KOZÁKY ISTVÁN: A HALÁLTÁNCOK TÖRTÉNETE I. / Bibliotheca Humanitatis Historica - A Magyar Nemzeti Múzeum művelődéstörténeti kiadványai 1. (Budapest, 1936)
ZWEITER TEIL. Entstehungsgeschichte der Grundmotive des Totentanzes
— 105 — wurden erst unter dem Einfluss der Totentanz- wächst durch diese vereinzelten Aufführungen bilder und Texte fälschlich „Danse Macabre" des Triumphmotivs nicht, sie liegt vielmehr in genannt. der Ausbildung der Darstellungsweise der ToDie Bedeutung der Everyman-Legende desgestalt. IV. Ikonographie Der allgemein gültige Satz : Jedermann muss sterben — ist die Grundlage der Everymangestalt. Dieser Satz hat aber auch einen anderen Sinn. Er verkündet jene grosse überirdische Macht, die den Tod vollbringt, die dem Menschen das Leben bricht. Alle Völker glauben an diese grosse überirdische Macht, die sie einem Gott oder irgendeinem göttlichen Wesen, einem bösen oder guten Geist zuschreiben. „Der Tod" wird immer auf eine bestimmte Weise personifiziert. Die Gestalt des „Todes" ist unter dem Einfluss des „Jedermann"-Satzes aus der Gestalt Everymans entstanden. Dies ist das grosse Geheimnis der Ikonographie des Todes, das durch die folgenden Untersuchungen bewiesen wird, und das der Schlüssel ist für die richtige Beurteilung aller Theorien, für die Lösung aller Probleme, die sich auf die Gestalt des Todes beziehen. Die Gestalt des Todes wechselt ihre Erscheinungsformen immer nach dem Charakter der Sterbestunde. Der Tod ist zu allererst ein körperlicher Tod. Die Gestalt des Todes wird also mit dem Zustand des soeben sterbenden Körpers übereinstimmen. Da alle Völker in einer verhältnismässig bestimmten Form an ein Fortleben der Seele im Jenseits glauben, muss der körperliche Tod eine moralische Grundlage erhalten. In Beziehung auf das überirdische Leben ist der Tod gut oder böse. Der „Tod des Gerechten" ist ein „Engel" und der „Tod des Sünders" ist selbstverständlich ein „Teufel". Der letztere Tod ist „der zweite Tod", d. h. der Tod der Seele. Der Tod eines Sünders ist also ein doppelter Tod, körperlich und seelisch muss er der Verwesung anheimfallen (s. Bibelparabel des Reichen). Die Todesgestalt stimmt auch mit dem Lebensalter ihres Opfers überein. Der Tod eines Jünglings ist ein Jüngling, der Tod eines Mannes ein Mann, der Tod eines Greises ein Greis. Auch der Stand der Sterbenden hat Wirkung auf die Erscheinungsform der Todesgegestalt. Der Tod des Papstes ist selber ein Papst, der Tod des Kaisers, Kardinals, der Edelfrau, des Bettlers ist ebenfalls ein Kaiser, ein Kardinal, eine Edelfrau, ein Bettler, usw. Dem Geschlecht entsprechend kann der Tod auch männlich oder weiblich sein. Nach diesen allgemeinen entstehungs- und entwicklungsgeschichtlichen Regeln wollen wir 1 Tab. A. I E ; III ; II; Iii ; Mi Ms, 4; Is+IIi+Mi. der Todesgestalt 1 jene Kulturepochen und Faktoren untersuchen, aus denen die Gestalt des Todes herauswächst. Die Kultur des christlichen Altertums und des frühen Mittelalters besteht aus zwei Komponenten : durch die Lehre der Kirche und durch die Heilige Schrift wird jener Motivkreis überliefert, der im Alten Testament die Gedankenwelt der Seelengeschichte eines regsamen orientalischen Volkes ausfüllt, das viel mit den Nachbarvölkern verkehrt hat, das die meisten orientalischen Geisteserzeugnisse erlernt und umgeformt hat. Die mittelalterliche Kultur ist aber in gewisser Hinsicht auch die Fortsetzung der griechisch-römischen, klassischen Kultur. Die beiden Kulturquellen wurden mit einem staunenswerten Fleiss, mit einer lobenswerten Klugheit ineinander geschmiedet, miteinander verbrüdert, sodass sie heute voneinander nicht zu trennen sind. Während aber die christlich-klassische Kultur die Grundlage der mittelalterlichen Philosophie, Literatur und Kunst war, fand auch im frühen und späteren Mittelalter der orientalische Einfluss seine neugebahnten und durch die geschichtlichen Ereignisse bedingten Wege zu den innersten Lebenskeimen der damaligen Welt. Die interessantesten Beiträge zur Kenntnis des Wirkungskreises dieser drei Quellen können in erster Linie die Todesmotive liefern, da sie, als Ausdrucksformen des Lebensendes, im Mittelpunkt der Betrachtung aller Völker stehen. 1. Die Bibel und die Todesgestalt Im alttestamentlichen, sowie im neutestamentlichen Teil der hl. Schrift wird der Tod einigemal symbolisiert. Aber wir suchen umsonst eine nähere Beschreibung seiner äusseren Erscheinungsform. Der körperliche Tod, als erster Tod, wird dennoch personifiziert, ja sogar auch der „zweite Tod", der Tod der Seele tritt als Person auf. Im allgemeinen ist der Tod „der Engel Gottes". Der Tod führt die Befehle Gottes in der Erscheinungsform eines Engels aus, trotzdem er „nicht von Gott geschaffen wurde", sondern nur die Folge der vom Menschen begangenen Sünde ist. Wie die erste Sünde, so wird auch der Tod von dem Körper des Vaters und der Mutter in den Körper der Kinder verpflanzt. Also schon nach diesem Grundsatz hängt die Gestalt des Todes mit der Gestalt aller Menschen (Everymans) zusammen. Rom. 5, 12. „Deshalb, gleich wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist, und durch die Sünde der Tod, und so auf alle Menschen der Tod über-