Nagy Ildikó szerk.: Székely Bertalan kiállítása (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1999/2)

BAKÓ, Zsuzsanna: FORSCHUNGSBEITRÄGE ZUM OEUVRE VON BERTALAN SZÉKELY

barocken Vorbildern geschaffene Komposition be­zeichnen. Die Gestaltung der Putten, die den Heiligen umgeben, und der im unteren Teil des Bildes gemalte Prager Stadtteil bezeugen die vollkommene Meisterschaft des Künstlers 149 (Abb. 54). Noch im gleichen Jahr malte Székely für die Kirche in Nagybecskerek ein weiteres Bild. Es trägt den Titel: Madonna mit dem Jesuskind (Abb. 55) und befindet sich auch heute in der Kirche von Nagybecskerek, wo es einen der Nebenaltäre schmückt. 150 Zeitgenössische Quellen erwähnen das Bild nicht, aber es war 1911 auf der Œuvre-Ausstellung in der Budapester Kunsthalle zu sehen, und hier wurde auch die Kirchengemeinde als Eigentümer erwähnt. Zusammen mit dem Altarbild war noch eine kleine Ölskizze des Gemäldes aus­gestellt. 151 Die Tatsache, daß die Bilder gemalt wurden und Székelys Autorenschaft sind also nicht strittig. 152 Aufgrund der vorliegenden Reproduktion ist das Gemälde eher nach Renaissance-Vorbildern ent­standen. Die Komposition ist einfacher als bei dem Hochaltarbild. In der künstlerischen Gestaltung zeigt es - vielleicht unter dem Einfluß der Nazarener - eine tiefere Identifizierung mit dem Thema und ein aufrichtiges emotionelles Erleben. 153 Zu diesem Themenbereich gehört weiterhin die in unserer Ausstellung gezeigte Skizze Golgatha (Kat.-Nr.: 126). Wann das Bild gemalt wurde und wer es bei Székely bestellte, konnte noch nicht geklärt werden. Die Behauptung, die Skizze wäre irgendwo als Altarbild realisiert worden, ist eine bloße Vermutung, denn im Katalog der Ausstellung von 1911 kommen zwar zwei Bilder unter dem Titel Christus am Kreuz vor, beide Bilder sind aber als Skizzen aufgeführt. 154 Zu erwähnen ist noch eine bisher nur auf schriftliche Quellen gestützte Angabe, wonach Székely auch für die evangelische Kirche im I. Stadtbezirk von Budapest ein Altarbild mit dem Titel Christus segnet das Brot malte. Eine Skizze des Bildes kam in der Ausstellung von 1911 vor, mit der Anmerkung, daß sich das Original im Besitz der Kirchengemeinde des I. Stadtbezirks befindet. 155 Die bisher behandelten Altarbilder entstanden alle vor Beginn der großen Wandmalereiarbeiten Székelys. In bezug auf Thema, Formengut und Stil gehören sie zum Neorenaissance- und Neobarockstil beziehungs­weise zum Stilbereich der Nazarener und lassen sich von den zahlreichen Öl-, Tempera- und Zeichen­skizzen zu den Wandgemälden ziemlich gut abgren­zen. Abgeschlossen wird die Reihe der Altarbilder des Künstlers von einem zeitlich wesentlich später ent­standenen Werk. 1897 malte Székely für die evange­lische Kirche in Miskolc ein Altarbild mit dem Titel Christus auj dem Ölberg. 156 Obwohl das Gemälde aus seiner späten Schaffensperiode stammt, aus der Zeit, in der die Wandgemälde entstanden, kann es ebenfalls mit den Traditionen der Nazarener in Zusammenhang gebracht werden (Abb. 56). MYTHOLOGISCHE UND AKTKOMPOSITIONEN Ein Gebiet, auf dem sich die theoretische Veranlagung des Pictor doctus Bertalan Székely äußerte, war die mitunter in mythologischem Gewand erscheinende Aktmalerei. Die beiden Kunstgattungen, die mytholo­gische und die Aktmalerei, waren im 19. Jahrhundert zunächst eng miteinander verflochten, später drängte der Akt - der allmählich einen legalen Weg zum Publikum fand - die inhaltlich und formal häufig umständlichen mythologischen Darstellungen immer mehr in den Hintergrund. 157 Im letzten Drittel des Jahrhunderts wurde der Akt dann zu einer selbständi­gen Kunstgattung und war auf den mildtätigen Schleier der Mythologie nicht länger angewiesen. Der Anteil der beiden Themen im Œuvre von Székely ver­anschaulicht sehr gut diesen Prozeß. Das mythologi­sche Thema repräsentieren die Bilder Leda und Venus, während das Gemälde Badende Frau und zahlreiche Varianten des Bildes sowie Japanerin und Quelle die Aktdarstellungen dieser Themengruppe sind. Obwohl sich die Werke alle um die wenigen genannten Typen gruppieren, ist ihre Zahl insgesamt doch sehr hoch. Der Grund dafür ist in einer speziellen Verflechtung von Theorie und Praxis zu suchen, die die schöpferische Methode Székelys in diesem Themen­bereich kennzeichnet. Einzelne Kompositionen reifen in seinem Schaffen jähre-, manchmal jahrzehntelang und erreichen erst nach einer Vielzahl von Studien und Skizzen die endgültige Fassung, andere kommen zuerst als fertiges Werk zustande und beschäftigen den Künstler dann noch jahrelang als Problem. Den Skizzen fügte er eine ganze Reihe von schriftlichen Notizen bei, die eine Kette von Regeln, Gesetzmäßig­keiten und Entdeckungen aus seiner schöpferischen Tätigkeit beinhalten, aus denen er die Theorie ableite­te. 158 Diese Theorien probierte er in der Praxis aus, in dem er immer neue Themenvarianten erarbeitete. Das gilt fast für alle Werke dieses Gattungsbereichs, ins­besondere aber für Leda, Japanerin und Quelle. Zu allen drei Themen fertigte er Dutzende von Aufzeichnungen und Skizzen an, die sich auch auf die kleinesten Details der Komposition, auf Probleme der Farbmischung, der Untermalung und der Lasur erstrecken. Außer den Anmerkungen zu den einzelnen Werken stellte er - im Laufe seiner Lehrtätigkeit ­auch allgemeine Regeln für das Aktmalen auf, so zum Beispiel: „Begonnen wird die Zeichnung mit Kohle, wobei die Spitze des Kopfes und das Ende der Füße zu markieren und mit langen Linien das Ganze in einigen Strichen zu skizzieren ist ... um 2 Uhr beginnt dann der Unterricht, zwei Stunden in ordentlicher Weise und in der noch verbleibenden Stunde ... eine schnelle Skizze von zwei neuen Akteinstellungen. Derartige Übungen mit der Figur helfen bei der Handhabung entsprechend unserem ideellen Ziel ... was der eigentliche Zweck des Aktzeichnens ist." 159 Den letzten

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