KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)

ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes

Allgemeinen, also mit der Auffassung des Tha­natos-Jünglings in Widerspruch sind und ihn, als den antiken Todesbegriff, unkenntlich ma­chen würden. 1 Lessing hielt die Personifizierung des Ker-Todes durch ein Skelett für unmöglich, da auch der Ker-Tod, wie Thanatos, nur bei einem lebenden Menschen eintreten kann. Erst nachdem der Tod in seinen Umständen eintritt (Ker), wird aus dem Menschen ein Leich­nam — und noch immer kein Skelett. Die an­tike Kunst konnte nicht so unkonsequent sein und einen früheren Zustand mit einem späte­ren Zustand symbolisieren oder personifizieren : „Aber wie hätten sie (die Antiken) zu dieser Vorstellung (des Ker-Todes) etwas wählen kön­nen, was erst spät auf den Tod folgt ? Das Ge­rippe wäre so unschicklich dazu gewesen, als möglich". 2 Dabei wurden die „Seelen der Toten" in der antiken Kunst ziemlich „unkonsequent" als Skelette dargestellt. Aber auf den orientali­schen Mysterien-Sinn des Skelettes kommen wir noch zurück. Der Grundgedanke, auf den die Lessing'­sche Theorie aufgebaut wurde, ist der Wille zur Befreiung von der Todesfurcht. Auf künst­liche Weise wird versucht, glaubwürdig zu ma­chen, dass der Tod an sich nicht schrecklich sei. Es liegt also auch kein Grund vor, sich vor dem Tod zu fürchten. In der Weltgeschichte gab es immer — freilich nur vereinzelt — Menschen und Geistesrichtungen, die die Todesfurcht für eines gebildeten Menschen unwürdig hielten, die sich gebrüstet haben, keine Furcht vor dem Tod zu fühlen. Schon die Stoa und Epikur waren Meister der Bekämpfung der Todesfurcht. Die Stoiker meinten, dass der Tod zwar fürchterlich sei, aber der Mensch sich mit dem Unvermeidlichen vertraut machen müsse. Da der Tod eine allge­meine Regel ist, kann er auch nicht furchtbar sein. Auch die menschliche Seele sei nicht von ewiger Dauer — sie löst sich im Weltäther auf. Die Mythen über Tod und Weiterleben nach dem Tod sind nur menschliche Erfindungen, sie sollen also dem Menschen keine Sorge berei­ten. Thanatos kann also nach stoischer Auffas­sung nur in Umschreibung, mythologisch genannt werden : z. B. dálagog IIeQos(póvr;g, die Hochzeit mit der Königin der Unterwelt. Ähnlich ist die Bedeutung der ovynooia. Epikur strebt auch da­nach, den Zustand der Furchtlosigkeit zu erreichen. Bei ihm kann das Ende nicht furcht­bar sein, da ja Totsein mit dem Nichtsein iden­tisch ist, in dem alle Empfindungen vergehen und das Bewusstsein fehlt. Solange also der Mensch lebt, soll er den Zustand des Bewusst­seins völlig ausnützen und im Leben verwerten. Der „carpe diem"-Rat ist einer der meist wie­derholten Sätze. Schon Anakreon von Teos (t 478 v. Chr.) wünschte das Leben in Wein, Weib und Gesang solange zu geniessen, als möglich. Anakreon werden folgende Verse zugeschrieben: 3 1 Lessing : S. 315. 2 Lessing : S. 318. 3 Od. XV, 10. Tó of.uFoov uéJsi fioi To d' a Toi or zig oids ; In einem Gedichte der Anthol. Graec. Palat. XI, 48 ersucht Anakreon den Hephaistos, ihm einen hohen, silbernen Kelch zu schmieden, der mit Ornamenten von Wein und Trauben geschmückt sein soll und nicht von Sternen, Wagen und von dem „hassenswerten Orion" (mit Beziehung auf jenen Schild, den Hephaistos im Buch 18. der ilias für Achilles schmiedet). Bei Euripides, im Drama Alkestis 788 heisst es, dass der Mensch sich freuen, das tägliche Leben für sein Eigentum halten und alles andere dem Schicksal überlassen soll. Diese Weltanschauung wird auch im Alten und Neuen Testament erwähnt. 4 Meh­rere ähnliche Verse von Martial, Vergil, Persius, Seneca und Horaz werden von Weber-Hollän­der mitgeteilt, 5 die alle an die Form der mei­sten Grabschriften erinnern : „Dum vivimus, vi­vamus . . .". Lukrez, der die Ideen Epikurs in Rom vertrat, meinte, dass die Märchen von Tha­natos und Orcus nur menschliche Erfindungen, daher auch nicht furchtbar sind. 6 Aber solche Verse und Grabschriften wa­ren höchstens eine galante Mode und entspra­chen der wirklichen Auffassung des Volkes im engeren Sinne nicht. Man tröstete sich mit ähnlichen Versen und Aufschriften, aber der Ton der meisten Verse ist Mollstimmung, unter der das glühende Feuer der Todesfurcht mit schö­nen Worten verborgen wurde. Die Todesfurcht war und wird auch immer allgemein menschlich sein, da sie sich aus drei Quellen nährt. Ent­weder glaubt der Mensch an ein Fortleben nach dem Tod, so ist die Unwissenheit über den künf­tigen Lebenszustand oder die Unsicherheit fürch­terlich. Glaubt der Mensch an kein Fortleben, so strebt das menschliche Ichbewusstsein gegen den Todes- oder Vernichtungsgedanken. Der Mensch empfindet als Todesfurcht den Gedan­ken, dass er sein Ich verlieren wird. Wären aber alle zwei Ursachen zur Todesfurcht beho­ben, so bliebe noch immer die Furcht vor je­nen Beschwerden, die noch hier im Leben zur Sterbestunde auftreten. Die Menge hat es immer als eine Abweichung vom Gewöhnlichen emp­funden, wenn hie und da jemand von jeder To­desfurcht emanzipiert zu sein schien. Nur schien. Denn diese glücklichen Ausnahmen waren viel­leicht mehr von der Todesfurcht befangen, als sie es selber ahnten. Denn auch jene, die in ein­gebildeter Selbsttäuschung von einer Todesfurcht nichts wissen wollten, haben zur Todesstunde ihre schönen Theorien vergessen und ihrem all­gemein menschlichen Gefühl nachgegeben, wie Tullius Hostilius, Bion, Karneades, Voltaire, No­valis, Schopenhauer, Darwin, Nietzsche usw. 4 1. Kor. 15, 32 ; Isaias 22, 13. 6 S. 41-46. 6 De rerum natural. 108—112; III. 63 Í. . . . haecvul­nera vitae non minimam partem mortis formidine aluntur ; III. 867 . . . mors immortalis, aeterna ; vgl. III. 1071—73, 1085 if.

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