Jávor Anna szerk.: Enikő Buzási: Ádám Mányoki (1673–1757), Monographie und Oeuvrekatalog (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)
Vorwort
35. Antoine Pesne (1683-1757): Selbstbildnis, um 1710 München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen 1682 mit einem in Parallelfalten gelegten, um die Taille locker nach vorn gebauschten und sich öffnenden Hausanzug. Da es sich durch Angaben aus der Sammlungsgeschichte belegen läßt, daß sich das Selbstbildnis von Roos 1710 bereits in der Galerie in Salzdahlum befand, 5 wäre auch die Vermutung einer unmittelbaren Übernahme zulässig, aber es ist wohl eher anzunehmen, daß Mányoki einen gleichwertigen Nachstich des Bildnisses von Roos, das 1684 veröffentlichte Blatt von Philipp Kilian, benutzte. 6 Die Motivgleichheit der Kleidung und die Übereinstimmung der Komposition wird auch durch die ähnliche Körperbewegung hervorgehoben, obwohl sich Mányoki in dieser Hinsicht - nach Entsprechungen in den Details zu urteilen - eher am Selbstbildnis von Pesne aus der Zeit um 1710 ausrichtete. 7 Die Drehung des Oberkörpers und der zurückgewandte Kopf sind in den beiden letztgenannten besser aufeinander abgestimmt, und die Palette mit den gebündelt gehaltenen Pinseln fügt sich in diesen beiden Fällen an gleicher Stelle in die Komposition. Während aber in Pesnes Selbstbildnis zur „Genre"-Erscheinung ungewöhnlicherweise ein Stock in der Rechten hinzukommt, stützt sich Mányoki auf einen Malstock, wodurch die ansonsten verwandte Bewegung in ein Motiv umgewandelt wird, das sich besser dem Thema fügt. So neuartig und modern auch dieses Selbstbildnis Mányokis in seiner Anschauung anmutet, schöpft es doch - kaum merkbar - auch aus den Vorläufern der Gattung aus dem 17. Jahrhundert. Der dünne braune Streifen am unteren Bildrand verweist auf das Brüstungsmotiv der italienischen Renaissancebildnisse, 36. Antoine Pesne (1683-1757): Mädchen mit Strohhut und Gemüsekorb, 1710/1715 München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen das sich nach Rembrandts Selbstbildnis von 1640 in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts über die Selbstbildnisse von holländischen Malern vorwiegend aus der Leidener Schule, immer abwechslungsreicher gestaltet, verbreitete. 8 Ebenfalls ein aus dem 17. Jahrhundert geerbtes Requisit ist der weiche Samthut mit breiter, hochgestellter Krempe, die auf den oberen Teil des Gesichtes einen warm-braunen Schatten wirft, seit Rembrandt ein beliebtes Motiv der Selbstbildnisse vor allem bei holländischen Malern. Trotzdem wurde Mányokis Selbstbildnis auch in diesem Detail vermutlich - nicht in der Ikonographie, sondern hinsichtlich der malerischen Lösung - eher von einem Genrebild Pesnes angeregt, und zwar vom Mädchen mit Strohhut und Gemüsekorb, das in die Zeit zwischen 1710 und 1715 datiert wurde. 9 In diesem Bild ist nämlich nicht nur die kompositionelle Rolle des Hutes, der die obere Gesichtshälfte beschattet, die gleiche, sondern auch die koloristische Eigenart, die Farbzusammenstellung aus Braun-, Ocker- und Weißtönen. Die im Dunklen liegende Augenpartie weist bei Pesne denselben koloristischen Aufbau aus Helldunkelflecken auf, die auch am Selbstbildnis Mányokis auffällt, umso mehr als dies zu seiner bisherigen Technik, die Detailformen des Gesichts sorgsam in Pinselzeichnung zu entwickeln, völlig im Gegensatz steht. In dieser Art der Modellierung folgt Mányoki noch eindeutiger einem anderen Genrebild Pesnes, dem Aus dem Fenster winkenden Mädchen, 10 das über die Ähnlichkeiten der Färb- und Tonbehandlung hinaus in der Gestaltung einiger Gesichtspartien so augenfällige Ähnlichkeiten mit Mányokis Selbstbildnis