Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Jan Abelovsky: László Mednyánszky in der slowakischen Kunstgeschichte
Landschaftsbilder Merkmale eines slowakischen Stils aufweisen, ihn leitete einfach eine ethnische Absicht, die jenseits der bildenden Künste lag. Denn ansonsten hätte ja im Falle des Malers das Stereotyp unseres nationalen Modernismus: „slowakisches Sujet plus moderne Form" transparent werden müssen. „Es ist kein Zufall, dass Paul Gauguin [...] und Vincent van Gogh, die bedeutsamsten Vertreter des Impressionismus, Zeitgenossen gewesen sind, die nach dem Gipfelpunkt der Entwicklung des Impressionismus den Akzent auf ihre innere Welt, auf die innere Dimension der Wirklichkeit, auf den inneren Ausdruck, auf die Synthese, auf die synthetische Beurteilung der Wirklichkeit gelegt haben. Obgleich Mednyánszky von seinen mitteleuropäischen und adeligen Wurzeln, der divergierenden gesellschaftlichen und geistigen Situation seiner Umwelt, sowie von dem Zustand und den Konventionen der Künstlerwelt seiner engeren Heimat und seines Landes in Fesseln gelegt wurde, haben ihn die Art und Weise der Suche nach neuen Wegen, sein dynamischer Charakter, seine unkonventionelle kreative Einstellung [...] in die Reihe seiner französischen Zeitgenossen, das heißt der progressivsten Strömung seiner Zeit gestellt." 8 Die parallele Betonung des Slowakentums und des Europäertums bei Mednyánszky verfügt nach der Ansicht von Vaculik über einen „anderen", wesentlicheren, ja geradezu ausschlaggebenden logischen Inhalt, ohne dass er irgendeinen Beweis für ihren inneren Zusammenhang geliefert hätte. Weil er aber auf eine vielfache Weise auf die Integrität von Mednyánszkys Kunst mit dem französischen Stil hingewiesen hatte, blieb er zugleich die Beschreibung des Lebenswerkes vor einem ungarischen, österreichisch-ungarischen, ja sogar vor dem ungarischen geistigen Hintergrund schuldig. Dieses selektive Verfahren legt ein noch größeres Gewicht auf die Integration des Malers in die slowakische Umwelt, zumal Mednyánszkys dementsprechend ausgewählte und durch biographische Daten unterstützte Sujets gut identifiziert werden können, denn ihre Verbundenheit mit der slowakischen Wirklichkeit steht außer Zweifel. III. Erster Exkurs - László Mednyánszky und Pál Szinyei Merse, ein typisches Beispiel des Voluntarismus der slowakischen Kunstgeschichte Aller Gründlichkeit zum Trotz, mit welcher sich Karol Vaculik in jahrelanger Forschungsarbeit dem Lebenswerk von László Mednyánszky gewidmet hat, blieb er dennoch ein Repräsentant seiner Zeit und seiner Gelehrtengeneration. Zwar hat er den Maler für die slowakische Kunstgeschichte „erworben", doch er hat ihn keinesfalls mit einer fundierten historischen Legitimität ausgestattet (aufgrund seiner Denkweise konnte er das auch nicht tun). Er schuf einen neuen Solitär - die slowakische Kulturgeschichte ist voll mit ihnen -, der fest im Boden seiner Heimat verwurzelt ist, während sich der Kopf bereits in den fernen und gerade darum undurchsichtigen und dunklen europäischen Nebeln verliert. Die forcierte Abgrenzung von „slowakisch" und „nicht slowakisch", sowie die gewaltsame „Besiedlung" des slowakischen Modernismus ahmt eigentlich mit entgegengesetzten Vorzeichen die Fehler der ungarischen Kunstgeschichte vergangener Zeiten nach, die, von einer nationalistischen Grundposition ausgehend, auch die slowakische - oberungarische - Kunst vereinnahmt hat. Zudem scheint das Verfahren der slowakischen Kunsthistoriker total willkürlich und weckt den Eindruck, dass es nur in diesem einzigen Fall, also bei Mednyánszky angewendet worden ist. Ich möchte ein Beispiel unter den vielen herausgreifen: ein guter Freund von Mednyánszky (vom Jahr 1879 an), Pál Szinyei Merse (1845-1920) ist par excellence eine Doppelnatur, denn er lebte mit kürzeren und längeren Unterbrechungen sein ganzes Leben hindurch auf seinem Gut in Jarovnice (Jernye), im Komitat Saris, doch wird er wegen seiner Malerei, die mit der Kunst seiner deutschen Zeitgenossen Wilhelm Leibi und Max Liebermann konkurriert, später für den Propheten des Impressionismus in Ungarn gehalten. Sein berühmtestes Bild Maifest und dessen Varianten aus den Jahren 1872/73 ist „eine der hervorragendsten Leistungen in der Geschichte, nicht nur der ungarischen, sondern auch der allgemeinen Weltkunst im vorigen Jahrhundert" 9 . Für Vaculik und die slowakische Kunstgeschichte existierte Szinyei aber einfach nicht. Es ist völlig unverständlich, warum Vaculik von seinen Kenntnissen über die letzte produktive Schaffensperiode des Malers (1904-1905) keinen Gebrauch gemacht hat 10 . Es unterliegt keinem Zweifel, dass Tivadar Zemplényi (1864-1917), der in Presov (Eperjes) geboren wurde und damals in Jarovnice gemalt hatte, Szinyei aus seiner Apathie geweckt hat. Zemplényi war ein Künstler, der in einem sonderbaren, melancholischen Stil malte. Hinsichtlich der Ausgestaltung seines Stils spielte die SommerKünstlerkolonie in Nagybánya (heute: Baia Mare, Rumänien) und in Szolnok die wichtigste Rolle. Ähnlich den Vertretern der Malerschule von Szolnok hat auch er in der Zeit während seiner engen Freundschaft mit Szinyei seine soziale Einstellung allmählich umdimensioniert und seine bis dahin an bestimmte Orte gebundene Narrativität durch eine allgemeinere abgelöst. Die stilistischen Errungenschaften der Pleinair-Konzeption haben auch den Charakter seiner figürlichen Bilder verändert. Er war zunehmend ergriffen von dem Kontrast zwischen Licht und Schatten, an Gestalten von unbekannter Nationalität, die er im Schatten von Bäumen, oder an Dorfkirmessen, eventuell in bescheidenen Dorfhaushalten beobachtete. So stellt sich die Frage: warum „überließ" Karol Vaculik den Maler Szinyei - im Gegensatz zu Mednyánszky - leichten Herzens den Ungarn? Die Antwort ist in einer verhältnismäßig banalen Tatsache zu suchen: in der Slowakischen Nationalgalerie finden sich neben mehreren hundert Ölgemälden und Zeichnungen von Mednyánszky insgesamt nur ein paar Bilder von Szinyei. Der bisher außer acht gelassene Kontakt zwischen den beiden Malern, von dem der eine als „waschechter Ungar" eingestuft wurde, während der andere mitsamt den anderen Genremalern von der slowakischen Kunstgeschichte zur Vergessenheit verdammt wurde, liefert einen erneuten Beweis dafür, dass in verborgener Form auch weiterhin die Feststellung des während des Bestehens der Tschechischen Republik herausgegebenen Lehrbuches Heimatkunde gültig ist, wonach die unbequemen Repräsentanten der „ehemaligen oberungarischen Kunst" 11 als unserer Kultur fremde Elemente gelten und „zwischen der Sprachkenntnis und der Bildung [...] sowie der Nationalität des Künstlers [...] ein unauflösbarer Gegensatz vorhanden ist." 12 Diese Ansicht ist unterschwellig auch heute noch gültig. Zugegeben, eher in Form einer Verachtung, als in Form einer völligen