KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

Tod" gibt und dass jene Unterscheidung keinen praktischen Wert hat. Wenn wir aber schon eine Unterscheidung der Begriffe theoretisch geltend machen sollen, so müssen wir zugeben, dass sogar in diesem Falle die Unterscheidung zwischen Thanatos und Ker unvollständig ist. Denn die Griechen haben neben Thanatos und Ker noch einen dritten Begriff gehabt, der für die weiteren Er­klärungen entscheidend ist. Es ist die Todesge­stalt der weiblichen gotga. Moira ist ebenso eine Furie, wie Ker. Die antike Kunst gab beiden die Furiengestalt. Ker oder Lethum wird in je­nem Zitat von Petronius mit den Furien, mit Erin­nys, Bellona, Megaera, Insidia gleichzeitig ge­nannt. Schon in Lucians Gesprächen haben wir von der Erinnys gelesen. Dort haben wir nicht nur erfahren, dass die Furien im allgemei­nen und selbst Erinnys die Toten abgeholt hat, sondern dass die Erinnys eine der bekanntesten Gestalten der Eleusinischen Mysterien ist. Wie alle Keren, so ist auch Erinnys ipvyonognog. Die Keren und auch die Erinnyen sind die Füh­rer der Seele vom Totenkörper bis in die Un­terwelt, während Thanatos „der körperliche Tod" ist. Was ist Moira ? Moira ist die „Verwirkung" des Todes, des Sterbens. Moira wirkt im gan­zen Leben. Dass aus einem Kinde ein Jüngling, aus einem Jüngling ein Mann und später ein Greis und zuletzt eine Leiche wird, das ist die Wirkung der Moira. Moira wirkt von Stunde zu Stunde, von Tag zu Tag. Was ist also Moira ? Moira ist das Lebensrad ! Oder anders gesagt, ist Moira „das Schicksalsrad". Das ist um so wich­tiger, da doch der lateinische Name des „kör­perlichen Todes", Mors, aus Moira, Moros, ent­stand. Auf etruskischen Grabdenkmälern heisst er „muira". 1 Wenn also bei den Römern „Mors" ebenso durch einen „Thanatos-Jünglings-Leich­nam" personifiziert wurde, wie bei den Griechen, so muss Mors, Moira und Thanatos identisch sein. Moira ist die Reihe der auf dem Lebens­rade auf- und absteigenden Lebensalter und Thanatos, der körperliche Tod steht am Ende der Reihe ! Auch im Griechischen war der Begriff Moira, Mors und Thanatos ziemlich gleichwer­tig. Homer nennt einmal Moira, andermal Tha­natos mit dem Namen „Ker" z. B. II. XXIII. 78 ff. . . ,,dXX' éps per Krjg / áurpéyave axvyf.gr, Vi nsg Xdye yiyvóuevóv Tieg / xai ós adi aiixtp poiga, &eoZg énifíxeX' 'AyiXXsv, / xeiyei vno Tgtbiov sirypsvsMv ánoXío&ai." Ker erscheint am Schlachtfelde, öff­net ihren gierigen Mund, um die Seele des Ster­benden einzuatmen, die aus dem . Blute oder aus der Wunde in der Gestalt eines Lufthau­ches entflieht. Ker ist die „Göttin oder Furie des Schlachtfeldes", also „Bellona" und führt die Seele, nachdem der Körper schon starb, in die Unterwelt. Moira leitet das äussere Leben des Menschen, so dass er zuletzt sterben muss. 1 G. Kastner : Les danses des morts. Paris. 1852. S. 32. Die Vorstellung der Ker als eines Schlacht­dämons findet sich bei Homer in der Schildbe­schreibung, über welche wir noch ausführlicher berichten möchten : II. XVIII. 535 ff. 2 Die Keren sind also anfangs walkürenartige Todes-Dämonen des Schlachtfeldes und bedeu­ten erst später die Gefährdung des Lebens im allgemeinen durch Krankheit, Alter, Mord und Tod. Die Ker-Furien werden nach Pausanias „mit Zähnen nicht zahmer, als bei einem wil­den Tier" und „mit gekrümmten Krallen an den Händen" dargestellt : Pausanias : V. Cap. XIX. : „tov TloXvveíxovg óé óma&er eaxrjxev öóóvxag éyovaa o 1'óev fjpegwrégovg Itrigíov xai OT xai XÖJV j(eigwv eiaiv énixapneZg ol ovvyeg • énlyoapua óé én' aixfi elvaí cprjai Krjga." Gelegentlich einer Beschreibung der Keren auf dem „Schilde des Herakles", in einem gleich­namigen, griechischen Gedicht, das dem Hesiod zugeschrieben wird, erscheinen die Keren dun­kel, furchtbar und fletschen ihre weisslichen Zähne : V. 249 : Krjgeg y.vdvsai, Xsvxovg dgaßevaai öóóvxag. Die Keren heissen ferner auch : óeivitmoí, ßXoavgoi. Die Keren als Führer der Seele in die Un­terwelt erinnern lebhaft an die Seelenträgerinnen des Harpyienmonuments zu Xanthos. 3 In den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat das Berliner Museum 4 die Darstellung einer etruskischen geflügelten Frauenfigur aus Cervetri erworben, welche ein Kind davonträgt. Eine rasch dahineilende Kinderträgerin aus Terrakotta befindet sich auch im Louvre. Die Seele wird auch im Mittelalter als ein Kind gezeichnet (Ars moriendi). Die erste Stufe der Entwicklung ist die Identität der Keren, Erinnyen, Harpyien einerseits und die Identität der Thanatos-Gestalt mit der Moira anderseits. Die Keren, Erinnyen und Harpyien sind dreifache Verkörperung derselben furchtbar tö­tenden, dämonischen Gewalt. Alle drei Furien sind Seelenträgerinnen, da sie die Seele in der Gestalt eines Kindes in die Unterwelt tragen. Eine weitere Entwicklungsperiode vollzieht sich in den Gedichten lateinischer Dichter. Was die Griechen über die Keren, Erinnyen und Har­pyien sagen, das wird bei den lateinischen Dich­tern von der „Mors" behauptet. Dabei wird die „Mors" als ein Weib, eine den Furien gleich­wertige, dämonische Frau vorgestellt. Da wir aber gesagt haben, dass „Mors" eigentlich mit dem Begriff der „Moira", „Moros" und folglich auch mit dem Grundcharakter „des körperlichen Todes", des „Thanatos-Jünglings" identisch ist, müssen wir zugeben, dass die römischen Dich­ter die schrecklichen Eigenschaften der Furien, der Keren, Erinnyen und Harpyien auf den „Tha­2 Preller, Griech. Mythologie. 1872 3. Bd. I.. 691. 3 Hettner ; Italienische Studien, Braunschweig, 1879, S. 127. 4 Dobbert : s. a. a. 0. S. 25 ; Jahn, Archäol. Bei­träge S. 103 if. ; Langbehn : Die Flügelgestalten der älte­sten griechischen Kunst. München. S. 10, 45.

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