Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
Das Leben und die Kunst von László Mednyánszky, mit besonderer Rücksicht auf die Periode vor - Orsolya Hessky: Zeichnen muss man können. Über die Münchner Studien und Zeichnungen von László Mednyánszky
verflochten mit der Akademie, in das allgemeine Bewusstsein über: So hatte schon der deutsche Philosoph Friedrich W. J. Schelling in seiner Antrittsrede Über das Verhältnis der bildenden Künste zur Natur an der Königlichen Akademie der bildenden Künste im Jahr 1806 die wichtigsten, auch von ihm vertretenen Grundsätze des deutschen Idealismus hervorgehoben, in denen die Gestaltung der harmonischen Beziehung von Kunst und Natur gefördert werden sollten. Georg von Dillis (1759-1841), eine der Leitfiguren der Münchner Schule der Landschaftsmalerei im 19. Jahrhundert und erster Leiter der Klasse für Landschaftsmalerei an der Münchner Akademie, trat bereits 1814, als sich herausstellte, dass sein Fach in der Hierarchie der Kunstgattungen tief unter der Historienmalerei plaziert worden war, sofort von seiner Stelle als Professor zurück, und verließ die Akademie. In seiner Kunst spielte die Natur eine vorrangige Rolle. Er wurde - von dem individuellen Stil der bis zur Claude Lorrain zurückreichenden arkadischen landschaftlichen Tradition geprägt - zum Vorläufer des Paysage intime, oder sogar des frühen Impressionismus. Mit seinen Malerfreunden - Johann Jacob Dorner (1775-1852), Wilhelm von Kobell (1766-1855), Max J. Wagenbauer (1775-1829) - wanderte er durch die Umgebung von München, durch süddeutsche Landschaft. Ihre aufgrund dieser Erlebnisse geschaffenen Werke schufen eine Richtung der Landschaftsmalerei, die das gesamte 19. Jahrhundert prägen, und die Entwicklung der späteren Stimmungs-Landschaftsmalerei und die naturalistische Stilrichtung der Jahrhundertwende ebenso beeinflussen sollte, wie die diversen Gattungen der Genremalerei. Sie haben durch eingehende Betrachtung und durch die intensive Untersuchung ihrer Umgebung schon in diesen frühen Jahren die Wichtigkeit des Malens vor der Natur betont. Ab den 1820er Jahren malte in Bayern jeder Landschaftsmaler vor der Natur - von ein paar Ausnahmen abgesehen. Die Beschäftigung mit der Landschaftsmalerei hörte jedoch damit, dass Dillis die Akademie verließ, nicht auf, obwohl die erste Anordnung des neuen Direktors Cornelius die Schließung der Landschaftsklasse war (1824). Die Folge dieser Maßnahme war jedoch nicht, dass die Gattung und ihre Vertreter in andere Kunstrichtungen „eingeschmolzen" wurden, sondern die Landschaftsmalerei kehrte, nachdem Cornelius 1841 die Akademie verlassen hatte, sowohl in ihrer Organisation, als auch in ihrer Kunst verstärkt auf die Akademie zurück. 31 In den 1850er und 1860er Jahren zeichneten sich der schon erwähnte Eduard Schleich und seine Freunde, hauptsächlich Adolf Lier (1826-1882), Ludwig Willroider (1845-1910) und Joseph Wenglein (1845-1919) durch die genaue Beobachtung der Natur aus. Ihre Kunst war vor allem von den Niederländern des 17. Jahrhunderts und der Schule von Barbizon beeinflusst. Ihre Malerei, als eine Antwort auf die romantische Problematik des Verhältnisses von Mensch und Natur, unterschied sich in ihrer Zielsetzung wesentlich von der späteren, eher philosophisch orientierten Kunst von Mednyánszky, der auf manchen, schon porträthaft dargelegten Landschaftsbildern viel elementarere und tiefere Erlebnisse darzustellen vermochte. 32 Im Gegensatz zu Schleich und den zeitgenössischen Münchner Landschaftsmalern, die der Stimmungsmalerei, der Paysage intime folgten, ist bei Mednyánszky die Wahrheitsliebe kein purer Naturalismus. Nichtsdestotrotz zeigt sich in seinen Werken und in denen seiner Münchner Kollegen eine verblüffende Ähnlichkeit in der Themenwahl, des Stils und manchmal sogar in den technischen Ansätzen. Die Wirkung der Münchner Landschaftsmalerei ist bei Mednyánszky nicht grundsätzlich festzustellen, doch verraten gewisse Kompositionen eine gemeinsame Auffassung: und zwar die Absicht des Künstlers, die Natur, die er verehrt und in allen Details zu beobachten und zu kennen wünscht, festzuhalten. Dabei darf man sich nicht zur Annahme verleiten lassen, dass Mednyánszky Werke anderer Künstler „gesehen" oder gar „studiert" hat und dadurch zum Malen von ähnlichen Motiven verleitet worden wäre; dafür gibt es auch keinerlei Beweise. Und doch gibt es ähnliche Darstellungen, wie zum Beispiel das Gemälde von Schleich Wildwechsel an der Isar B (Abb. 2) und Mednyánszkys Aus der Gegend von Mukacsevo (Kat. 52). Die beiden Bilder sind mit einem Zeitunterschied von mehreren Jahrzehnten entstanden, und beide Male war es das gleiche Naturphänomen, das des Künstlers Aufmerksamkeit erweckt hat. Ein ähnlicher Vergleich lässt sich beim Bild Kalksteinsammlerinnen im Isarbett 34 (Abb. 3) von Josef Wenglein aus dem Jahr 1883, und den ungefähr zur gleichen Zeit gemalten Bildern von Mednyánszky mit dem Thema Moor- und Fischerleben in Strázky (Nagyőr, Nehre) anstellen. Eine gegenseitige Beeinflussung der Maler ist deshalb auszuschließen, da Mednyánszky nach 1873 nicht mehr nach München zurückgekehrt ist. Und eben deshalb, aufgrund dieser Parallelen, muß München als der gleiche Nenner genannt werden: das heißt, die frühe Pleinair-Malerei von Mednyánszky wurde eindeutig von der Münchner Freilichtmalerei beeinflusst. Die in der Klasse von Strähuber und Seitz verbrachte Zeit - wie lang sie auch gewesen sein mag - zeigt sich auch bei den Zeichnungen von Mednyánszky. Obwohl es in seinem Œuvre kaum Zeichnungen gibt, die als eigenständige Werke gelten und als graphische Kunstobjekte funktionieren könnten, ist ihre Anzahl enorm (Abb. 4). Die Entwürfe und Skizzen zu den zahlreichen, im Freien niemals fertig gemalten Ölbildern sind - wie anzunehmen - bruchteilhaft erhalten geblieben, stellen jedoch eine von kaum einem anderen Maler erreichte Menge dar. Mednyánszky zeichnete unentwegt: im Café, in Gesellschaft, als Gast, im Zug, bei Ausflügen und Wanderungen; sonst hätte er keine Gelegenheit, Möglichkeit und Zeit gehabt, die für die Forschung heute noch unermessliche Menge von Skizzenbüchern voll zu schreiben bzw. zu malen. Der größte Teil seiner graphischen Werke ist in seinen Skizzenbüchern erhalten geblieben (Abb. 5-9). Farbentwürfe, Landschaftsfragmente mit Bemerkungen, mit ein paar Linien skizzierte Stimmungen, flüchtige Eindrücke, das selbe Motiv in mehreren Varianten, Reihen, gleiche Ausgangssituationen (z. B. Körperlagen) in jeweils anderem Kontext, Illustrationen zu seinen lediglich zum Privatgebrauch bestimmten philosophischen Überlegungen: all dies ist in seinen Skizzenbüchern zu finden. Schon diese kleinen, eigentlich gar nicht zum Zeichnen geeigneten 4 László Mednyánszky: Ein Fuhrwerk auf dem Feld, Papier, gemischte Technik, 313 x476 cm (UNG, Inv.-Nr. 1955-5497)