Nagy Ildikó szerk.: ARANYÉRMEK, EZÜSTKOSZORÚK, Művészkultusz és műpártolás magyarországon a 19. században (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1995/1)
TANULMÁNYOK / BEITRÄGE - KIRÁLY Erzsébet: „Laudatio artis" 19. századi képzőművészetünk dicséretének egykorú emlékei
priesenen Statuengegenstände lebten, atmeten, sprachen, beklagten sich. Ihr dichterisches Anreden bildet einen rhetorischen Kunstgriff: die vollkommene künstlerische Kreatur ist gleichwertig mit derjenigen der Natur. Das ist ein gemeinsamer Gedanke des Klassizismus und der Romantik, dessen Ursprung sich wiederum im Altertum finden läßt. Zahlreiche allgemeinbekannte Künstlerlegenden und Kunstgegenstandsepigramme vererbten von Zeitalter zu Zeitalter das Erlebnis des Staunens über die täuschende Kraft der Meisterwerke. 25 Das Meisterstück bedeutete in der ungarischen allgemeinen Denkart der 1820er Jahre eher nur ein prachtvoll gestaltetes Werk, das heißt einen mit einer vollkommenen Gewerbekenntnis, einwandfrei verfertigten Gegenstand. Die schon vorhanden gewesene Apostrophierung „Genie" hat zur selben Zeit hauptsächlich den durch Regeln sich nicht binden lassenden und aus der klassizisierenden Normenwelt sich herauslösenden Dichter betroffen: ein Kunstmaler oder ein Bildhauer wurde noch nicht so genannt. Ferenczy ist vermutlich der Erste von den Betreibern der bildenden Künste, den die Literaten in einen sich schon entfaltenden romantischen Geniekult einzubeziehen versuchten. Dieser Geniekult entwuchs organisch dem klassischen Ruhmbegriff und den traditionellen Riten der Verherrlichung, wo man ja noch die Verdienste mit dem dreifachen Kriterium des Wissens, der Tugend und der Vaterlandsliebe gemessen hat. Die Erfüllung dieser zusammengesetzten Norm in der Kunst Ferenczys lobten jene beiden Schulgedichte, die von Debreziner Theologiestudenten zum Anlaß der Einweihung des aus Rom gesandten anderen Werkes, des Csokonai darstellenden Porträts, geschrieben wurden (Abb. 2). Dieses Werk hat der Bildhauer dem Debreziner Kollegium zugedacht, wo Csokonai gelernt und später auch gelehrt hatte. Die erwähnten Gedichte sind bei der Gelegenheit der Ankunft des Geschenks und seiner feierlichen Aufstellung im „Bücherhaus", das heißt in der Bibliothek, im März des Jahres 1823 entstanden, und verbreiteten sich in einem kleinen Heft gedruckt. Beide sind aus alkäischen Strophen aufgebaute Oden. Das Gedicht von Sámuel Szeél 26 beginnt mit der Lobpreisung von Rom, wo das Meisterwerk verfertigt wurde. Rom habe die alten großen Geister gegeben, diese Stadt sei zugleich auch die Heimat des neueren Geschmacks. 27 König Matthias, „der erste damalige Stern Europas", habe ebenfalls in Rom die ersten Wissenschaftler ausbilden lassen, und jetzt verbreite sich der Ruf von Ferenczy ebenda. Nach dem geschichtlichen Exkurs widmet der Dichter dem Lobe der schöpferischen Tätigkeit Ferenczys drei Strophen. Er läßt in ihnen auch die Anspielung fallen, daß Ferenczy nicht nur am Markte der Meisterwerke, das heißt im künstlerischen Wettbewerb, sich behaupten müsse, sondern auch gegenüber seinen „gelehrten Meistern", das heißt gegenüber Thorwaldsen und Canova. Dem Dichter Csokonai wird bloß ein indirektes Lob zuteil; er ist nur eine unter den großen Gestalten der Nation, die die Meisterhand aus der Vergessenheit zurückgebracht hat. Die letzten fünf Strophen ermuntern den der Vergänglichkeit trotzenden Künstler, „den Praxiteles unseres Vaterlandes", auf seiner Laufbahn nicht nachzulassen: er möge seiner Nation Licht und Kranz bringen, indem er derart auch seinen eigenen Verdiensten eine Säule erhebe. Die Ode von József Vetsei 28 beginnt mit dem Lob des Friedens. Nach Ungarn seien die Musen des Helikons, bis zum Auftritt von König Matthias, wegen der ständigen Kriege nicht gerne gekommen. Die Gegenwart gehöre jedoch dem ständigen „Hübscherwerden" 29 , und es sei das Verdienst des Königs Franz, daß der verstorbene Csokonai jetzt eine mit Lorbeer bekränzte Statue erhalten könne. Gleicherweise verdiene der Palatin Joseph ein Lob, der dem Beispiel des Königs folgend auch die sanftmütigen Wissenschaftler, daß heißt die Künstler, mit Kranz auszeichnet. Dem Autor des Gedichts zufolge konnte Ferenczy aus ihrer Gnade die Büste des „Recken", das heißt Csokonais, in Marmor schneiden. Für diese Tat bekränzt Kalliopé, die Muse der Dichtkunst, hiermit auch ihn, den Bildhauer. Die Namen von Csokonai und Ferenczy sind zusammengewachsen: solange die Gedichte des Dichters in unserem Vaterland gelesen werden, solange wird man auch seinen Verewiger im Munde führen. In den beiden Gedichten häufen sich sozusagen die Reminiszenzen von Horaz und die klassischen Gemeinplätze der Verherrlichung. Durch sie erhalten wir einen Einblick in die auf latinitas und humanitás fundierte Ideenwelt der Schulerziehung des Anfangs des verganenen Jahrhunderts. Die Befolgung des Musters bildet ein bewußtes literarisches Unternehmen: die kultische Verehrung und Nachahmung von Horaz hatte die am Ende des 18. Jahrhunderts blühende lateinschülerische Dichtung 20 charakterisiert, deren späte Triebe die obenerwähnten Oden bilden. Sie wurden zur feierlichen Unterbringung einer Statue verfertigt, sie sind also Gelegenheitsgedichte, in denen, dem Gebrauch des Zeitalters gemäß, eher die über kleinere Aussichten verfügenden oder anfangenden Poeten sich erprobt hatten. Die Kritik der Gelegenheitsgedichte hatte schon Csokonai selber gegeben. Diese nennen, ihm zufolge, auch die Deutschen spöttisch Gelegenheitsgedichte, und sie sind stets verdächtig, oder mindestens selten glücklich. Das Ankommen eines vornehmen Gastes, eine Siegesfeier, Geburt, Heirat, Abschiednehmen, die alle drängen nach Csokonai „die unbestellten Barden", „die am mit Holunder bewachsenen Fuße des Helikons eine Handarbeit treibenden Gedichtfabrikanten" zu einer raschen Arbeit. Zur Dichtkunst, sagt er, zu den schönen Künsten, ist jedoch ein Genie nötig, sowie Vergnügtheit, was der Deutsche als Laune bezeichnet, und auch Phantasie und ein richtiges Urteil. 31 Diese mit einem lateinschülerischen Eifer geschriebenen, sanftmütigen Gedichte haben in Ferenczy nicht eben den sich zu freien Phantasien emporschwingenden Genius besungen. Sie lobpriesen den Typ des an antiken-antikisierenden Werten hängenden., soliden Künstlers, der für seinen Ruf, für sein Avancement etikettenartig seinen Mäzenen, den vorgesetzten Notabilitäten, dem Hofe und auch dem Herrscher gegenüber zu Dank verpflichtet ist. In den 1820er Jahren, zu einer Zeit, wo das schöpferische Individuum immer mehr zur Geltung zu gelangen begann, war dies wahrhaftig eine sich im Entschwinden befindende Ideenwelt, allein Ferenczy war in diese Welt hineingewachsen, und eigentlich ist er auch später aus ihr nicht herausgetreten. Nach seiner Rückkehr nach Ungarn im Jahre 1824 brach auch die Erfolgsserie ab. Zwar erhielt er noch Ermunterung - hauptsächlich von Schriftstellern -für die Fortsetzung, aber er konnte sich über die Tatsache nicht hinwegsetzen, daß Pest und Ofen nicht Rom waren, daß man seine künstlerische Sprache hier immer weniger sprach; das mit einem neuen Maß messende Zeitalter konnte hingegen nicht umhin, über ihn hinwegzuschreiten. Seine Wahl zum Mitglied der