Nagy Ildikó szerk.: ARANYÉRMEK, EZÜSTKOSZORÚK, Művészkultusz és műpártolás magyarországon a 19. században (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 1995/1)

TANULMÁNYOK / BEITRÄGE - KIRÁLY Erzsébet: „Laudatio artis" 19. századi képzőművészetünk dicséretének egykorú emlékei

ERZSÉBET KIRÁLY „Laudatio artis" Die einstmaligen Andenken des Lobes unserer bildenden Kunst des 19. Jahrhunderts I. EINLEITUNG: DIE FESTREDE UND DER FESTGESANG IN DER KLASSISCHEN ANTIKE Der populäre Sophist und Rhetor von der Wende des 5. und 4. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung Gorgias ist die titelgebende Gestalt eines der Dialoge von Piaton. Sokrates erkundigt sich bei ihm darüber, worin eigentlich seine Kunst bestehe. In seiner Antwort behauptet Gorgias nichts Geringeres als daß er über das höchste Gute, über die Fähigkeit des Redens verfüge, dies bedeute aber Macht. Im Besitze dessen könne man die Richter am Gerichtshof, die Ratsmitglieder im Rate, die Bürger an der Volksversammlung überzeugen. 1 Jenes Zeitalter hat die Prozeßreden, beziehungsweise die politischen und feierlichen Ansprachen schon voneinander abgesondert betrieben 2 , was nicht zuletzt Gorgias zu verdanken ist, der auch eine theoretische Arbeit geleistet hatte. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Redearten waren jedoch nicht unüberschreitbar gewesen. Die auf Beschlüsse, auf Entscheidungen wartenden privaten und öffentlichen Angelegenheiten reichten bisweilen ineinander, und beide mußten mit einer wirksamen, gut aufgebauten oder sogar ergötzenden Rede unterstützt werden. Jede gute Ansprache strebte nach dem Erlangen des allgemeinen Beifalls der Zuhörerschaft, doch nur die vor einer große Massen umfassenden feierlichen Versamm­lung (panegyris) erklungene Rede, der panegyrikos trat mit dem Anspruch auf, ausdrücklich der Seele und dem Ohre zu gelten. Das praktische Gewerbe des Nützlich-Redens hat sich, indem es in dieser Kunstgattung in ein „Geschmückf-Spre­chen, in eine Beredsamkeit einschwenkte, eher an die Dichtkunst genähert. Die Schauplätze der panegyrikoiwaren hervorra­gende Kultstätten - Delphoi, Olympia, Athen - gewesen. Die große Öffentlichkeit erforderte hier ein rednerisches Auftreten, das womöglich jeden Menschen ansprach, und zwar mit einer der Festlichkeit würdigen Gehobenheit. Deshalb haben sich die veranschaulichbaren, die vorweisbaren Taten und Eigenschaften als geeignete Gegenstände dargeboten, wie zum Beispiel die dem Allgemeinwohl dienenden Handlungen, Tugenden der Anwesenden oder einer hervorragenden Persönlich­keit. Die panegyrischen Reden machten reichlich von der Vorweisung der aus der geschichtlichen oder mythischen Vergan­genheit hergebrachten körperlichen und geistigen Privilegien, von dem kraftgebenden Beispiel der Ahnen Gebrauch. Dieses auch formell sorgfältig ausgearbeitete, die Keime der späteren rhythmischen Prosa enthaltende deklamierte Reden bildete auch ein Mittel des Begeisterns der angesprochenen Massen, ihrer Erziehung zur guten Sache, zur Eintracht, zur Vaterlands­liebe. Konstante Elemente dieses Redens bestanden im Lob, im Hochpreisen, oder in den für den lobbaren, hochpreisbaren Gegenstand eine Rechenschaft fordernden Geißeln. Gorgias gehörte zu den ersten klassischen Betreibern der panegyrischen Redekunst. 3 Mit seinen Auftritten hat er überall in Griechenland eine riesige Wirkung ausgeübt. Mit ihm begann der Brauch des ein großes Interesse beanspruchenden Wanderunterrichts der Sophisten, und durch ihn hat sich die Ansprache sizilianischen Ursprungs in Athen verbreitet. Seine Auftritte bildeten derartig ein Ereignis, wie die festlichen Rezitationen der Dichter und der Rhapsoden. Ebenso wie die anderen Sophisten, hat auch Gorgias berufsmäßig, für ein Honorar unterrichtet, das Publikum hat jedoch seine Kunst auch darüber hinaus belohnt. Nur die Akademie von Piaton warf dann später einen Schatten auf seine Tätigkeit. Seine Anhänger und seine Zuhörerschaft hatten jedoch in ihm einen wahrhaften Depositär der Bildung gesehen, und woher er fortging, dort hatte man das Gefühl, wie es hieß, es sei eine „Bildungsdürre" ausgebrochen. Während seines mehr als hundert Jahre umfassenden Lebens hat die systematische Rhetorenbildung begonnen. In der Schule seines Schülers, Isokrates, wurden Generationen von wohlhabenden Jünglingen der auf den idealen Wert des Redens gebauten „allgemeinen Ausbildung" teilhaftig. 4 Darunter war eine sophistische Philosophie zu verstehen. Isokrates hatte fünf Jahrzehnte hindurch unterrichtet, in drei-vierjährigen Kursen, mit monatlich veranstalteten rednerischen Wettbewerben. Man mußte hier den Gegenstand zuerst ausfindig machen, dann in eine hübsche Form gegossen entfalten und vortragen. Isokrates selber hat wegen seiner Schüchternheit und der Schwäche seiner Stimme keine'Reden gehalten, dagegen schrieb er regelmäßig für andere Leute 5 , und mit seiner Publizistik war er ständig im öffentlichen Leben anwesend. Angeblich hat er an seinem berühmten Panegyri­kos, in dem er die Griechen gegen die Perser anfeuerte, zehn Jahre lang gearbeitet, und schuf damit die Kunstgattung der fiktiven Rede. Bis zum Ende seines Lebens suchte er die Personen oder Kräfte, die gegenüber den Persern die Rolle des Retters erfüllen könnten, zum Danke und zum Lobe des Gesamtgriechentums. Die Sophisten gehörten zu den ersten Betreibern nicht nur der rednerischen Kunst, sondern auch der künstlerischen Prosa, und sie waren auch die ersten bedeutenden Pädagogen gewesen. Sie waren der Meinung, daß das Kind durch die Vertiefung in der Kunst des Redens zu einem guten Staatsbürger gestaltet werden kann. Eben darin unterschieden sie sich von den Anhängern der Philosophie Piatons, die dasselbe Ziel mit einer logischen-ethischen Erziehung erreichen wollten. Die zwischen den Jahren 329 und 323 vor unserer Zeitrechnung entstandene Rhetorik von Aristoteles bildet eine der theoretischen Quellen der hochpreisenden Rede des Altertums. Die vorweisende Rede (epideiktikon genos), wie sie hier figuriert, nimmt die Tugend zu ihrem Gegenstand. Diese ist nicht als ein von den Ahnen ererbter Wert, sondern ihrer tiefsten Natur gemäß hochzupreisen. Die Tugend trägt nämlich die Schönheit an sich, während sie auch zum Erwerben und zum Beibehalten des Guten fähig macht. Sie enthält ferner die Gerechtigkeit, die Tapferkeit, die Besonnenheit, die Großmütigkeit

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