Nagy Ildikó szerk.: Székely Bertalan kiállítása (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1999/2)

BAKÓ, Zsuzsanna: FORSCHUNGSBEITRÄGE ZUM OEUVRE VON BERTALAN SZÉKELY

Das Bild Quelle hat Székely scheinbar zu mehreren Gemälden ähnlichen Typs inspiriert. Sie haben alle eine ähnliche Naturumgebung als Hintergrund, der feine, sinnliche Rhythmus des Körpers zeigt verwandte Züge, doch vor allem fällt die intime Stimmung auf, die die gefühlsmäßige Bindung zur Romantik angibt. Eine solche romantische Auffassung zeigt der weib­liche Akt einer am Bachufer stehenden Frau, die den Kopf leicht neigt und die linke Hand zur Stirn erhebt. Das Bild trägt ebenfalls den Titel Quelle. Abwei­chungen erkennen wir teils in der Bewegung, teils in dem diesmal grünen Grundton des Werkes. Die Entste­hungszeit läßt sich wegen der kompositorischen und stilistischen Analogien und auch wegen des gleichen Titels ebenfalls auf die Jahrhundertwende datieren. Der gleiche Akttyp erscheint auf dem Bild Badende Frau, von dem es zahlreiche Fassungen gibt. Die Komposition hat der Maler - ähnlich wie bei Quelle ­in eine natürliche Umgebung versetzt. Als unter­schiedliches Element ist der Arm der Frau von einem Schleier bedeckt, der ihr in weichen Falten seitlich bis auf die Füße fällt. Von dem Gemälde befinden sich mehrere Varianten in Privateigentum. Sie zeigen nur Abweichungen in den Maßen, die Komposition und die zurückhaltende lyrische Stimmung ist auf allen Bildern die gleiche. Die Entstehungszeit ist auch hier wahrscheinlich die Jahrhundertwende, auf jeden Fall liegt sie vor 1905, da die große, vermutlich endgültige Fassung des Bildes auf einem Foto vom Atelier Bertalan Székelys aus dem Jahre 1905 zu sehen ist (Abb. 63).' 80 Die Reihe der Aktbilder wird mit einer mythologi­schen Darstellung abgeschlossen, die sich sowohl im Stil als auch im Geist und in der Technik von den übri­gen unterscheidet. Das Bild Venus ist eine heitere Schöpfung, geboren aus der Experimentierfreude Székelys, dieser immer für Neuerungen aufgeschlosse­nen Künstlerpersönlichkeit. Das kleine Keramikbild entstand - ebenso wie das Büdnis von Vilmos Zsolnay ­durch den Kontakt des Malers zur Porzellanmanu­faktur Zsolnay. Venus repräsentiert in Székelys Schaffen nicht nur vom Material her, sondern auch in der Auffassung etwas gänzlich Neues. Das ist die Sprache des Jugendstils, die um die Jahrhundertwende dominiert (Kat.-Nr.: 178, Kat.-Nr.: 174). DIE VON BERTALAN SZÉKELY AUSGEFÜHRTEN WANDBILDER „... Ruhm und Dank jenen, die die Idee anregten und die dieses Wunder in tausendfältigem Ringen und bit­terem Kampf zustande brachten und bewiesen, daß das wahre Fresko auch in Ungarn möglich ist ..." - mit diesen Worten begrüßte Gusztáv Keleti 1866 die Ausstellung der Wandgemälde der Pester Redoute und würdigte damit die Bedeutung des Ereignisses. 181 Der Freskenzyklus der Redoute war die Ouvertüre zu einer neuen Epoche, in der in Ungarn die monumentale Wandmalerei geboren wurde, die sich thematisch der Funktion des Gebäudes anpaßte, im Stil der äußeren Erscheinung des Bauwerks folgte und dem Ganzen als Zierde diente. Im Vergleich zu der zahlenmäßig gerin­gen, in bezug auf Darstellung und Programm gleicher­maßen bescheidenen Wandmalerei der ersten Hälfte des Jahrhunderts, die einerseits an früheren Stil­epochen und barocken Idealen festhielt, andererseits vom Puritanismus des Klassizismus gekennzeichnet war, bedeutete all dies einen wesentlichen Durchbruch. Da der Klassizismus an die antiken Schönheitsideale gebunden war, verlangte er im Grunde keine ein­heitlichen Wandverzierungen des Gebäudes. Dies galt für die kirchlichen und staatlichen öffentlichen Gebäude ebenso wie für die Schlösser, obwohl die Forschung wegen des lückenhaften Denkmalgutes kein vollständiges Bild von der Kunst jener Zeit geben kann. 182 Im Ergebnis der in den 1860er Jahren spür­baren Konsolidierung und des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Ausgleich zwischen Öster­reich und Ungarn (1867) wurde im ganzen Land, doch vor allem in der Hauptstadt eine Reihe von neuen öffentlichen Gebäuden und Privatpalais errichtet, die mit Wandgemälden geschmückt waren. Parallel dazu entfaltete sich ein bedeutendes Programm der Denkmalpflege. Dabei erhielten, sozusagen als Schlußakkord der Restaurierungsarbeiten, auch solche Gebäude Wandgemälde, die früher keine besessen hat­ten oder bei denen die alten Fresken zerstört waren und man die Schaffung von neuen Wandbildern für notwendig erachtete. 183 Diese Fresken entstanden im Rahmen des umfassenden Kulturprogramms des hi­storisierenden Akademismus, der von der ersten Hälfte des Jahrhunderts an allgemein verbreitet war und mit einigen Jahrzehnten Verspätung auch in Ungarn Einzug hielt. „In Europa ... kam es im Interesse der Kunst ... zu einer ungeheuren Reaktion ... Zu Tausenden wurden Zeichenschulen gegründet, und die Summen, die jährlich in jedem Land für Bildergalerien, Museen und die Schaffung großartiger Wandgemälde ausgegeben wurden, gingen in die Millionen ... Man erkannte, daß die große Kunst durch die Errichtung von Landesdenkmälern und durch die Verzierung der öffentlichen Paläste mit Wandge­mälden unterstützt werden mußte ... War es da ver­wunderlich, daß die Wellen dieser ungewöhnlichen Strömung auch uns erreichten ... ?" schrieb Gusztáv Keleti. 184 Die führenden Politiker des ungarischen Kulturlebens - vor allem József Eötvös und später Ágoston Trefort, außerdem Arnold Ipolyi, Mihály Horváth und andere Intellektuelle, die an der Ausar­beitung der Wandbildprogramme beteiligt waren ­erkannten die in dieser Kunstgattung verborgenen ide­ologischen und repräsentativen Möglichkeiten. Bei den Privatpalais kamen die Wandbildaufträge von der Aristokratie und zum Ende des Jahrhunderts dann zunehmend vom Bürgertum, bei den öffentlichen Gebäuden fungierten Kirche und Staat als Auftrag­geber. 185 Für letztere war die Gruppenarbeit in der Programmschöpfung typisch, Ablauf und Ausführung wurden von einer Kommission überwacht, die auch

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