleiber und andere Tiere geschlachtet werden, oder eine Furie, die ausgesöhnt werden muss : Aen. XI. 197 : Multa bourn circa mactantur corpora Morti. Im Zusammenhang mit dieser Stelle erwähnt Servius : Morti ipsi Deae mactantur corpora. Im VI. Buch der Pharsalia von Lucanus fordert der Sohn des Pompejus die Erichtho auf, die Unterwelt aufzuschliessen und die Mors rufend sie zum Bekenntnis zu zwingen, wen sie sich zum Opfer ersehen hat. Mors ist also hier ebenso eine Göttin oder ein Geist, der in der Unterwelt haust, wie die Furien, wie Thanatos im Alkestis-Drama des Euripides : Phars. VI., 600-601 : Elysias resera sedes, ipsamque vocatam, Quos petat e nobis, Mortem tibi coge fateri. Aber diese „Göttin Mors", „Dea Mors" wurde in der klassischen Zeit kaum vom Volk selber geehrt, denn Cicero nennt Mors in einer Reihe von symbolischen Gestalten :* „Amor, Mors, Fatum, Senectus, quos omnes Erebo et Nocte natos ferunt." Ausser den schwarzen Flügeln, die Horaz Sat. lib. II. 1, 57 (Mors atris circumvolat alis) erwähnt, wird in der Oedipus-Tragödie die schwarze Farbe und der gierige Rachen der Keren und Furien der „Dea Mors" zugeschrieben. Oedipus 164: „Mors atra avidos oris hiatus pandit et omnes explicat alas". Seneca hat aber nicht nur in der Oedipus-Tragödie, sondern auch in der ebenfalls ihm zugeschriebenen Tragödie, im „Hercules furens", die „Dea Mors" mit den gierigen Zähnen der Furien und Keren auftreten lassen. Hercules furens 555 : „et cum Mors avidis pallida dentibus gentes innumeras Manibus intulit". Bei Tibullus (Eleg. I. 3, 65) ist die „Dea Mors" ebenso „rapax", wie die Furien und Keren : „illic est, cuicumque rapax Mors venit amanti". Publ. Papinius Statius (geb. 45 n. Chr.), der Zeitgenosse des Petronius (T 66 n. Chr.) lässt den körperlichen Tod schon als eine Furie auf1 De deor. nat. III. 17, 44. treten, die er aber mit dem Namen des ThanatosBegriffes Mors (Moira) nennt, die mit einem grossen Schwert oder vielmehr mit einer Sense („ensis" bedeutet „Schwert", aber „metit" kann nur als „mähen", „ernten" übersetzt werden) über die Länder fliegt und ganze Städte zu den Manen mit sich reissen kann, die mit gierigen Vogelkrallen ihre bestimmten Opfer zeichnet und eine so grosse dämonische Gestalt hat, dass das ganze Schlachtfeld überschattet wird, wenn sie vorüberfliegt. Thebais I, 632-633 : „Labuntur dulces animae : Mors fila sororum Ense metit captamque tenens fert Manibus [urbem". Und Thebais VIII. 376 : Stygiisque emissa tenebris Mors fruitur coelo bellatoremque volando campum operit, nigroque viros invitat hiatu, nil vulgare legens, sed quae dignissima vita funera, praecipuos annis animisque cruento ungue notat". Die „Dea Mors" ist hier in Verbindung mit dem Thanatos-Begriff eine „Schlachtfurie", wie es einst die Keren waren. Aber diese „Dea-MorsFurie" von Statius ist doch noch der „körperliche Tod", was einst der „Thanatos-Jüngling" war, denn im IV. Buch Thebais 528 sitzt diese Todesfurie, wie eine Sphinx, auf einem hohen und öden Felsen oder Steinhaufen, zu dessen Füssen die ganze Umgebung mit Menschenknochen bedeckt ist. Dies ist schon die Triumphszene Petrarcas, - zu dessen Zeiten Statius ein sehr gelesener Dichter war. Die „Dea-Mors-Furie" ist hier der körperliche Thanatos-Tod, der die Menschen (wie Moira) in Leichen und Skelette umwandelt. Thanatos war aber nicht nur eine Gottheit, die in der Unterwelt haust. Schon frühzeitig kommt „der körperliche Tod" selber mit seinem Bruder, mit dem Todesschlaf, aus der Unterwelt auf die Oberwelt, um den Menschen zu töten und abzuholen. Nach dem Bericht Homers 2 wird der Leichnam Sarpedons („Sarpedon-Legende") vom herbeieilenden Thanatos und von seinem Bruder, dem Schlaf, in seine Heimat, nach Lycia getragen. Die Vorstellung des Thanatos als eines Seelenführers verbreitet sich also schon frühzeitig aus der Ilias. Der Thanatos-Tod, sowie der Schlaf kommen aus der Unterwelt und holen den Menschen ab. Sie spielen also die Rolle der Furien und werden von der Gottheit geschickt. Diese Auffassung tritt mit der Vorstellung von den Furien-Seelenführern vereinigt schon in den ältesten griechischen Werken auf und entwikkelt sich mit dieser parallel. Also schon im klassischen Altertum hat man zwischen dem reinen Thanatos und der Ker-Furie jenen Unterschied kaum gekannt, den Lessing erwähnt. In der Antigone von Sophokles (332, 790) erscheint Thanatos als ein Befreier und Erlöser, den die Gottheit sendet. In der Oedipus-Tragödie von Sophokles (Col. v. 1615) heisst es : „ein Götterbote nahm ihn weg" — und dieser „Götterbote" wird 8 Ilias XVI., 671-683.