Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Zsófia Kiss-Szemán: László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums
hielt die zeitgenössische mitteleuropäische Wirklichkeit, die Ereignisse, das Milieu u. ä. im Zusammenhang mit Mednyánszkys Schaffen für die determinierenden Faktoren. Bei Sarkantyú überwog jedoch das Streben nach einer geistigen Interpretation der Werke. Hinsichtlich der Beziehung von Mednyánszkys Schaffen zur nationalen bzw. übernationalen Kunstgeschichte sind die Ansichten der Forscher dermaßen unterschiedlich, dass sie sich nur mühsam in Kategorien zusammenfassen lassen. Am Anfang, also um 1900, wurde sein Schaffen automatisch in die ungarische Kunstgeschichte eingegliedert. Die ungarischen Historiker hielten es für unwichtig, bei jeder Gelegenheit Stellung zum ethnischen Ursprung Mednyánszkys Schaffens zu nehmen. Er wuchs mit der Geschichte der ungarischen Malerei eng zusammen. Die meisten Autoren widmeten sich dieser Problematik gar nicht, für sie stellte sie kein besonderes Problem dar. Eine mehr oder weniger eindeutige Haltung ist in längeren Abhandlungen, vor allem in Monografien, zu finden. In dem Buch von Malonyay aus dem Jahr 1905 begegnen wir einer vulgarisierenden nationalen Konzeption der Kunstgeschichte, die das Schaffen des Malers oft einseitig interpretiert, und dabei nur einen, oft nicht den zentralen Bereich, vorzieht. Zu den typischen Irrtümern dieser Prägung zählte - auch bei Malonyay - die Überzeugung, dass sich die ungarische Kunst aus denjenigen Werken zusammensetzt, die die ungarische Tiefebene und ihr Volk darstellen, d. h. der nationale Charakter sollte in erster Linie durch die Thematik, den Gegenstand der Darstellung u.a. bedingt werden (demselben Irrtum begegnen wir auch bei einigen Autoren aus den fünfziger sogar den sechziger Jahren in der Slowakei, die den slowakischen Charakter Mednyánszkys Schaffens auf Grund der Tatra-Motive erkennen wollten). Einen prinzipiell abweichenden Zugang stellt diesbezüglich Kállai dar. Er verzichtete auf jegliche nationale Postulate. Er betonte sogar Mednyánszkys „slawische Seele". Sein Schaffen verstand er jedoch als übernational, weil er das universelle Schaffen, den Geist unter der Aufbietung all seiner Kräfte, und nicht die Zugehörigkeit zu einer begrenzten Menschengemeinschaft für primär hielt. Dem kann ich nur zustimmen. Zugleich bin ich der Ansicht, dass man nur der Meinung von Kállai folgen kann, will man die Persönlichkeit Mednyánszkys sowie sein Schaffen wirklich verstehen. Mednyánszkys Name wurde in der slowakischen Kunstgeschichte zunächst nur im Zusammenhang mit seinen regionalen Bindungen erwähnt. Man sprach vom Künstler der Zips bzw. von einem aus dem Waagtal gebürtigen Landsmann. In diesem Sinne wird er auch von Hofman in seiner zitierten Veröffentlichung erwähnt. Den Namen sowie das Schaffen Mednyánszkys (Mednanskys) ordnete Vaculik in den fünfziger Jahren eindeutig der slowakischen Kunstgeschichte bzw. der Geschichte der slowakischen Malerei zu. Er betonte seine starken Wurzeln „in der Slowakei" und hob diejenigen Momente in seinem Leben und Schaffen hervor, die diese Tatsache bestätigten. Vámosiová widmete sich in ihrer Studie dieser Problematik nur partiell, indem sie das Thema auf den „slowakischen Teil" seiner Landschaftsmalerei einschränkte. Sie äußerte sich auch zur nationalen Zugehörigkeit des Schaffens Mednyánszkys, die sie als „gespalten" charakterisierte. Seine Werke hielt sie für Grenzerscheinungen, die „für die Kunst ausschlaggebend waren, oder an der Entwicklung der Kunstgeschichte mehrerer, höchstens jedoch zweier Länder beteiligt waren". 88 Mednyánszky zählte sie zu den Künstlern „mit einer alten slowakischen familiären Herkunft, die auch als Künstler mit der Slowakei verknüpft waren, deren Klassenzugehörigkeit jedoch zur Ideologie der ungarischen herrschenden Klasse führte." 89 Sowohl in der ungarischen, als auch in der slowakischen Kunstwissenschaft der Nachkriegszeit wichen die Fachleute ganze Jahrzehnte hindurch der Lösung einiger grundlegender Fragen aus. Darüber hinaus wurde kein Raum für eine fachgerechte Diskussion, oder gar einen Dialog zwischen den Vertretern der Fachkreise in beiden Ländern geschaffen. Die Forscher hielten die in das andere Land geratenen und aus vielerlei Gründen unzugänglichen und unbekannten Werke für „tot" und schenkten ihnen, da sie nicht greifbar waren, auch keine Aufmerksamkeit. Dabei widmeten sich die ungarischen Kunsthistoriker vor allem Mednyánszkys fahrenden (bummelnden) Charakter, seinen ununterbrochenen Streifzügen durch Europa. Die slowakischen Forscher wiederum betonten vor allem die starken Bande zum Vaterland, zu Beckov und Strázky. Die nicht gelösten Probleme blieben deshalb nicht weniger wichtig. Ende der siebziger Jahre wurden sie endlich dringend: Aradi äußerte den Wunsch, das gesamte Werk Mednyánszkys kennen lernen zu wollen und schlug eine Zusammenarbeit mit slowakischen Wissenschaftlern vor. Dieser erste Schritt über die heimischen Grenzen hinaus lief letztlich auf die Einbeziehung Mednyánszkys in den Kontext des künstlerischen Geschehens in Mitteleuropa hinaus. Sarkantyú verarbeitete das Schaffen des Malers in diesem Sinne. In seiner Monographie berücksichtigte er außerdem die gesellschaftlich-kulturelle Spanne der Österreich-Ungarischen Monarchie und den Platz von Mednyánszkys Schaffen darin. Auf slowakischer Seite formulierte Glatz die Antwort auf die Frage nach der künstlerischen Zugehörigkeit Mednyánszkys am prägnantesten: „Der Maler Ladislav [László] Mednyánszky gehört zu den bekanntesten Künstlern, die auf dem Gebiet der Slowakei geboren wurden, oder lebten. Sein Werk überragt mit seiner Bedeutung die geographischen Grenzen des Landes". 90 Glatz leitete das Schaffen Mednyánszkys von der westeuropäischen Kunstentwicklung ab und versuchte dadurch, seine enge Zugehörigkeit zur europäischen Kunstgeschichte zu beweisen. Die letzte umfassende Publikation über die Kunst der Jahrhundertwende um 1900 in slowakischer Sprache (erschienen 1997) ordnet Mednyánszky (explizit: noch immer Mednansky) - der Gruppe „der national gleichgültigen Maler Oberungarns" zu und stellt fest, dass „auf ihn keine der mitteleuropäischen nationalen Kulturen einen ausschließlichen Anspruch erheben kann". Abelovsky untermauert seine Behauptungen auch mit dem Schaffen Mednyánszkys: „Mednyánszkys geistig freier, aristokratischer Individualismus, aber auch die Mystik seiner allgemein menschlichen an das Universum grenzenden künstlerischen Aspirationen schlössen jegliche, d. h. auch nationale Behinderungen aus." 91