KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

•— um nur einige zu erwähnen. Kaum ist etwas geschmackloser, als das Kokettieren mit dem Tod. Die vergleichende Religionswissenschaft hat schon längst festgestellt, dass alle Völker und alle Religionen, sogar die heute noch existie­rende primitive Kultur der Naturvölker die Todes­furcht kennt und positiv oder negativ an ein Weiterleben glaubt, aus dem einfachen Grund, da es hier auf Erden keine vollkommene Ge­rechtigkeit gibt. Viele Verbrechen werden nicht einmal entdeckt und nicht alle werden mit glei­cher Gerechtigkeit bestraft. Es muss also — wenn das Gesetz eine praktische Verwendung der in der Weltordnung herrschenden absolu­ten Wahrheit ist — ein Weiterleben nach dem Tode kommen, in dem der Gerechte seinen Lohn und seine vollständige Genugtuung er­reicht und der Ungerechte seine gehörige Strafe bekommt. Aber um nur von der antiken Auffassung über Tod und Unterwelt zu sprechen, wo wäre jene viel gerühmte schöngeistige Todesvorstellung der klassischen Kultur zu finden ? Im sechsten Gesang der Äneide von Vergil vielleicht ? Mit was für eine Ungerechtigkeit wird das Totenreich regiert 1 Die Seele des Verstorbenen, von Men­schen und Göttern verlassen und den rächenden, erbarmungslosen, teuflischen Geistern hilflos preis­gegeben, irrt so lange am Ufer des Totenflusses, bis ihr Körper auf der Erde nicht begraben wird. Wenn der Körper nicht begraben wird, kann die Seele ohne Rücksicht auf die Sündhaftig­keit oder Güte von Charon nicht in die Toten­welt geführt werden. Neben den furchtbaren Schrecken der Unterwelt verschwindet das ohne­dies blasse Bild des Elysiums, deren Bewohner auch nicht glücklich sind. 1 Um aber zu zeigen, dass die Kirche und ihre Weltanschauung trotz aller Vorwürfe es ver­stand, die Seelen nicht nur mit „phantastischen" Bildern der jenseitigen Strafe einzuschüchtern, sondern auch den Stachel dem Tode wohlweis­lich zu benehmen, sei hier auf das Werk „De bono mortis" des hl. Ambrosius 2 und auf die lange Reihe ähnlicher Studien der Kirchenväter hingewiesen, in denen die allgemein mensch­liche Gültigkeit der Todesfurcht und Todes­not zwar auch nicht geleugnet, die endgültige Befreiung der Seele der Gerechten von jeder ir­dischen Beschwerlichkeit und der Übergang in die Ewigkeit als eine fröhliche Heimkehr in die wahre Heimat der Seele aber desto nachdring­licher betont wird. Mit dem Problem der Todesfurcht hängt auch die Lösung des Begriffes vom Thanalos­und Ker-Tod zusammen. Jener Unterschied zwi­schen Thanatos und Ker, den man seit Lessing so gern immer wiederholt, stimmt auch nicht ganz. Rein logisch betrachtet ist jene Behaup­1 s. Fr. A. Weiss : Apologie der Christenheit. II. Bd. Humanitas und Humanismus ; G. Kastner : Les danses des morts. Paris. 1852. S. 4. Anm. 6—7. 2 Migne, Patr. lat. XIV. Sp. 539 ff. tung, als wäre der reine Thanatos, der Über­gang vom Leben ins Totsein allein nicht furcht­bar und könnte der Tod nur durch die schreck­lichen Umstände fürchterlich werden, nur eine theoretische Unterscheidung und hat keinen prak­tischen Wert. Der Übergang vom Leben ins Tot­sein ist ein Geschehen und jedes Geschehen muss Umstände haben, ja durch die Umstän­de wird ein Geschehen bemerkbar. Es ist also zwischen Thanatos und Ker eigentlich gar kein Unterschied. Der Thanatostod ist das Genus und Ker besteht aus untergeordneten Klassen. Selbst die Griechen und Römer haben zwischen Thana­tos und Ker keinen so scharfen Unterschied ge­kannt, wie das Lessing ihnen gern in die Schuhe geschoben hätte. In der Folge wollen wir darauf hinweisen, dass die antike Kunst manchmal bei­de Begriffe in einer Gestalt dargestellt hat. — In der Kunst ist nicht das Eintönige, das Typische, sondern das Schwanken der Ausdrucksform, das aufs Geratewohl schaffende freie Walten des Menschenichs kunstvoll. Das gilt auch für die Klas­siker. Thanatos soll das reine Entschlafen, das blosse Hinüberwandeln aus dem Reiche des Le­bens ins Reich des Nichtlebens sein, d. h. Thana­tos ist „der körperliche Tod". Wir sahen auf jenem von Lessing besprochenen Bilde, dass jener „Thanatos-Jüngling" eigentlich ein Menschen­leichnam ist, der soeben starb und in der nächsten Minute schon als entseelte Leiche auf der Erde liegt. Dieser körperliche Tod soll also nicht furcht­bar sein und wird nur durch die schlechten Umstände schrecklich? Betrachten wir aber ein­mal den körperlichen Tod an sich. Kann dieser ohne schreckliche Umstände möglich sein ? Wenn wir auf den Todesschweiss denken, auf die körperlichen Leiden, auf das Verfaulen des ver­zärtelten Körpers, so haben wir Grund genug zur Furcht und wenig Gelegenheit zum Wohl­behagen. Ja, ich muss den Satz umkehren. Die Ker-Umstände an sich sind nicht furchtbar ! Was ist Ker ? Krankheit, Hunger, Schwert, Krieg, Überschwemmung, Feuer, Gewitter usw., usw. Unendlich ist die Reihe der Möglichkeiten des Sterbens. Stellen wir uns einen Krieg vor, wenn die Menschen unsterblich wären und an ihren Verletzungen ganz sicher nicht sterben könnten oder sogar unverletzbar wären. Wäre dann der Krieg furchtbar ? Also nicht Thanatos wird des­wegen furchtbar sein, weil ihm meistens eine Ker, ein schrecklicher Umstand vorangeht, sondern umgekehrt, die Keren sind nur deswegen furcht­bar, weil in ihnen die Ungewissheit entsteht, ob nach der Ker auch der Thanatos eintritt oder nicht. Wenn nach Homer die Ker „die Not­wendigkeit" des Sterbens bedeutet, dann geht jedem Thanatos-Fall unbedingt die Notwendig­keit voran. Und die Notwendigkeit ist die Er­niedrigung der Würde des Menschen, die auf den freien Willen aufgebaut von jeder Notwen­digkeit, sowie auch vom notwendig und unwi­derruflich eintretenden Thanatos zurückschrickt. Selbst die Zitate Lessings beweisen, dass es auch nach der Auffassung der Klassiker „nur einen

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