Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Zsófia Kiss-Szemán: László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums

widersprüchliche Interpretationen zulassen. Die Wurzel von diesem Phänomen sind wahrscheinlich in der zersplitterten Persönlichkeit von Mednyánszky zu suchen. Einen ähnlichen Gedanken entwickelte bereits die Monographie von Kállai. 85 Markója weist in ihren Studien auf sieben Gruppen des Forschungsmaterials mit Quellencharakter hin, die bislang nie oder nur unvollständig verarbeitet wurden, die aber angesichts der komple­xen Persönlichkeit Mednyánszkys unentbehrlich sind. Diese sieben Materialquellen verarbeitete sie dann systema­tisch in Quellenmaterialien: 1. die nicht komplett veröffentlichten Erinnerungen der Margit Baronesse Czóbel, der Schwester des Malers; 2. zeitgenössische weniger bekannte Literaturquellen und zeitgenössisches Pressematerial über das Schaffen Mednyánszkys; 3. nicht verarbeitete handschriftliche Korrespondenz des Malers im Archiv der Ungarischen Nationalgalerie; 4. die aus dem Jahr 1920 stammende, fast 400-seitige Umschreibung der Tagebücher des Künstlers im Datenarchiv der Ungarischen Nationalgalerie; 5. eine nicht zensierte maschinengeschriebene Variante des im Jahr 1960 publizierten Tagebuches; 6. Archivdokumente des Gerichtsverfahrens zwischen der Firma Singer und Wolfner (Mednyánszkys Mäzene) und den Erben László Mednyánszkys; 7. die Erinnerungen Nándor Katonás. 86 Zum Schluss ist die Studie sowie die Aufarbeitung des frühen Tagebuches László Mednyánszkys aus den Jahren 1878-1881 von der Autorin dieses Artikels zu erwähnen. 87 Sie änderten prinzipiell einige überlieferten Fakten aus der Fachliteratur. Dies bezieht sich vor allem auf die Tagebücher, die bis jetzt erst ab den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts bekannt waren. Ferner bezieht sich das auf die Datierungen sowie die Geschichte konkreter Werke, vor allen Dingen auf das Gemälde Krähen an der Tränke (Kat. 10) sowie auf das Vorkommen einiger ständiger Themen und Motive in seinem Schaffen (einschließlich der so genannten Vagabundenköpfe). Man muss sich bewusst werden, dass sich auch in der Slowakei eine Menge unerforschter Quellen befindet. Es han­delt sich um zahlreiche Briefe, Fotografien und anderes Archivmaterial in öffentlichen und privaten Sammlungen. Bei der Erforschung und Interpretation des Schaffens László Mednyánszkys sind mindestens noch zwei wei­tere Aspekte zu nennen: 1. die methodische Haltung einzelner Forscher, und 2. deren Standpunkt zur Frage der Zugehörigkeit von Mednyánszkys Werks zur ungarischen, slowakischen, oder eventuell mittel- bzw. europäischen Malerei. Vom Gesichtspunkt des Zugangs der Kunsthistoriker zum Schaffen Mednyánszkys sind drei klare Interpretationslinien zu unterscheiden. Es ist vor allem die soziologisierende Strömung, die die äußeren Umstände für die Schaffung von Mednyánszkys Werk für bestimmend erklärt (z. B. Familiengeschlecht, Milieu, Momente in seinem Leben). Zum Teil ist hier auch die autobiographische Literatur hinzuzuziehen, die meist von einem gewissen Anekdotismus gekennzeichnet ist. Die Wurzeln dieser Strömung reichen bis zum französischen Kritiker Remacle und zu Malonyay zurück, die ihrerseits wiederum von der damals weit verbreiteten Theorie Taines beein­flusst waren. Ihre Interpretation basiert auf dem Milieu-Modell, obwohl diese Theorie an einigen Stellen ziemlich undifferenziert angewandt wurde. Die soziologisierende Strömung lebte im Zusammenhang mit der Neubewertung von Mednyánszkys Schaffen in den fünfziger Jahren wieder auf, als die Kunsthistoriker das soziale Interesse des Malers einseitig verstanden, konkret darin eine „vorsozialistischen" Haltung erkennen wollten. Dadurch verlagerte sich der Ausgangspunkt des interpretierenden Wissenschaftlers auf eine ideologische Ebene, die den zeitgenössischen gesellschaftlichen Anforderungen Rechnung trug. Die zweite Strömung stellt die Stilkonzeptionen bei der Deutung der Entwicklung von Mednyánszkys Werk dar. Die Autoren verfolgen die Wandlungen der Handschrift, die Art und Weise des Malens und suchen dabei nach den direkten oder indirekten Einflüssen der zeitgenössischen europäischen oder ungarischen Kunst auf Mednyánszky. Sie zeigen Parallelen auf, finden konkrete Inspirationen für einzelne Werke. Auf diese Weise verfolgen sie oft bestimmende Faktoren des Schaffens unter den äußeren Umständen und Impulsen (deswegen kann man oft von teilweiser Übereinstimmung mit der soziologisierenden Strömung sprechen). Diese Autoren bemühen sich einerseits um das Aufzeigen einer persönlichen Stilentwicklung des Malers, andererseits versu­chen sie, sein gesamtes Werk in die damaligen europäischen, mitteleuropäischen, ungarischen oder slowakischen Zusammenhänge einzuordnen. Die einzelnen Texten unterscheiden sich selbstverständlich durch das Maß der Anwendung dieses Trends, sowie in der Nutzung individueller Kenntnisse des jeweiligen Forschers. Diese Art von Interpretation reicht bis zu Lyka und Genthon. Eine solche Annäherung an das Werk führte später auch Schanzer fort, bei der - nebenbei - wohl die positivistische Tendenz dominiert. An diese Richtung, d. h. an die Deutung der Stilentwicklung, schloss eine spätere Welle in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts an: Brestyánszky, Bodnár, Vámosiová und Petrová. Um diesen Typ der Interpretation bemühten sich Ende der siebziger Jahre Vaculik, Saucin, aber auch Aradi, die die Frage auch auf die Ebene der theoretischen Reflexion hoben. Diese Reflexion konzentrierte sich vor allem auf Fragen der Datierung einzelner Werke. Aber auch für sie blieben weiterhin sowohl die Stilentwicklungen als auch die Veränderungen in der künstlerischen Handschrift des Malers von zentralem Interesse. Diese Plattform verließ auch Glatz nicht. Er ist ebenfalls an einer Skizzierung der Stilentwicklung und der Einordnung Mednyánszkys Werke in einen breiteren Kontext ohne tiefere Gedankenanalyse interessiert. Die dritte Richtung in der Interpretation Mednyánszkys Werkes gründet sich auf ein geistiges Verständnis sei­nes Schaffens. Die Vertreter dieser Strömung halten jegliches künstlerisches Schaffen für einen Geistesausdruck. Hierher gehört Rezső Bálint. Eine solche Deutung kam in der Monographie Kállais, der ein echter „Spiritualist" unter den Kunsthistorikern ist, voll zur Anwendung. Er schrieb dem Werk Mednyánszkys vor allem Geistesqualitäten zu. Dabei erforschte er ganz gewissenhaft nicht nur das Bild-, sondern auch das Dokumentationsmaterial seines künstlerischen Erbes. An diese Richtung schloss auch Egri an, die sich grundsätzlich weigerte, von irgendeiner Stilentwicklung des Malers zu sprechen. Sie legte großen Wert auf die einzelnen Problemkreise seiner Werke. Aber trotzdem spielten die breiteren gesellschaftlichen Zusammenhänge für sie die wichtigste Rolle. Sarkantyú

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