Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Ludmila Peterajová: Die Entdeckung eines Malers (Randbemerkungen)

im wesentlichen auf Goya und Daumier berufen hat. Dies hängt unter anderem mit der Modernität der gesell­schaftlichen Motive in der bildenden Kunst zusammen. Vaculik beleuchtete die gesellschaftskritischen Anschauungen von Mednyánszky deshalb, weil ihn seit Jahren die Reaktion der slowakischen Kunst auf die gesellschaftlichen Phänomene im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschäftigte, wobei er von der Mutmaßung ausging, dass in der erwähnten Zeit die Elemente der ide­ologischen Bedeutung nicht von außen in die künstlerische Ausdrucksweise gelangten, sondern einen organischen Teil der Struktur des Kunstwerkes selbst bildeten. Die Entwicklung des Forschungsinteresses von Vaculik reflek­tierte auf die allgemeinen Verhältnisse der 1950er—1960er Jahre, richtete sich gegen den vereinfachenden sozialis­tischen Realismus und enthüllte dessen kunstwidrige und trügerische Natur. Das Beispiel von Mednyánszky und anderer, vor 1948 arbeitender Künstler kam ihm dafür sehr gelegen, wobei ihn die ungarische „zensierte" Ausgabe des Tagebuches von Mednyánszky in gewissem Maße vielleicht irregeführt haben mag. 13 Von den Echos der Ausstellung verdient ein aus London an Vaculik adressierter Brief vom 2. November 1962 besondere Aufmerksamkeit. Der Absender Dr. Leó Ringwald schrieb, dass er aus Zeitungen über die in der Galerie veranstaltete Mednyánszky-Ausstellung erfuhr. Er selbst sei ebenfalls ein großer Verehrer und Sammler der Kunst von Mednyánszky, er habe ihn persönlich gekannt und als Anwalt seine Interessen vertreten. Des Weiteren schrieb er, dass er „im Besitz zahlreicher wunderbarer Werke des berühmten Malers sei" und es für seine Pflicht halte, London, das „immer noch Zentrum der gebildeten Welt ist", mit seinen Werken bekannt zu machen. Er bat Vaculik, ihm den Ausstellungskatalog und die wichtigeren diesbezüglichen Zeitungsartikel zuzuschicken. Als Gegenleistung würde er der Veranstaltung genügend Propaganda zukommen lassen. Er erwähnte auch, dass das Museum wahrscheinlich acht Bilder besitzt, die einst das Amt für Denkmalschutz von ihm konfisziert hatte. Im Laufe der weiteren Korrespondenz mit dem Anwalt stellte sich heraus, dass er Gutsbesitzer in Trencín (Trencsén) war, von wo er im März 1939 vor den Rassenverfolgungen nach Großbritannien floh. Ein anderes erhaltenes schriftliches Dokument ist die Kopie des Briefes von Karol Vaculik vom 1. August 1974, in dem er den Sohn von Ringwald informiert, dass er seinen kurzen Urlaub in London verbringen und sich gerne mit ihm treffen wollte. Weiters schreibt er: „Ich gedenke eine größere Monographie über Mednyánszky zu ver­fassen und möchte selbstverständlich so viele Werke, wie nur möglich von ihm sehen, darunter auch die, die sich in ihrem Besitz befinden." 14 Über die weiteren Geschehnisse möchte ich anhand meiner Aufzeichnungen auf der mit Karol Vaculik gemeinsam unternommenen Reise im September 1974 berichten. Samstag, den 21. September brachte uns der Chauffeur aus dem Londoner Hotel in das nahe der Hauptstadt liegende Gerrards Cross. Richard Ringwald war der Direktor eines großen internationalen Chemieunternehmens 15 und wohnte mit seiner Familie in einer geräumigen Villa auf dem Lande. Für uns war die von seinem Vater geerbte, etwa 200 Bilder und Grafiken umfassende Mednyánszky-Sammlung am Interessantesten (in der Familiensammlung befanden sich mehrere Werke ungarischer und deutscher Maler des 19. Jahrhunderts). Die Besichtigung der Sammlung beanspruchte einige Stunden. Meistens handelte es sich um kleine Bilder, ein Teil davon war gerahmt, außerdem sahen wir auch zahlreiche ungerahmte Ölgemälde, Aquarelle und Grafiken. Auf den ersten Blick repräsentierte das Material alle Schaffensperioden von Mednyánszky. Obwohl Vaculik einen Fotoapparat bei sich hatte, verzichtete er auf improvisierte Aufnahmen, denn mit Ringwald war bereits ausgemacht, dass die Sammlung in der Slowakischen Nationalgalerie präsentiert werden soll. Die Galerie werde dafür eine eine fachliche Dokumentation über die Werke anfertigen. Diese Abmachung bekräftigte Ringwald erneut vor unserer Abreise aus London. Die einzigartige Gelegenheit aber blieb unausgenutzt. Für das Kulturministerium in Bratislava waren Einzelinitiativen, die mit London, notabene mit den Vertretern des „Kapitalismus" zusammenhingen, uner­wünscht, weshalb der Plan vereitelt wurde. Meines Wissens nach machte die Slowakische Nationalgalerie noch einige Versuche zur Kontaktaufnahme - dies gehört aber nicht mehr zum Thema meiner Abhandlung. Mit Mednyánszky als Landschaftsmaler beschäftigte sich Vaculik des Weiteren in seiner Einleitung zum Album Farby domova. Er bekräftigte, dass „die Interpretation der intimen, lyrischen Landschaft in der Art von Mednyánszky einen neuen Moment in der Entwicklung der bildenden Kunst bedeutet, die die Landschaftsmalerei in der Slowakei auf ein solch neues Qualitätsniveau erhob, durch das sie den Wettbewerb mit den entwickeltesten europäischen Kunstzentren aufnehmen konnte. Das Landschaftsbild ist auf der Leinwand von Mednyánszky mehr als die bloße Wiederspiegelung der Wirklichkeit, da es die aus der eigenen philosophischen Konzeption entsprin­gende ideenschaffende Fähigkeit des Künstlers zum Ausdruck bringt." 16 Der 60. Jahrestag des Todes von Mednyánszky schuf für beide Nationalgalerien gute Gelegenheit zur Präsentation seines künstlerischen Erbes. Von April bis Juni 1979 kam es in der Budapester Nationalgalerie zu einer repräsentativen Mednyánszky-Ausstellung, deren Kurator und Autor des Katalogs Dr. Kisdéginé Irén Kirimi war. Die Formulierung am Ende der kurzen Einleitung, die Werke Mednyánszkys seien vorwiegend in der Ungarischen Nationalgalerie zu finden, der Künstler sei aber „auch in Privatsammlungen und dem Städtischen Museum in Bratislava mit reichem Material vertreten", 17 belegen den völligen Kontaktmangel zwischen den beiden Galerien, dessen Beilegung das künstlerische Erbe des Malers in eine untrennbare Einheit verschmelzen hätte können. Die Koordinierung der Tätigkeit der zwei Museen empfahl Dr. Nóra Aradi, übrigens eine alte Bekannte von Vaculik, doch gab es zu seinen Lebzeiten in dieser Hinsicht keine Fortschritte. So wurde die andere große Mednyánszky­Ausstellung, die Vaculik vom Oktober bis Dezember 1979 in der Slowakischen Nationalgalerie veranstaltete, wie­der nur aus dem in der Slowakei befindlichen Material zusammengestellt. 18 Über die neu erworbenen Kenntnisse vom Leben und Schaffen des Künstlers informiert die Einführung, der Katalog selbst enthält kein Verzeichnis der ausgestellten Objekte, auch nicht die Angaben der erworbenen Bilder, lediglich die Reproduktion von 36 Werken. Vaculik beschäftigte sich damals ernsthaft mit dem Gedanken, eine Mednyánszky-Monographie zu schreiben. Der Konzeptentwurf des Buches, das Verzeichnis der ausgestellten Werke und ihrer Besitzer, die Aufzeichnungen von Quellen, die Dokumente über die Restaurierung und Rahmung der Werke im Besitz der Slowakischen

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