Markója Csilla szerk.: Mednyánszky (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

László Mednyánszky im Spiegelbild kunstwissenschaftlichen Schrifttums: wissenschaftliche und kulturhistorische Beiträge - Erzsébet Király: Der Maler der „düsteren Schönheit". Skizze zum romantischen Mystizismus Mednyánszkys

ben. Er fühlte sich der Natur um ihrer selbst willen verpflichtet und erkannte keines der von der Ansicht ausgehen­den imaginativen, gedanklichen Elemente an. Für ihn existierte nur das rein Malerische, und auch das Wesen der biblischen Szenen von Nagybánya ergab sich seiner Meinung nach aus diesen malerischen Elementen im Zauber des sakralen Raums und nicht aus dem religiösen Inhalt. Es hätte seinem Modernismus-Begriff widersprochen, dass ein Bild - wie von Yartin behauptet - ausgesprochen biblische oder mythologische Assoziationen enthielt bzw. beim Betrachter hervorrief. Aus Furcht vor dem illustrativen Charakter des „Literarischen" wollte Lyka jeden im Banne des heiteren und konsolidierten Naturalismus, allerhöchstens im atmosphärischen „Impressionismus" sehen. In der Zeitschrift Művészet maß er - gleichfalls 1903 - Mednyánszky mit diesem Maßstab. „Sein Stil ist groß angelegt, weil er immer große Einheiten vorgibt, ob wir nun die Farbe oder die Linie analysieren, ob wir auf die Werte der Flecken oder des Tons schauen." 20 Andere Werte zu betrachten, dazu wäre die Analyse nach Meinung Lykas nicht berechtigt. „Mednyánszky wählt aus der Natur nicht das literarische Element oder ein zu Reflexionen geeignetes Material, sondern eben jenen Stoff, der sich in erster Linie, ja ausschließlich mit der Malerei ausdrücken und wirkungsvoll charakterisieren lässt. Ihm liefert die Natur also einen anderen Gegenstand als dem Schriftsteller oder den literarisch ambitionierten Malern." 21 Der vorsichtige Lyka blickte immer zurück - er rang beständig mit den Überresten des Akademismus, während Mednyánszky schon seit einem Vierteljahrhundert darüber hinaus war - und zeigte sich für nichts aufgeschlossen, was die Zeit neben, anstelle oder nach dem Naturalismus, der auf Akademismus folgte, hervorbrachte. Bestrebungen oder Werte, die über den Problemkreis der reinen Malerei nach dem Naturprinzip hinausgingen, blieben bei ihm unbemerkt. Andererseits trifft zu, dass er durch das von ihm eingeführte westliche Ideal der L'art pour art vor dem widersinnigen und gefährlichen Teleologismus der von Malonyay beschworenen L'art pour la nation bewahrt blieb. 22 Es ist nicht bekannt, dass Mednyánszky auf irgendeine über ihn veröffentlichte Schrift reagiert hätte. Bei souveränen Künstlern ist das im allgemeinen nicht üblich. Der untadelige Lyka, der, wie bekannt, von ihm kein Bild annahm, wurde übrigens von Mednyánszky - wie von jedermann - sehr verehrt, und ihre menschlichen Beziehungen waren ungetrübt. Uns hingegen ist es hundert Jahre später gegeben, mehr als die Zeitgenossen über Mednyánszky zu erfahren und in seinem Werdegang seine künstlerischen Vorstellungen zu verfolgen. Wenn es eine Berechtigung gibt, dass wir uns in die für den internen Gebrauch bestimmten Aufzeichnungen eines Künstlers vertiefen, dann wohl am ehesten die Absicht, sie zum Gegenstand des Verständnisses zu machen. Die Autorin der vorliegenden Studie möchte nach den stereotypen und publizistischen Schablonen der Belletristik dem Mednyánszky, der seine eigene Kunstanschauung entwickelte, näherkommen, damit sich dann einmal auch das Historische authentisch zeigen kann. 2. Der Tagebuchautor Mednyánszky Wie bei den chronologisch geführten Künstlertagebüchern allgemein üblich, beinhalten auch die Mednyánszky­Tagebücher Erinnerungen, Reisenotizen, Gedanken in Bezug auf Ereignisse oder Lektüre, thematisch-motivische bzw. stilistisch-technische Ideen, Pläne und Fragen. Dazwischen finden sich längere oder kürzere theoreti­sche Erörterungen, die von assoziativen Gedankenfolgen begleitet sind, oder auch davon ganz unabhängige Überlegungen. Aus der Tagebuchführung insgesamt geht hervor, dass der Autor in der erschreckend vielfältigen Kultur seiner Zeit zu Hause war oder sich zumindest zurechtfand und sie immer in Zusammenhang mit seinen eigenen Problemen betrachtete. Mednyánszky versuchte, recht große geistige Perspektiven zu erfassen - und es gab genug Stoff, über den er sich den Kopf zerbrechen konnte. Ein nicht minder wichtiger Teil seiner Tagebücher besteht aus umfangreichen Monologen und lyrischen Bekenntnissen, die der Maler an Bálint Kurdi, einen Bauernjungen aus Vác, nach dessen Tode 1906 richtete. Würden letztere ein zusammenhängendes Ganzes bilden, wären sie - auch wenn ihnen kein literarischer Wert zukommt - zu den besten Werken der klassischen Bekenntnisliteratur zu rechnen. Eine zerrissene Künstlerseele, ein zur Selbstprüfung bereiter, moralischer Mensch gibt darin von Zeit zu Zeit vor sich selbst Erklärungen ab. 23 Denn während der Roman Fuimus tendenziös den resignierenden Philosophen en bloc meißelt, bringen die Tagebücher die Korrekturen. Hier stehen leidenschaftliche Betrachtungsweise und gefühlvolle Erkenntnismethode nicht hinter dem Rationellen zurück. Beides aufeinander bezogen ergibt die intellektuelle Kohäsion der Tagebücher. Nachfolgend will ich mich streng an den Text halten, um diese intellektuelle Kohäsion zu erschließen. Ich schicke jedoch voraus, dass es nicht leicht fällt, László Mednyánszky zu lesen. So schwer, wie seine Tagebücher zu ent­ziffern waren, so schwer ist es nachträglich, sie sprechen zu lassen. Vor allem, weil es nicht zur Veröffentlichung bestimmte, meistens nur bruchstückhafte Texte sind, die rein chronologisch wiedergegeben werden. Es empfiehlt sich also, die Probleme zu strukturieren, wobei nur die wichtigsten gruppiert werden sollen. Die so entstehende Lektüre ist natürlich eine Lesung des Autors und an dieser Stelle auch nur eine Skizze. 24 a) Das sich entwickelnde Weltbild Die von Justh Ende des 19. Jahrhunderts in Ungarn als These aufgezeigte Zwiespältigkeit, im Mittelpunkt mit dem Gedanken der Vergänglichkeit, des Verfalls der Nation und dem Plan von der Verbesserung der Nation war für Mednyánszky spürbare und unmittelbar erlebte Wirklichkeit. Was im Roman die historische Vision eines Geschlechts ist, das ist für ihn gut anderthalb Jahrzehnte früher künstlerische Evidenz. In Oberungarn wurde der Maler in jene bei Justh modellartig postulierte patriarchalische Sitten- und Wertordnung hineingeboren, von deren idealisierten Bild er sich auch als Weltbürger nicht trennte. Je mehr persönliche Bande er mit der ihm gut bekannten und teuren menschlichen Gemeinschaft im Umfeld der Schlösser von Beckov (Beckó) und Strázky (Nagyőr, Nehre) knüpfte, um so größere künstlerische Relevanz hatte sein früh entwickeltes, allgemeines Kataklysmusgefühl.

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