Nagy Ildikó szerk.: ARANYÉRMEK, EZÜSTKOSZORÚK, Művészkultusz és műpártolás magyarországon a 19. században (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1995/1)

TANULMÁNYOK / BEITRÄGE - KIRÁLY Erzsébet: „Laudatio artis" 19. századi képzőművészetünk dicséretének egykorú emlékei

nach ein-zwei Jahrzehnten vergessen sein wird. Der Marmor und die Arbeit des in einem griechischen Geschmack tätig gewesenen Künstlers spottet des Sturmes der Zeiten: die Sprache und der Geschmack der Nation werden sich stets ändern, veredeln, und unsere Jünglinge werden uns Alte völlig, und zwar bald, in den Schatten stellen." 18 Das Licht bedeutet in diesem Kontext das Licht des Ruhmes, zugleich aber auch den die Helligkeit bringenden Geist. Der Gedanke der Aufklärung verknüpft sich hier mit der Betonung der im Marmor symbolisierten Unvergänglichkeit der klassi­schen Werte. Eine noch größere Anerkennung als in diesem nicht für den Privatgebrauch geschriebenen Brief hat ein Künstler bis dahin noch nicht erhalten. Die Geste von Kazinczy ist nicht nur deshalb beachtenswert, weil sie in dem seit langem bekannten Kampfe zwischen der Sprache und der Hand auf eine neuartige Weise für Gerechtigkeit sorgte, sondern auch wegen persönlicher Gründe. Zwischen ihrer beiden Bildung und besonders ihrer künstlerischen Bewußtheit klaffte eine tiefe Kluft, ja selbst im Kunstverständnis und in der Herausbildung der Prinzipien des modernen Kunstsammelns kam dem Schriftsteller die von der ganzen Gesellschaft respektierte Führerrolle zu. 19 Die von ihm gekommene laudatio konnte für einen größeren Stolz Grund geben als das Lob von jedem anderen Menschen. Im Falle von Ferenczy hat sich Kazinczy nicht einfach auf die Spur eines sich formenden Mythos eingelassen, sondern er selber war einer der allerersten Formenden des Mythos gewesen. Indem er die nach Hause geschickten Briefe des Bildhauers exzerpierte, hat er die Biographie des ohne „die römische Sprache und Literatur" aufgewachsenen, einstigen Schlosserjungen zusammengestellt, in einer würzigen Sprache, ja sogar mit einer feinen Ironie, doch zugleich mit aufrichtiger Begeisterung. Die Geschichte des Beginns der Laufbahn klang in seiner Rhetorik derart: „Ferenczy ist jetzt nach Rom gegangen, nicht um Rom, sondern um Canova zu sehen. Der ungelernte Jüngling hat es vielleicht überhaupt nicht gewußt, daß der jetzige einzige Wärter der Künste Rom sei. w . Canova hat ihn selber nicht einmal vor sich gelassen, und ließ ihm ausrichten, daß er weitergehen möge. ... Jetzt klopft er an der Tür von Thorwaldsen. Dieser selber ist ein isländischer Mensch, und er war nicht so hoffärtig. Er nahm ihn auf. Seine Burschengefährten gingen zwei Wochen lang nicht einmal in die Nähe seines Zimmers, wohin Thorwaldsen ein Stück Marmortafel hineinschickte, damit er darauf mache, was er will. Der plumpe Mensch begann eine Venus zu schneiden en bas relief, und er hatte eine große Angst davor, daß Th. ihn verprügeln würde, wenn sie schlecht ausfallen sollte. Ein wie gutes Ding ist manchmal ö\e Armut. Doch nur manchmal. Einmal kommt einer seiner Gefährten hinein zu ihm, und erblickt seine Venus. Er läuft, er gibt Nachricht den anderen. Th. hört die Nachricht, kommt hinein, und sieht sie, und er befiehlt, daß man den Marmor hinter ihm bringen soll. Er ging geradewegs zu Canova, um sich zu bedanken, daß Canova den rechtschaffenen Schüler ihm überlassen hatte. ... Ferenczy hat bald einen so großen Ruf für sich erworben, daß auch die Tochter des Luzian Bonaparte durch F. ihre Büste schnitzen ließ; und dies ist viel, weil Luzian B. kennt die Werke der Künstler, und er hätte in Rom außer Ferenczy auch einen anderen Menschen erhalten können, dem er dies anvertraut hätte." 20 Kazinczy mochte sich darüber wohl klar sein, daß er mit dieser Variante der Geschichte den seit dem Altertum sich vermehrenden Künstlerlegenden eine neue zugelegt hat. Das Lob ist hier ein zweifaches: einerseits richtet es sich an den die Schranken seiner Geburt bezwingenden Menschen - dahinter steckt wohl das Beispiel der plebejischen Dichterriesen des römischen goldenen Zeitalters als Topos -, andererseits aber richtet es sich an die Erziehung und die Bildung, von der die Aufklärung so viel erhofft hatte. In Künstlerkreisen hatte die Ehrenbezeigung auch mehr spektakuläre und spielerischere Manifestationen. Es geschah im Jahre 1830 im Hause von András Fáy, daß Ferenczy eine kleine Zeremonie improvisierte. Mit der Erklärung, daß man in Rom die schriftstellerischen oder künstlerischen Verdienste bekränzen pflege, legte er - da es kein anderes grünes Laub gab - einen aus Trauerweidenzweigen geflochtenen Kranz auf den Kopf von Kazinczy. 21 Dies war die Gegengeste der bildenden Künste gegenüber der Literatur. Hinter der scherzhaften Szenierung dieser heute ein Lächeln entlockenden Szene konnten sich ernste Gefühle verbergen: der bejahrte Dichterfürst empfing die Huldigung mit tränenvollen Augen und umarmte feierlich ringsum seine Künstlergefährten. Zum Hirtenmädchen fühlte Kazinczy, wie er es seinem Schützling schrieb, nicht ein sich reimendes, sondern ein mit skandierten Zeilen versehenes und dem griechischen Geschmack entsprechendes Gedicht als gehörig. Andere Dichter veranlaßte dieselbe Statue zu einer Dichtung neueren Typs. Im Jahre 1 824 hat man in Ofen das an die Statue geschriebene Sonett von Mihály Kovacsóczy 22 gedruckt. Am Deckblatt des Heftes ist eine mit Lorbeer bezogene Laute sichtbar, an der inneren Seite befinden sich die zur Liebe des Vaterlandes anspornenden Zeilen von Schiller. In der ersten vierzeiligen Strophe lobt der Dichter das zum Sprechen lebendige Mädchen, von dem man nicht einmal wissen könne, ob es ein Kunstwerk sei oder die aus Arkadien gekommene Wirklichkeit. In der zweiten vierzeiligen Strophe erzählt das zum Reden gebrachte Mädchen „mit der Sanftmütigkeit des Hirtengesanges", weshalb und wovon es gekommen war: sein Schöpfer, dieser hier noch nicht genannte „Patriot" habe es als Begrüßung und zugleich als ein für die Nation bestimmtes „Opfer" gesandt; so sei es unter die Obhut Hunniens geraten. Die erste Terzine lobpreist das mit dem Mädchen hierhergezauberte antike Griechenland und Rom, die erste Zeile der zweiten Terzine den Palatin Joseph 23 , der mit der Unterstützung der Künste in die Fußstapfen der Medicis getreten war, die zweite Zeile die in der Röte der Morgendämmerung erwachende Heimat, und die letzte Zeile den Weihrauch verdienenden Ferenczy. Die Entstehungsgeschichte des Hirtenmädchens, seine allegorischen Inhalte, die Schönheit seiner Form haben das auf die bildende Kunst immer mehr achtgebende Publikum tief beschäftigt; es hat wahrscheinlich viel mehr Gedichte inspiriert, als von welchen wir heute wissen. Ich bin der Meinung, daß auch ein Epigramm von Mihály Vörösmarty, aus dem Jahre 1 836, mit dem Titel An eine Bildstatue dem Hirtenmädchen gewidmet war. 24 Dieses Gedicht gründete sich auf das Motiv der verborgenen Liebe in der Statue: nicht die Hand eines Künstlers habe das Mädchen geschnitzt, vielmehr der vorzeitige Abschied habe es zu Stein erstarrt. Die Auffassung der Statue als lebender Organismus war in allen drei bisher behandelten Gedichten anwesend. Die hochge-

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