Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Jan Abelovsky: László Mednyánszky in der slowakischen Kunstgeschichte

Verneinung. Wie wir bereits im Zusammenhang mit Mednyánszky festgestellt haben, äussert sich diese dahinge­hend, dass jene Künstler, deren nationale Identität nicht eindeutig ist, dem 19. Jahrhundert zugeordnet werden, ohne dass ihr Lebenswerk mit der danach kommenden modernen Epoche in Zusammenhang gebracht worden wäre. In der Geschichte des slowakischen Modernismus gewann die These einer eindeutigen Ablehnung des impressionis­tischen Positivismus die Oberhand, diese Tatsache wird nicht nur von der nationalen Voreingenommenheit der slo­wakischen, tschechischen und mährischen Mitgliedschaft des Vereins Slowakischer Maler in Ungarn, sondern auch von dem seit Anfang der zwanziger Jahre zitierten Beispiel der ersten, monumentalen Schaffensperiode Martin Benkas (1888-1971) unterstützt. Die außerordentlich produktive, jedoch widersprüchliche Periode von 1890-1914 (die von manchen Experten auf 1900-1918 anberaumt wird) fiel auf diese Weise praktisch aus der Geschichte der slowakischen bildenden Kunst hinaus, mit der Begründung, damals habe der allgemeine Niedergang des kulturellen Lebens des slowakischen Volkes seinen Anfang genommen, und sein Niveau sei weit hinter dem der glorreichen Revolutionsjahre zurückgeblieben. IV. László Mednyánszky, der Europäer in der Interpretation von Anton Glatz Im Vergleich zu den bisher erwähnten Konzeptionen schlug Anton Glatz einen noch mutigeren Weg ein. In der Slowakischen Nationalgalerie übernahm er die Funktionen Karol Vaculiks und wurde zum Hauptveranstalter der jüngsten ständigen Ausstellung im Schloss von Strázky und Verfasser des Kataloges. 13 Die Konzeption von Glatz ist eine offene und damit durchaus „nicht slowakische": seine positivistische Methode ließ ihn auf nationalisti­sches Hineininterpretieren verzichten und auf eine vergleichende Beweisführung konzentrieren. Glatz stellte eine direkte Parallele zwischen Mednyánszky und der europäischen Geschichte des Modernismus auf - die Fäden zog er von den Malern in Barbizon über Courbet bis zum Claude Monet der 70er Jahre. Der Verfasser befand sich als Mediävist keineswegs unter der Last der Stereotypen der slowakischen Geschichtsauffassung (höchstens der unun­terbrochenen Kritik von Vaculik). Er verglich das Lebenswerk Mednyánszkys mit den zeitgenössischen europäischen Kunstströmungen. Abgesehen davon, ob denn die Argumente von Glatz stichhaltig sind oder nicht (Zsófia Kiss-Szemán argumen­tierte anschaulich gegen die Parallele zu Courbet), 14 hat seine Konzeption dessen ungeachtet einen großen Vorteil. Er durchbrach die Barriere, die Mednyánszky von seiner europäischen Umwelt absperrte. Er ermöglichte, dass man an das Problem von Mednyánszkys Lebenswerk in Hinkunft nicht mehr unter dem xenophoben Aspekt der slowakischen Identitätssuche angehen soll, sondern auf der reellen Grundlage der Begegnung von Kulturen und äußeren Einflüssen. Unseres Erachtens liegt indes der größte Nachteil der Methode von Glatz darin, dass im Falle von Mednyánszky der Dialog zwischen dem Traditionellen und der Moderne infolge der Verbundenheit des Malers mit Oberungarn (das haben Glatz und andere slowakische Experten anerkannt, obzwar mit Vorbehalt) einen anderen Sinn hat, als in den europäischen Zentren der Avantgarde. Ein unkritischer Vergleich zwischen „Inländischem" und „Internationalem" führt zu einer Missdeutung des Lebenswerkes des Malers. Das hängt zwar von der subjekti­ven Meinung der Experten ab, doch generell gesehen sind dadurch die Forschungsmöglichkeiten der - unserer Meinung nach - wichtigsten Frage eingeschränkt: und die ist keine andere, als das Mednyánszky-Lebenswerk als Projizierung des geistigen Lebens der „Nation genannten Schicksalsgemeinschaft". Damit wollen wir aber keinesfalls sagen, dass wir - andererseits - Vaculiks Methode akzeptieren. Wir fassen nämlich den Begriff der Nation nicht als eine Sprachgemeinschaft auf, wie die Anhänger der aus der Mode gekom­menen slowakischen Romantik, sondern als eine politische Nation, eine Gemeinschaft, die auf gemeinsamem Boden lebt, und die nicht von der Sprache, sondern von der gemeinsamen Geschichte und von den kulturellen Werten zusammengehalten wird. Mag die Meinung von Glatz - in einer slowakischen Umwelt - noch so sehr befreiend anmuten, letzten Endes ruft sie nur weitere Probleme hervor. Anstelle der nationalistischen Rhetorik trat ein künstliches Reden über den Maler, dessen Verfasser nur zur Feststellung führen konnte, Mednyánszkys Kunst entspreche nicht den Kriterien der Moderne, der Originalität bzw. der Aktualität. Der Weg führt in eine Sackgasse der Interpretation, und endet mit dem Umkreisen des geschlossenen Idols von Mednyánszkys Œuvre, mit der Wiederentdeckung des einmal bereits Entdeckten. In der Interpretation von Glatz sei die Entwicklung des Grundgedankens von Mednyánszkys Malerei (in seinem Fall bedeutet das eine äußerst komplizierte Sache) lediglich ein krampfhafter Versuch, die Leistungen des Künstlers und die angenommenen europäischen Vorbilder in einem zeitlichen Sinn miteinander abzustimmen. Aus all dem bekommen wir ein ziemlich trübseliges Bild von seinem Lebenswerk, das dunkel und völlig verworren jene Entwicklung widerspiegelt, die in den wichtigsten Zentren des Modernismus der bilden­den Kunst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts vor sich ging. Zsófia Kiss-Szemán drückte diesen Sachverhalt auch anhand von Zahlen aus: „In einem Text von nicht ganz fünf Seiten schreibt Glatz insgesamt 63-mal über Wirkungen, Inspirationen, Parallelen und Eingebung im Falle von 31 Malern, unter ihnen fünfmal bei Courbet." 15 . Was aber unseres Erachtens noch schlimmer ist - eine rückgängige Kontrolle der europäischen Parallelen von Mednyánszkys Malerei ist vor dem Hintergrund der inländischen geistigen Entwicklung und der eigenartigen Traditionen fast unmöglich. Mithin ist es kein Wunder, dass im Zusammenhang mit den Bemühungen von Glatz sie einen völlig berechtigten Vorbehalt formulierte: „Wir können mit dem Grundsatz der chronologischen Reihenfolge von Glatz [...] nicht einverstanden sein, wonach Mednyánszky den überwiegenden Teil seiner Bilder in den 70er, spätestens aber in den 80er Jahren geschaffen hat, desgleichen dass er seine Bilder in eine zusammenhängende Reihe' ordnen wollte, denn das bedeutet, dass er ganz und gar dem Wesentlichen, also der Interpretation der Bilder von Mednyánszky aus dem Weg ging" 16 . Wobei das Wesen des Problems vielleicht in einer Tatsache liegt, die sich zwar leicht beweisen, jedoch um so schwerer akzeptieren lässt, nämlich in dem unverfälscht „oberungarischen"

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