Nagy Ildikó szerk.: Székely Bertalan kiállítása (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1999/2)

BAKÓ, Zsuzsanna: FORSCHUNGSBEITRÄGE ZUM OEUVRE VON BERTALAN SZÉKELY

Blättern bestehenden Lithographien-Folge für ein hi­storisches Werk von Gusztáv Wenzel aus, die die für wichtig erachteten Ereignisse der ungarischen Geschichte von der Landnahme bis zum Aussterben des Arpadenhauses festhielt. 9 Der Zyklus wurde durch Erklärungen von Gusztáv Wenzel ergänzt, der als Rechtsgelehrter tiefgehende Forschungen zu Literatur und Geschichte anstellte. 10 Die Lithographien wurden von den Historienmalern als Vorlage benutzt, sie ent­nahmen ihnen sowohl Themen als auch komposi­torische Einfälle. 11 So beeinflußten sie unter anderem die Arbeiten von Mihály Szemlér, Béla Vizkeleti, Henrik Weber und Bálint Kiss. Auf diese Weise kam jene Periode der ungarischen Historienmalerei dem narrativen Stil der Wiener Genrebildmalerei nahe. 12 Bertalan Székely traf im August 1859 mit Skizzen zu seinem Gemälde Ludwig II. und dem Entwurf zu einem Bilderzyklus der ungarischen Geschichte, mit dem er ein „Nationalepos" erschaffen wollte, in München ein. 13 Da er aus Platzmangel nicht an der Kunstakademie aufgenommen wurde, mietete er sich ein Atelier und arbeitete weiter an seinem ersten Historienbild. Angesichts seiner Startschwierigkeiten wandte er sich in einem Brief an den Komi­tatsobergespan Graf Hunyad Kuun Kocsárd und bat ihn um Hilfe: „Ich spüre in mir die Kraft, meiner Nation von Nutzen sein zu können und auch in der Kunst Anerkennung zu erringen, wenn ... ich regel­mäßig studieren könnte. An Euer Hochgeborenen als einen jener Männer des Vaterlandes, die erkannt haben, daß die Nation außer der politischen auch eine wissenschaftliche und künstlerische Selbständigkeit braucht ... wende ich mich und bitte hiermit recht ergeben das Vaterland, mich einige Jahre zu unter­stützen ..." 14 Aus Székelys Worten klingt aufrichtige Entschlossenheit, Willenskraft und der Wunsch, etwas für das Vaterland zu tun. Wir erkennen deutlich seine patriotische Erziehung und seine Absicht, eine eigen­ständige nationale Kunst zu erschaffen, die für ihn gleichbedeutend mit der Historienmalerei war. Das können wir auch den folgenden Zeilen des Briefes ent­nehmen: „... ich möchte mich mit den Themen Dobozi (im Sinne: lieber Tod als dem Feind in die Hände fal­len), Frauen von Eger (im Sinne: auch die Frauen kön­nen etwas für das Vaterland tun) und Zrínyi als größere Gemälde befassen, und das kostet sehr viel. Zur Deckung meiner Unkosten richte ich dies Ersuchen an meine Nation." 13 Seit der Aufarbeitung seines Jugendtagebuches wissen wir, daß die meisten Bildideen und die ersten Skizzen zu seinen späteren Historienbildern aus den Jahren 1857-1860 stammen und er sie nur infolge seiner schwierigen Lebensum­stände nicht verwirklichen konnte. 16 Sein Plan einer historischen Bilderserie muß aber allgemein bekannt gewesen sein, denn József Eötvös erwähnt 1862 in seinem Brief an Gusztáv Keleti: „... heute ist eine Sendung von Székely eingetroffen ... und die nach seinem Bild entstandene Photographie, und noch mehr sein Brief interessieren mich sehr ... Ich freue mich, daß er mir darin von seiner Bilderfolge berichtet, mit der er beschäftigt ist, ich hielte es für zweckmäßig ... wenn ich ihm für die einzelnen Bilder Aufträge ver­schaffen könnte." 17 Székely mag Eötvös erstmals 1861 geschrieben haben. Sein Brief ist zwar nicht überliefert, wir kennen aber die Antwort von Eötvös, aus der her­vorgeht, daß Székely ihn mit seinem Plan für eine hi­storische Bilderfolge bekannt machte, worauf Eötvös wie folgt reagierte: „Ich teile voll und ganz Ihre Ansicht über die Aufgabe der Historienmalerei ... Ihre Idee, wonach die Berufung dieser Gattung der Malerei gleichzusetzen ist mit der Erschaffung eines National­epos, ist ebenso richtig, wie neu, und Sie können von Ihrer Überzeugung selbst nicht mehr durchdrungen sein, als ich es bin, daß nämlich die Malerei unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, eme ebenso gewaltige und wohltuende Wirkung auf die Entwick­lung unserer Nation ausüben könnte wie die Poesie und daß dementsprechend die Errichtung einer nationalen Bildergalerie ähnlich der in Versailles die allerersprießlichste Wirkung haben könnte. Was jedoch die praktische Ausführung dieser Idee anbe­langt, so muß ich diesbezüglich mit Bedauern meine feste Meinung äußern, daß ich sie im gegenwärtigen Augenblick für ebenso unmöglich halte, wie sie mir wünschenswert erscheint." 18 In dem Brief, den Bertalan Székely 1860 an Kuun Kocsárd schrieb, erwähnte er drei der vorgesehenen Historienbilder: Dobozi, die Frauen von Eger und Zrínyi. 19 Wenn wir berücksichtigen, daß zu dem Zeitpunkt das Bild Ludwig II. schon vollendet war, dann fällt auf, daß alle vier Bilder ein Thema aus der Zeit der Türkenkriege haben, und hinzukommt auch noch das Gemälde Die Schlacht von Mohács. Es befassen sich also fünf der realisierten sieben Gemälde mit dieser Periode. Die Zeit der Türkenkriege war für die Historienmaler ein dankbares Thema, es wurde im 19. Jahrhundert von vielen auf vielfältige Art verwendet und diente verschiedenen Zwecken. In den 1860er Jahren waren es vor allem die deutschen und öster­reichischen Maler, die in dem Thema den heldenhaf­ten und entschlossenen Widerstand, den bis zum äußersten gehenden, erbitterten Kampf suchten und derartige Szenen darstellten. 20 Székely widmete dem Thema besondere Aufmerksamkeit, und die Gründe dafür nannte er teils selbst, als er, enttäuscht von der Münchener Richtung der Kunstgattung, seine eigenen, etwas widersprüchlichen Gedanken zur Historien­malerei darlegte: „... diese [die Münchener, Zs. B.] und andere Historienmalerei hat keine Zukunft, da es erst einmal wenig Gegenstände gibt, die auf die Weltgeschichte Einfluß hatten - und die zugleich von der Malerei symbolisiert [sie!] werden können." 21 Abgesehen davon, daß Székely schließlich sein ganzes Leben der Historienmalerei widmete, hielt er an den damals - die zitierten Zeilen sind vom November 1861 - gewählten türkischen Themen fest, und ein aus­schlaggebender Gesichtspunkt dafür war mit Sicherheit ihre mehrfache Interpretationsmöglichkeit. Die Verteidigung des Vaterlandes gegen die Türken war ein Opfer, das nicht nur für das Land, sondern für

Next

/
Thumbnails
Contents