Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
Csilla Markója: „Die Entfernung zwischen einem erhabenen und einem abscheulichen Gesicht". Über die außergewöhnliche Kunst des László Mednyánszky
eine detaillierte, minuziösere Darstellungsweise (Kat. 120). Dieses überraschende Nebeneinanderbestehen der Modi kennzeichnet auch die Kriegsperiode. Auf den Kriegsgemälden Mednyánszkys erscheinen sogar, wie im Schlusssatz einer Sinfonie, noch einmal alle Malweisen als Zusammenfassung. Der Schaffensweg In der gegenwärtigen gemeinsamen Ausstellung der Ungarischen Nationalgalerie und der Slowakischen Nationalgalerie, die in Budapest und in Bratislava gezeigt wird und in einer Auswahl auch in der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien zu sehen sein wird, haben wir versucht, die im engeren Sinne verstandene chronologische Ordnung durch Themen- oder Motivgruppen aufzulockern, um einen Einblick in die Eigenheiten der Motivbehandlung Mednyánszkys zu geben. Da dies die erste um Vollständigkeit bemühte (durch das slowakische Material ergänzte) Ausstellung der Kunst Mednyánszkys ist, waren wir bei der Zusammenstellung der Exponate natürlich bestrebt, alle Hauptwerke Mednyánszkys zu zeigen. Ein weiterer Aspekt war, alle Perioden entsprechend zu repräsentieren und möglichst viel aus den bisher noch nie vorgestellten (aus Bratislava, Strázky, Kosice, Banská Bystrica und Liptovsky Mikulás kommenden) Beständen zu schöpfen. So können wir aus dem Material der Privatsammlungen nur eine geringe Zahl von Werken vorstellen, hoffen aber, dass gleichzeitig mit unserer Ausstellung in Budapest eine größere Auswahl aus den Beständen der Privatsammlungen in der Veranstaltung eines großen Auktionshauses zu sehen sein wird. Da die Ausstellung mehr oder weniger eine chronologische Ordnung hat - die nur unterbrochen wird, wenn formale Gebilde und Motive, die sich über Jahrzehnte wiederholen, gemeinsam angeordnet sind oder in Fällen, wo das Thema eines Bildes im Krieg, fast zwanzig Jahre nach der ersten Formulierung erneut bearbeitet wird (siehe z. B. die Bilder Nach der Schlägerei (Kat. 87) und Der Verwundete (Kat. 271) - , wollen auch wir chronologisch vorgehen. Der hoffnungsvolle Erbe des feudalen Grundbesitzes von Burg Beckov (Beckó), Spross einer oberungarischen Aristokratenfamilie, erhält, da er durch Frühgeburt und Meningitis schonungsbedürftig scheint, Privatunterricht. Er ist noch ein Kind, als er den namhaften österreichischen Aquarellisten Thomas Ender begleiten darf, der die Berge rings um das Mednyánszky-Schloss in Strázky (Nagyör, Nehre) zeichnet. Nach Enders Tatra-Ansichten und seinen aus Wien übersandten Gipsmustern macht er sich schon in jungen Jahren die Grundlagen der Kunst zu eigen. Bereits damals bricht er mit den Konventionen seiner adligen Herkunft, die erste große Liebe des Halbwüchsigen ist der herrschaftliche Kutscher János Dinda. 1871 beginnt er auf Rat der Familie ein Ingenieurstudium in Zürich, wechselt aber gleich 1872 an die Münchener Malerakademie, wo er Schüler des Cornelius-Nachfolgers Strähuber wird. Doch langweilt ihn das formalistische akademische Studium, und auch in der Malerklasse von Seitz fühlt er sich nicht wohler. 1874 wird er an der Pariser Kunstakademie Schüler des historischen Genremalers Isidore Pils, der für seine Schlachtengemälde berühmt ist. Vielleicht sind es Pils und sein Schüler Louis Gardette, die die Aufmerksamkeit des späteren Kriegsmalers auf eben dieses Thema lenken. Obgleich es keiner großen Impulse bedarf: Der junge Baron, sozial äußerst sensible, verfolgt jedes dramatische Schicksal und Ereignis mit elementarem Interesse. Er fühlt sich von Katastrophen, Hochwasser, Vulkanausbrüchen, Seuchen oder Straßenunruhen magisch angezogen, will bei solchen Ereignissen zugegen sein. Fast jede Minute seines Lebens hält er auf mehreren tausend Seiten als Tagebuch fest, wobei er griechische Buchstaben als Geheimschrift benutzt. Seine ruhelose Natur hetzt ihn von einem Ort zum anderen. Vor der Jahrhundertwende sind Schloss und Atelier in Strázky sein Basislager, von dem er, manchmal für Jahre, in die Welt hinauszieht. Nach dem Tod des Vaters sind es die beiden Städte Budapest und Wien, in die er regelmäßig, wenngleich in wechselnde Ateliers, zurückkehrt. Zur Zeit der Millenniumsfeierlichkeiten streicht er, als Lumpensammler verkleidet, durch die Elendsviertel von Paris, während seine Bilder in der Millenniumsausstellung gezeigt werden. Alles, was er besitzt, verteilt er an Bedürftige. Viele arme Freunde und Künstlergefährten unterstützt er mit dem Geld, das ihm aus den Ländereien von Beckov noch spärlich zufließt. Nach Barbizon, das Mednyánszky schon 1875 aufgesucht hat, kehrt er später wieder zurück. Wenigstens ebenso wichtig ist für ihn die Bekanntschaft mit den Wiener Stimmungsmalern, den sog. „Stimmungsimpressionisten" oder „poetischen Realisten" / Stimmungsrealisten. Zu einem kurzen, aber nachhaltigen Zwischenspiel wird der Besuch in Szolnok, dem er die Bereicherung seiner Tatra-Themen verdankt. Zu den Berglandschaften mit rauschenden Gebirgsbäche gesellen sich jetzt Motive der flachen, sumpfigen Gegend der Ungarischen Tiefebene und der endlosen Flussbiegungen der Theiß. Das Motiv des sich dahinschlängelnden Flusses tauchte schon auf seinen frühen Landschaften von Strázky auf. Er malt es wie besessen ein Leben lang, wobei es mit der Zeit immer abstrakter wird. In der Ausstellung haben wir es zu einer Sondergruppe zusammengefasst. Es ist anzunehmen, dass Mednyánszky diese Flussbiegung - nach dem Vorbild der bekannten Pappelallee-Bilder von Schindler - als Serie i László Mednyánszky: Blühender Baum, Öl auf Leinwand, 24 X 33 cm (Privatbesitz, Repr. Kieselbach Galerie, Frühjahrsauktion 1998, Pos. 40) László Mednyánszky: Birkenwald, Öl auf Leinwand, 74 X 101 cm (Privatbesitz, Repr. Mü-Terem Galerie, Frühjahrsauktion 2002, Pos. 67)