Nagy Ildikó szerk.: Székely Bertalan kiállítása (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1999/2)
BAKÓ, Zsuzsanna: FORSCHUNGSBEITRÄGE ZUM OEUVRE VON BERTALAN SZÉKELY
die Qualität zu garantieren hatte. 186 Die wichtigste Aufgabe bei der Ausführung der Arbeit bestand darin, die Wandbemalung mit der Bestimmung des Gebäudes in Einklang zu bringen. Die Forderungen gegenüber dem Programm wurden von dem strengen akademischen Geist bestimmt, die Themen konnten aus den Themenbereichen gewählt werden, die die vaterländische, eventuell auch die europäische Geschichte, die Mythologie und die Kirche vorgaben. Im Hinblick auf die Entwicklung der ungarischen Wandmalerei in den 1860er Jahren kommt vor allem zwei Hauptwerken der frühen Periode, den Freskenzyklen in der Pester Redoute und im Nationalmuseum, Bedeutung zu, da sie eine Harmonie zwischen der nationalen und der europäischen Auffassung, zwischen der adlig-liberalen Geschichtsbetrachtung und dem universellen Denken formulierten. Das Programm für die Wandbemalung der Redoute (1864-1866) stellte - vermutlich aufgrund der Konzeption von Frigyes Feszi und Arnold Ipolyi - in den Gestalten der Fee Ilona und des Prinzen Argyrus einerseits die Zeitund Natursymbole der heidnischen Sagenwelt dar, andererseits interpretierte das zeitgenössische Publikum die Geschichte auch als nationale Urmythologie. Die Formulierung der Akteure zitierte jedoch Gestalten antiker Götter und Helden und vermischte auf diese Weise asiatische und europäische Motive, worauf bereits die zeitgenössische Kritik mit dem Verweis auf die Verflechtung des östlichen und des westlichen Kulturkreises aufmerksam machte. 187 Die Meister waren Mór Than und Károly Lötz, die ihre Werke in einem Geist schufen, der der Anschauung der Schule des Wiener Malers Karl Rahl - repräsentiert durch Christian Griepenkerl, Eduard Bitterlich, August Eisenmenger und Anselm Feuerbach - verwandt war. 188 Der Freskenzyklus des Nationalmuseums (1874) formulierte in etwas philosophischerer Auffassung ein ähnliches Ideengut. Die Initiative kam aus Wien, und es ist vorstellbar, daß auch bei der Erarbeitung des Programms Wiener Einfluß, vor allem der von Rudolf Eitelberg, mitspielte, ebenso ist aber auch die Einflußnahme von József Eötvös zu vermuten. Zehn Jahre zuvor hatte Eötvös als erster den Gedanken der Wandbemalung des Museums aufgeworfen. 189 Der Freskenzyklus stellt die Geschichte der ungarischen Nation dar. In Uhrzeigerrichtung verlaufend, werden die Ereignisse in chronologischer Reihenfolge von den Urzeiten über die Christianisierung der Ungarn bis hin zur Zeit von Maria Theresia illustriert. Den Schlußakkord bilden die Gründung des Nationalmuseums und die Zeit von Graf István Széchenyi. An den beiden kürzeren Seiten der Deckenfläche im Treppenhaus und im Zentrum sind allegorische Gestalten zu sehen, in der Mitte die symbolische Gestalt der Phantasie. Das Programm gibt die Geschichte der ungarischen Nation als Bestandteil der universellen Entwicklung wieder und baut mit der gemeinsamen Darstellung von allegorischen und konkreten historischen Szenen ein philosophisches System auf. Die gemeinsame Arbeit von Than und Lötz hat ähnlich hohes Niveau wie bei den Wandgemälden der Redoute und ist eine würdige Fortsetzung der ersteren Schöpfungen. Der Stil der Wandbilder zeigt auch hier zahlreiche verwandte Züge mit den Arbeiten der Künstler der Rahl-Schule, z. B. dem Deckengemälde im Speisesaal des Palais Todesco, einem gemeinsamen Werk von Rahl und Griepenkerl, oder 190 Nach diesen beiden frühen grandiosen Werken tauchte von staatlicher Seite her der Wunsch nach Begründung einer ungarischen Freskenmalerschule von europäischem Rang auf. Beginnend mit der zweiten Hälfte der 1870er Jahre werden zahlreiche neue öffentliche Gebäude errichtet, die mit Wandmalereien geschmückt werden sollen. So sind die ungarischen Meister recht intensiv beschäftigt. Der bevorzugte Stil der neuen Bauwerke und ihrer Innendekoration ist die Neorenaissance. Die Darstellungen sind überwiegend Allegorien, die die Künstler nach Handbüchern malen. 191 Zu den herausragenden staatlichen Aufträgen gehören u. a. die Wandmalereien der Universitätsbibliothek (1874-1876), des Leopoldstädter Gymnasiums (1875-1876) und des Ostbahnhojs (1884). Alle drei Aufträge werden von Mór Than und Károly Lötz in gemeinsamer Arbeit ausgeführt. Das Hauptwerk der 1880er Jahre ist das Opernhaus (1882-1884), dessen Innendekoration, angepaßt an die NeorenaissanceArchitektur, Wandgemälde im Stil der Hochrenaissance umfaßt. Da an diesen Arbeiten auch Bertalan Székely beteiligt war, werden wir später ausführlicher auf diese Fresken zurückkommen. Von den großangelegten Bauwerken und Wandmalereiaufträgen der neunziger Jahre ist das bedeutendste Werk das Gebäude der Ungarischen Akademie der Wissenschaften (1891), dessen Programm im Gegensatz zu dem des Opernhauses die wichtigsten Persönlichkeiten aus der ungarischen Geschichte und der Kunstgeschichte verewigt. Ausführender Künstler ist wieder Károly Lötz, der hier bereits im Zeichen der staatlichen Repräsentation den ungarischen Reichsgedanken in einem feierlichen, erhabenen Ton wiedergibt. Zu den Bauwerken und den Wandmalereien der 1890er Jahre, die der staatlichen Repräsentation dienten, gehören auch das Gebäude der Kurie (Gerichtspalast, 1895), malerisch ausgestaltet von Károly Lötz, und der Freskenzyklus des Parlaments (1895-1896), eine gemeinsame Arbeit von Károly Lötz, Andor Dudits, Mátyás Jantyik und Aladár Körösfői Kriesch. Neben diesen staatlichen Aufträgen entstanden auch in zahlreichen Privatpalais Wandgemälde, zumeist mit allegorischen und mythologischen Themen. Hier sind u. a. das Palais Lipthay (1874), das Palais Károlyi (1887), das Palais Lánczy (1889) und das Palais Wodianer (1889) zu nennen, die alle von Károly Lötz ausgestaltet wurden. Im Vergleich zu den weltlichen Gebäuden ist die Zahl der sakralen Bauten mit Wandmalerei wesentlich geringer. Hervorzuheben sind die Fresken in der Pfarrkirche der Franzenstadt, in der Matthiaskirche und im Dom zu Pécs. An den Wandmalereien der beiden letztgenannten Kirchen hat neben Károly Lötz auch Bertalan