Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Júlia Szabó: László Mednyánszky: Landschaftsskizzen, Landschafts- und Genrebilder

lange Gespräche, eine sonderbare Intimität, Freundschaften und Leidenschaften entstehen. All das verrät uns das Gemälde nur sehr zurückhaltend, die Gesten sind so fein und elegant, wie die Gesten und die Körperhaltung des Sohnes, des Vaters und der Mutter auf dem Bild Frühstück im Atelier von Edouard Manet (1868), die ihre sonst vor der Welt verborgenen Beziehungen ausdrücken. 34 Die Landschaft, die im Fenster des Zuges erscheint, ist Ausdruck der äußeren Welt, die mit der inneren und allerinnersten verschmilzt und sowohl das Abteil als auch die Gedanken der Reisenden symbolisieren kann. Das Porträt des im Garten sitzenden Justh und die Bahnreisenden sind gleich­sam Meilensteine im Lebenswerk Mednyánszkys. Sie zeugen von dem begnadeten Seelenzustand, der ihm im Leben und in seiner Kunst zuteil wurde und ohne den kein wahrhaft bedeutendes Werk entstehen kann. Diese „grauen" Bilder werden von den Sammlern und Forschern ziemlich vernachlässigt. Jene Bilder Mednyánszkys, die vom Einfluss der Malerschule von Barbizon zeugen oder vielmehr die dem postniederländischen oder niederländischen Realismus folgenden Landschaftsdarstellungen im Stil der Münchener Akademie erfreuen sich bei den Sammlern der Werke Mednyánszkys wesentlich höherer Beliebtheit. Die Kompositionsentwürfe, die in den Skizzenheften oft übereinander gezeichnet wurden, zeigen jedoch, dass diese Stilsuche, die Objektivität der Fotografien um Leidenschaft zu steigern, für den Künstler von großer Wichtigkeit war. Die feine Technik der vielen kleinen Linien, die bewusst zurückhaltende Anwendung von Farben, die verborgen mitgeteilten Aussagen wieder­holen sich nur auf einigen seiner in den Kriegsjahren entstandenen Werken, gleichsam als Anspielungen darauf, dass er die Lehren seiner beiden, jetzt in Bratislava aufbewahrten Gemälde von großem Format nicht vergaß. Schauplätze Im Roman Fuimus von Zsigmond Justh weisen die Landschaft und die Kultur Oberungarns (der heutigen Slowakei) Zeichen des Verkommens, des Vergehens, der Auflösung auf, während die Große Ungarische Tiefebene außer der Idee der Endlosigkeit auch die Gesundheit, die Ruhe, die Kultur der Stabilität repräsentiert, mit weniger Dekadenz, mit einfacher Güte und Schönheit. Diese zwei großen Richtlinien lassen sich auch in der Malerei Mednyánszkys beobachten, wenn mitunter auch gerade umgekehrt. Während seiner Aufenthalte in Szolnok lernte er die Welt der Tiefebene kennen. Diese Stadt mit ihren Wochenmärkten, anspruchslosen Häusern, die Ochsenkarren, die Pferde, die großen Plätze, diese horizontale Welt wurde für ihn sehr wichtig. Die Landschaft der Tiefebene erscheint in den Skizzenheften und auf den Bildern Mednyánszkys in abstrakterer Form, als auf den Landschafts- und Genrebildern August von Pettenkofens, der älter war als er und dessen Stil mehr vom Naturalismus geprägt war. 35 Auf seinen Skizzen zur Theißlandschaft versucht der Maler, das Unendliche zu vermitteln, nach dem Zeugnis seines Tagebuches untersuchte er die physiologische Wirkung von Farben, Linien und Formen auf seinen Landschaftsbildern. Auf die eigenartige Beziehung von Mednyánszky zur Tiefebene wies nicht nur Justh in seinem Roman hin, 36 sondern auch der Kunsthistoriker Károly Lyka schrieb darüber 1903 in der Zeitschrift Művészei, nachdem er ein Bild des Malers studiert hatte. „Auf der flachen Wiese waren keinerlei geologische Formen zu sehen: an manchen rissigen Flecken war sie von dürrem Rispengras bewachsen, von dem der glatte, glänzende Wasserspiegel des Moors hervorblickte. Über diese Landschaft malte Mednyánszky ein Bild mit dem Titel Halde [Kat. 95]. Uns geht es nun darum, inwieweit der Künstler mehr als eine bloße Kopie der Natur herstellte, d. h. welche Erscheinungen der Natur er als vom malerischen Gesichtspunkt aus besonders wichtige weiterentwickelte. Hier fällt uns vor allem jene großzügige Raumgestaltung auf, die zu den besonderen Stärken seines Bildes zählt. [...] Alle seine Bestrebungen sind auf diesem Bild darauf gerichtet, den riesengroßen Raum, der träge unter dem trüben Himmel liegt, auch vom engen goldenen Rahmen begrenzt in seiner kolossalen Ausdehnung voll zur Geltung zu bringen." 37 1907 schrieb Lyka über Mednyánszky in einem weite­ren Aufsatz: „Die Sensation, die von einer bestimmten Erscheinung der Natur in einem nur langsam geweckt wird, auf Anhieb so zu malen, ist wahre Poesie." 38 Károly Lyka hob die individuellen, persönlichen Werte der Kunst Mednyánszkys hervor, er ging auf seine Pariser und Barbizoner Verbindungen nicht ein, auch interessierte ihn nicht, was der Künstler während seiner wie­derholten Aufenthalte in Italien, Wien oder an anderen Orten der Monarchie gemacht haben mag. Sich den Traditionen der europäischen Malerei fügend, verreiste Mednyánszky mehrmals in seinem Leben nach Italien. Obwohl uns von diesen Reisen nur wenige Zeichnungen oder Gemälde bekannt sind, halten wir die Italienreisen, die Routen und Stationen für wichtig. Die Themen seiner in Italien entstandenen Zeichnungen und Gemälde bildeten mittelalterliche Burgen, in seinem geliebten Rom malte er die Via Appia, er gelangte bis nach Neapel, fühlte sich von Sizilien angezogen, malte Taormina und den Ätna. 39 Aus seinen Aufzeichnungen wird ersichtlich, dass ihn fast nie die Geschichte, Antiquitäten oder die Denkmäler des Mittelalters faszinierten, sondern die perlmutterfarbene Abenddämmerung, der graue Himmel, der kalte grünbläuliche und glän­zende Wasserspiegel, das warm anmutende moorgrüne Terrain und „ein warmer, regnerischer Tag in Rom." 40 In Italien fühlte sich Mednyánszky nicht ganz fremd. Wie es uns aus seinen Aufzeichnungen bekannt ist, hatte er DAnnunzio gelesen, in San Pietro in Vincoli „traf er Michelangelo, kurz: Italien war seine geistige Heimat 41 Es wäre daher sehr wichtig, seine in Italien entstandenen Werke aufzuspüren. Außer in Italien war Mednyánszky auch in seiner engeren, eigentlichen Heimat stets unterwegs. Zu dieser Heimat gehörten nicht nur die Ausläufer des Tatragebirges, das Tal der Dunajec, die Bucht von Cattaro in Istrien, das Eiserne Tor an der unteren Donau, Szolnok und seine Umgebung, sondern - als Atelier und Schauplatz der Vorstellung - auch Wien und Budapest. Es ist ebenfalls wichtig zu wissen, dass er einmal (oder gar mehrmals) auch Pál Szinyei Merse in Saris (Sáros) aufsuchte, dessen in Emil Nolde: Eisfeld mit Sonnenuntergang, um 1895, Pastell auf Papier, 23,5 x 53 cm (Kunstmuseum St. Gallen)

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