Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Júlia Szabó: László Mednyánszky: Landschaftsskizzen, Landschafts- und Genrebilder

nehmen, dass es sich eher um das erste, um die „Herbstlandschaft" handelt. Der Hintergrund ist der Park, Schauplatz zahlreicher gemeinsamer Erlebnisse und einsamer Meditationen. Justh und sein Freund Simon Révay ließen im Park oft einen Zigeuner aufspielen. Eines dieser Ereignisse wurde auch auf einem Foto verewigt. 23 Bis zum Jahr 1897 galt Mednyánszky als realistischer, impressionistischer Maler, der sich in seinen Werken manchmal frei entfaltete, manchmal zurückhaltender und dramatischer war, voll von symbolischen Aussagen. Die Parallelen zu den letzteren Bildern lassen sich nicht mehr bei den Impressionisten finden, sondern in ihrer kompaktesten Form bei dem Münchener-Italiener-Schweizer Arnold Böcklin und bei Odilon Redon, der auch in Barbizon verkehrte. 24 Die von der Mythologie angeregte Thematik Redons wird von Mednyánszky nicht übernom­men, doch auch auf seinen Bildern erscheinen die irdischen und überirdischen Farben, gleichsam als sonderbarer geistiger Raum innerhalb des irdischen. Der Historismus von Böcklin 25 stand Mednyánszky fern, doch gewiss beobachtete er genau die den deutschen romantischen Vorlagen folgenden symbolischen Landschaften Böcklins, die verschiedenen Varianten der Toteninsel. Heimlichkeit und Mystizismus wiederholen sich auf einer ganzen Reihe von nächtlichen Bildern Mednyánszkys. Und obwohl dies auch einigen postimpressionistischen Meistern nicht fremd war (man denke an die späten Landschaften Van Goghs), 26 ist Mednyánszky, dessen Werk sich auf niederländische und deutsche Parallelen sowie auf Vorbilder der Schule von Barbizon zurückführen lässt, nachweislich ein Maler des Symbolismus, der dann - wie es Albert Berzeviczy 27 bereits treffend formuliert hatte - zum Vermittler von „Farbstimmungen" heranreifte. Obwohl die Wirkung des Impressionismus und Postimpressionismus an seinen Werken durchaus spürbar ist, hörte Mednyánszky ein Leben lang nicht auf, topografischer Landschaftsdarsteller oder symbolisch-realistischer Landschaftsmaler zu sein. Zwar schloss er sich keiner der damals in Entstehung begrif­fenen Richtungen an, doch können seine Werke in den Jahren nach 1900 expressiv-realistisch genannt werden. Aufeinandertreffen von Gattungen in zwei unvollendeten Gemälden Indem er sich auf eine Ausstellung in Budapest vorbereitete, erwähnte Mednyánszky mehrere seiner Arbeiten, die er nicht auszustellen beabsichtigte, weil er sich für keinen Moment von ihnen trennen wollte. 28 Zwei dieser Werke gelangten aus seinem Nachlass in die Slowakische Nationalgalerie von Bratislava, wobei es sich jeweils um ein Porträt des Schriftstellers Zsigmond Justh handelt: Das eine ist die bereits beschriebene, ganzfigurige Darstellung des Freundes im Park (Kat. 40), das andere zeigt Justh im Profil (Kat. 61). Um mit dem ersten zu beginnen: Zsigmond Justh gehörte zweifellos zu den engsten Freunden Mednyánszkys und war einer der ersten Würdiger seiner Kunst. Mednyánszky malte oder zeichnete sein Porträt mehrere Male, ähnlich wie die seiner Familienmitglieder. 29 Dem Sterben nah, reiste der schwerkranke Justh in ferne Länder, um dort Genesung zu suchen. Dort führte er ein Tagebuch, von dort schickte er seine Artikel an die Zeitschrift A Hét und andere Zeitschriften, dort arbeitete er an seinen Romanen. Aus einem seiner Briefe geht hervor, dass er sich nur in wenigen Nachmittagsstunden an die frische Luft setzen konnte (wie zu Hause), weil er nur dann keine Schmerzen hatte, kein Blut spuckte, nicht litt. Medi (diesen populären Kosenamen verwendete auch Justh für Mednyánszky) malte ihn in einer dieser Sternstunden. Der Mann, der mit einem Buch in der Hand im Garten sitzt und, seine Meditation unterbrechend, aufblickt, ist seit dem 18. Jahrhundert, dem Barock bzw. der Romantik ein traditioneller Typ in der Ikonographie, gleichzeitig aber die Fortsetzung der Freundschaftsporträts, das auch in den Werken der großen Generation der Realisten und Impressionisten zu finden ist. 30 Als Neuheit gilt die absichtliche Skizzenhaftigkeit, indem der Fuß des Dargestellten vom trockenen Laub bedeckt wird, im Hintergrund fliegen Krähen vorbei, überall fallen graugelbe Blätter von den Bäumen, das Bild wird von grauweißen Tönen dominiert. Landschaft und Gestalt verschmelzen ineinander und werden zu einer homogenen Einheit, wie auf dem Porträt, das der junge Picasso wenige Jahre später in Barcelona von seinem katalanischen Freund malen sollte. 31 Indem er die Figur des Schriftstellers von einem, das ihn in der Gesellschaft eines musizierenden Zigeuners gezeigt hat, ins Milieu des Gartens versetzt hat, versucht Mednyánszky das Hinfällige, Sterbliche, die in Auflösung begriffene Figur ins Zeitlose und Allgemeingültige zu verwandeln. Dieses Bild konnte nie vollendet, ausgestellt oder gar ver­kauft werden, es durfte nur betrachtet werden, indem man auf die leer belassenen Flächen mehr Blätter, raschelndes dürres Laub träumte und in den Gesichtszügen des Freundes immer wieder neue Erinnerungen entdeckte. Wie an einer Reihe von Zeichnungen und Skizzen bzw. einem Gemälde in großem Format, das an dem ganz­figurigen Porträt Jusths gemessen werden kann, zu erkennen ist, war der Maler jahrelang mit dem Erlebnis einer Reise beschäftigt. Zwei Menschen sitzen einander im Abteil eines Zuges gegenüber: ein älterer Mann und ein Soldat (Kat. 25). 32 Der Mann auf der linken Seite des großformatigen Ölgemäldes beugt sich ein wenig nach vorn, er schaut aus dem Fenster, zieht an seiner Pfeife und beobachtet dabei seinen Mitreisenden - an ihm könnten vielleicht die Gesichtszüge des Malers erkannt werden. Der Soldat, der ihm gegenüber sitzt, raucht ebenfalls eine Pfeife und scheint etwas zu erzählen. Diese Gestalt ist mit den vielen jungen Soldatendarstellungen Mednyánszkys verwandt, nur wirkt sie etwas milder und verträumter. Hinter ihnen, durch das das Fenster des Zuges, sieht man eine Landschaft in der Abenddämmerung - oder vielleicht in der Morgendämmerung - wie eine der sich schnell verändernden Momentaufnahmen. Die Leinwand bietet nur Anspielungen auf die eigenartige, verzauberte, vertrau­te Stimmung und auf die Überraschungen von langen Reisen. Die ausgeprägteren Gesten, die wahre Hinwendung der Gestalten zueinander und die über das freundschaftliche Erzählen hinaus gehenden Leidenschaften erscheinen nur auf den Skizzen, die der Maler zum Bild angefertigt hatte. Dieses Werk ist mit den Zugdarstellungen Daumiers aus den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts verwandt, doch es entbehrt der Erschließung einer sozialen Wirklichkeit. 33 Offensichtlich fahren die beiden Reisenden nicht in einem Zugabteil erster Klasse, doch der Künstler, der selbst immer zweite Klasse fuhr, war in den Eisenbahnabteilen Europas oder der Österreich-Ungarischen Monarchie wohl nie mit einer Unbequemlichkeit oder dem Problem des Komforts beschäftigt. Für ihn bedeutete langes Reisen keine Unannehmlichkeit, sondern eher ein Geschenk des Schicksals, konnten doch aus zufälligen Bekanntschaften

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