Jávor Anna szerk.: Enikő Buzási: Ádám Mányoki (1673–1757), Monographie und Oeuvrekatalog (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2003/2)

Vorwort

Werke identifizieren. Diese Bibliothek aus dem Nachlaß eines bildenden Künstlers wäre bereits nach den bisher erwähnten als außerordentlich zu bezeichnen. Den ungewöhnlichsten Teil bilden aber die ebenfalls zahlreich verzeichneten Bücher zur Alchemie, Kabbala und „magia naturalis", vervollständigt durch je einen Band zur Physik und Arithmetik. Zur Zeit lassen sich 38 Werke dieser Gruppe zuordnen. 19 Hinzu kommen noch wei­tere vier Arbeiten, die unterschiedliche Arten der Wahrsagekunst und der Zauberei zum Inhalt haben. 20 Wir wollen nun die Behandlung des thematischen Reichtums der Bibiliothek unterbrechen, denn im Zusammenhang mit den letzteren „Wissenschaften" drängt sich die Frage auf, ob sich diese stattliche Sammlung an „naturwissenschaftlicher" Lite­ratur mit irgendwelcher Experimentiertätigkeit oder Praxis in Zusammenhang bringen läßt. Die Frage ist umso berechtigter, als 24 von den 26 angeführten Handschriften zu einem der erwähnten Themenbereiche gehören - wenigstens aufgrund des angegebenen Themas. Neun Stücke lassen sich unter Medizin, Pharmazie und Chemiatrie einordnen, mehrere darunter, die als „geschriebenes Buch" bezeichnet sind, dürften handschriftliche Kopien von gedruckten Büchern gewesen sein, 21 andere vier er­scheinen im Inventar summarisch als „chymisches Manuscript". 22 Weitere zehn Handschriften lassen sich, nach der Titelaufnahme zu schließen, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit in den Themen­berich Alchemie einordnen, 23 eine beschäftigt sich mit der Kab­bala und mit „magischen Wissenschaften". 24 Die große Zahl von möglicherweise von Mányokis Hand stammenden Manu­skripten und deren begrenzte Thematik könnte eigentlich als ein Indiz für Versuchstätigkeit verstanden werden, aber die sonsti­gen Objekte des Nachlaßverzeichnisses vermögen diese Mög­lichkeit nicht zu untermauern. In den Inventarposten mit den persönlichen Gütern - im letzten Viertel der Aufnahme - ist nämlich außer einer Wünschelrute kein Instrument, kein Aus­rüstungsteil angeführt, das auf eine Versuchstätigkeit oder alchemistische Praktiken hinweisen könnte. Keine Spur also von der damals so modischen „Goldmacherei", aber wahrscheinlich auch nicht von wissenschaftlicher Tätig­keit auf dem Niveau der Zeit. In Anbetracht der aus 155 Namen zusammengesetzten Autorenliste und besonders der be­vorzugten Autoren kommt man zu keinem anderen Ergebnis. 25 Die häufigsten Namen sind Paracelsus und dessen Nachfolger, der mystische Theosoph Jakob Böhme. Vom ersteren finden sich fünf Arbeiten, vom letzteren sechs Werke aus der Amster­damer Gesamtausgabe von 1682 in der Aufzählung. Mit je drei Werken erscheinen Cornelius Agrippa von Nettesheim, dessen „De occulta Philosophia" in Mányokis Bibliothek sogar in zwei Ausgaben vorhanden war, und Christoph von Hellwig - in zwei Fällen unter seinem Pseudonym Valentin Kreutermann -, fer­ner der Arzt und Mineraloge Johann Friedrich Henkel, die My­stiker Johann Georg Gichtel und Friedrich Hiel sowie der Dichter von Kirchenliedern Benjamin Schmolck. Mit je zwei Werken sind der Chemiater Oswald Croll und der Leipziger Arzt Gottfried Rothe - beide jeweils mit zwei Ausgaben dessel­ben Werkes - und der polnische Alchemist Michael Sendi­vogius, ferner Johann Popp, Johann Joachim Becher, Dethlev Clüver, Christian Democritus, Elias Beynon, Pierre le Lorrain Abt von Vallemont beziehungsweise Georg Paul Siegvolck vertreten. Sie waren mehrheitlich Paracelsisten, Arzte, Chemiker, Physiker und Alchemisten, zur gleichen Zeit eventuell auch hermetische oder mystische Philosophen - also bezeichnende Vertreter des philosophischen und naturwis­senschaftlichen Denkens der Zeit, des 16. und 17. Jahrhunderts. In Mányokis Bibliothek finden sich aber auch manche Bücher von Albertus Magnus, Basilius Valentinus, dem mystischen Theologen Sebastian Franck, dem Alchemisten und Rosen­kreuzer Michael Maier - dem Leibarzt von Rudolph II. -, dem Paracelsisten, Arzt, Chemiater und mystischen Philosophen Johann Baptist von Helmont, dem Alchemisten und Hermeti­sten Heinrich Khunrath oder von Aegidius Gutmann, die wie mehrere unter den Werken der weiter oben erwähnten Autoren bereits damals als Klassiker der Alchemie, der kabbalistischen Literatur, des hermetischen oder mystischen Denkens galten. Obwohl so manche der medizinischen und pharmazeutischen Bücher als Arbeiten von praktischen Ärzten, im damaligen Sinne als tatsächliche „Fachbücher" angesehen werden dür­fen, 26 gehört die Mehrzahl der Werke dieser Themenbereiche im Nachlaßinventar wahrscheinlich eher zu jener Kategorie, die auf eine popularisierte naturwissenschaftlich-philosophi­sche Weise an das gegebene Thema herangeht. Besonders die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts oder danach er­schienenen Werke entstanden nicht als Produkte des wissen­schaftlichen Denkens, sondern im Zeichen der Nachblüte der esoterischen Bildung, die in weiteren Kreisen der Gesellschaft populär geworden ist. Dieses spezielle, aufgrund des Nachlaßverzeichnisses genau erkennbare Interesse Mányokis läßt sich genauer inter­pretieren, wenn man es mit der stattlichen Menge des bereits erwähnten (meistens protestantischen) theologischen Schrift­tums und der Gruppe von mystischer Literatur, theosophische und pansophistische Werke inbegriffen - insgesamt 29 Werke 27 - in Zusammenhang bringt. Die mystische Literatur reicht von Thomas von Kempen über die unterschiedlichsten Richtungen der christlichen Mystik bis zur Zeit der Jeanne­Marie de la Mothe-Guyon. Genau dies war die Zusammenset­zung des geistigen Hintergrundes der Entstehung der Rosenkreuzerbrüderschaften und ihrer Tätigkeit im 17. und 18. Jahrhundert. 28 Möglicherweise liegt die Erklärung für den beachtlichen Anteil der Bände medizinischen, pharmazeuti­schen und chemischen Inhalts in der Bibliothek des Malers in dem philantropischen Anliegen der Gesellschaft der Rosen­kreuzer, das auch in ihren Statuten festgelegt ist, wurde ja die gratis ausgeführte Heiltätigkeit als hauptsächliche „Pflicht" der Rosenkreuzerbrüder angesehen. Ob Mányoki zu den Rosenkreuzern gehörte, wird sich wohl nie ermitteln lassen. Die Vermutung wird jedenfalls durch vier Bücher bezie­hungsweise Ausgaben dieses Themas 29 untermauert, unter denen zwei, die Arbeiten von Ludwig Conrad Orvius und Her­mann Fictuld (beides Pseudonyme), zu den grundlegenden Schriften des Rosenkreuzerschrifttums aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zählen. Hermann Fictulds (wahrschein­lich Johann Heinrich Schmidt) 1749 veröffentliches Buch „Azoth et Ignis..." ist sogar eine der Hauptschriften der neugestalteten Gold- und Rosenkreuzergesellschaft gewor­den. 30 Es ist ein Zeichen der Verbindung mit dieser Gesellschaft, daß eine von Mányokis Handschriften laut Titel vermutlich ebenfalls diesen Fragen gewidmet war, 31 und im Hinblick auf diese Annahme ist auch der Umstand von Belang, daß Fictulds 1749 veröffentlichtes Werk laut Erscheinungsjahr

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