Nagy Ildikó szerk.: Székely Bertalan kiállítása (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1999/2)

BAKÓ, Zsuzsanna: FORSCHUNGSBEITRÄGE ZUM OEUVRE VON BERTALAN SZÉKELY

Apollon und Dionysos aufbaute und Macht und Triumph der Musik verkünden sollte, wobei die bei­den Götter als philosophische Symbole dargestellt wurden. 212 Der zentrale Gedanke wird am anschaulich­sten von dem Kuppelfresko im Neorenaissance­Neobarockstil zum Ausdruck gebracht. Dieses Werk von Károly Lötz zeigt ein Konzert des Apollon im Kreise der Götter des Olymps (der Gottheiten der Wissenschaft, der Kunst und der Liebe). Apollon gegenüber sind Dionysos und die Unterwelt, die Verkörperungen des Todes und der wilden Natur pla­ciert. 213 Neben Lötz, der die führende Rolle bei der Ausführung der Wandmalerei hatte, malte Mór Than die Fresken des Haupttreppenaufgangs und des einen königlichen Salons. Kleinere Aufgaben erhielten noch Mihály Kovács, György Vastagh und Árpád Feszty. 214 Székely schloß 1881 einen Vertrag über das Malen der neun Musen im Hauptvestibül und des Puttenfrieses im höfischen Empfangssalon. 213 Das Vestibül des Opernhauses ist sehr repräsentativ mit italienischen Marmorwänden, vergoldetem Tonnengewölbe und antik gemustertem, schwarz-weißem Mosaikfußboden verziert. Die neun Musen malte Székely in die goldum­randeten Kassetten der Decke. Sie sind die Begleiter des Apollon, inspirieren die Künste und die Wissenschaft und ziehen singend zum Olymp. 216 In seinem Skizzenbuch Nr. X hat Székely sie von links nach rechts und mit Ziffern versehen wie folgt aufge­führt: Terpsichore, Polyhymnia, Melpomene, Thalia, Erato, Euterpe, Kalliopé, Kleio und Urania. 217 Die vier­und achteckigen Kassetten, die den Musen den Rahmen geben, sind von Putten in T-förmigen Feldern begleitet. Székely malte die Gestalten verkürzt in Untersicht, wodurch er den Bewegungseffekt der Abbildung erhöhte (Abb. 66). Wie zu jedem seiner Werke fertigte er auch für das Fresko eine Reihe von Studien und Skizzen an, die in dem erwähnten Skizzenbuch Nr. X enthalten sind. Die im Stil der Hochrenaissance gemalten Musen weisen im Charakter mehrere Ähnlichkeiten zu den Fresken der Allegorien Musik und Freundschaft von Christian Griepenkerl auf, die dieser für den Empfangssalon des Palais Ephrussi malte (Abb. 67). Chr. Griepenkerl und E. Bitterlich sowie ihr Meister Karl Rahl arbeiteten an der Innendekoration des Wiener Opernhauses, das vor allem stilistisch als Vorläufer des Pester Opernhauses gilt. Die zweite Aufgabe Székelys im Opernhaus war die Malerei im höfischen Empfangssalon hinter der Königsloge. Für diesen Raum hatte Gusztáv Keleti ursprünglich Wandgemälde mit Landschaften entwor­fen, die Themen aus Szenen ungarischer Singspiele enthalten sollten, die in der Natur spielten. 218 Die Entwürfe konnten vermutlich aus Geldmangel nicht realisiert werden. So blieb die einzige Verzierung des Salons das unterhalb der Decke verlaufende Fries von Bertalan Székely, das die Vier Jahreszeiten darstellt (Kat.-Nr.: 134). „Für jede Wand eine Jahreszeit, mit einer netten, fröhlichen Kinderschar, die spielen, sich necken und je nach Jahreszeit Blumen und Früchte pflücken," berichtete die Vasárnapi Újság und beleuchtete damit ein wesentliches Element der Abbildung: die unbekleideten Kinderfiguren (Putten) führen für die einzelnen Jahreszeiten typische Tätigkeiten der Menschen aus, sie symbolisieren die zyklisch wiederkehrenden Dinge im Leben des Menschen und sind damit gleichzeitig ein Sinnbild der Vollständigkeit des Lebens. 219 Das Fries über den Fenstern zeigt die winterliche Welt: in der verschnei­ten Landschaft zündet eine Gruppe von Kindern ein Feuer an. Weiterschreitend sehen wir über dem Kamm das Frühlingsbild: zwischen blühenden Büschen spie­len Putten ein Kreisspiel (Abb. 68). An der Seite, die zur Loge führt, symbolisiert eine im Wasser badende Puttengruppe den Sommer. Über dem Eingang ist schließlich der Herbst dargestellt: Putten pressen Weintrauben aus und trinken den Most. Die vier Jahreszeiten sind mit den vier Elementen verbunden, der Winter mit dem Feuer, der Frühling mit der Luft, der Sommer mit dem Wasser und der Herbst mit der Erde. 1882 hat Székely eine Skizzenfolge unter dem Titel Die vier Elemente angefertigt, die mit dieser Friesfolge in Zusammenhang steht. 220 Puttenbilder, die die Jahreszeiten und das menschliche Leben symboli­sieren, waren seit der Renaissance behebt und erfreuten sich im 19. Jahrhundert ungebrochener Popularität. Eine ähnliche allegorisch-symbolische Puttenfolge malte Moritz von Schwind für die Münchener Residenz, und das Kinderständchen von Anselm Feuerbach könnte analog zu den Putten von Székely auch eine Allegorie auf den Sommer sein (Abb. 69). Das gleiche sehen wir bei Károly Lötz auf den alle­gorischen Puttendarstellungen des Sommers in den Lunetten vom Palais Erdődy. Die Puttenfolge ist ein Beweis für Székelys Neigung zu theoretischen und praktischen Experimenten. Auf diesen Friesdar­stellungen vereinen sich Lebensphilosophie, Poesie und Schönheit. Aufbauend auf der Aneinanderreihung und dem Rhythmus von Gruppen, verfolgt er das Ziel, eine vollkommene Komposition zu schaffen, in der sich das Wesen der Kunst, so wie er es formulierte, wider­spiegeln kann: „Die Kunst ist eine Mitteilungsart, durch die jemand, der diese Mitteilungsart mit großer Mühe aus der Natur zusammenstellt, zu anderen spricht ... Die Beurteilung des Bildes erfolgt aufgrund seines Sinngehalts ... Es sind allgemeine Erinnerungs­bilder großer Wahrheiten, nach denen das Publikum urteilt, der Künstler muß also das, was er unter eben diesem Aspekt beurteilen lassen will, aus allgemeinen Erinnerungsbildern großer Wahrheiten zustande brin­gen. Kleinliche, äußerliche, oberflächliche, alltägliche Scheinwahrheiten zu bieten, reicht hier nicht aus." 221 Das Puttenfries symbolisiert den Lauf der sich ständig erneuernden Natur und darin enthaltend die Abschnitte des menschlichen Lebens, das heißt die „Wahrheit" des ganzen Menschenlebens, und der Künstler verwendet zu seiner Darstellung die univer­selle - auf klassischen Vorbildern fußende - Formen­sprache der europäischen akademischen Malerei. Nach der Fertigstellung der Wandbilder im Opernhaus erhielt Székely seinen nächsten Fresken-

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