Mikó Árpád – Sinkó Katalin szerk.: Történelem-Kép, Szemelvények múlt és művészet kapcsolatáról Magyarországon (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2000/3)
GESCHICHTE - GESCHICHTSBILD - Einführung in die Ausstellung
verstanden wurden. Gegenstand der Allegorien war die als erhaben begriffene Geschichte positiven Inhalts, die mit der Gegenwart in Verbindung stand. Die historischen Allegorien der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterscheiden sich durch die Darstellung des Entwicklungsmoments von den zeitlosen Allegorien früherer Zeiten. Letztere hatten meistens die bildliche Darstellung irgendeiner Person oder einer religiösen, politischen Idee zum Gegenstand, erstere hingegen den historischen Prozeß selbst. Diese „Geschichte", wie sie in Werken des 19. Jahrhunderts vergegenwärtigt wird, stellt im wesentlichen - wiewohl sich die einzelnen Szenen kaleidoskopenhaft ändern - einen einzigen dynamischen Prozeß dar, der die Erklärung für die Gegenwart bietet. In diesen Bilderfolgen tragen daher auch die Personen und Helden aus verschiedenen historischen Epochen oft eine symbolische Bedeutung: Sie stehen jeweils für eine ganze Epoche oder für einzelne Tugenden. Die Tugendfiguren, die Genien, die Allegorien der Wissenschaft oder der Kunst verweisen allesamt auf die angenommene moralische Bedeutung der Geschichte, die über die einmaligkeit der Ereignisse hinausweist. Die Tugendfiguren sowie die Bildfolge der historischen Ereignisse bilden gemeinsam eine Allegorie, die die Lexika der Zeit der Gattung „historische Allegorie" zuweisen. In den Fresken im Treppenhaus des Nationalmuseums oder im Festsaal der Ungarischen Akademie der Wissenschaften aus den siebziger und achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts sind Ereignisse und Helden unterschiedlicher Epochen aneinandergereiht, und das ergibt insgesamt eine allegorische Bedeutung. Was das Programm im Nationalmuseum betrifft, dort erhalten die symbolischen Darstellungen der allgemein menschlichen und der nationalen Tugenden mehr Akzent und auch mehr Raum als die historischen Ereignisse selbst. Die Auftraggeber der historischen Allegorien und die Schöpfer der Programme für die öffentlichen Gebäude und die Denkmäler wünschten das Publikum entsprechend dem Staatsethos der Aufklärung zu unterweisen, zu erziehen, zu belehren. Dies bezog sich nicht nur auf die Übergabe enzyklopädischer historischer Kenntnisse, sondern auch auf die ideologische Vermittlung der historischen Voraussetzungen und der Legitimation der Gegenwart. Die Historienbilder im Freskenschmuck der öffentlichen Gebäude standen ebenso in Beziehung zur Gegenwart wie die historischen Tableaus, die für den Anschauungsunterricht herausgegeben wurden, und die ebenfalls nicht einzeln, sondern als Bilderfolge ihren allegorischen Sinn erhielten. Das Vertrauen in den historischen Fortschritt wurde aber im letzten Drittel des Jahrhunderts bereits erschüttert. Um diese Zeit tauchten unter den Geschichtsallegorien die Bilder der negativen und tragischen Auffassung der Geschichte auf, die davon zeugen, daß die Geschichte nicht das Terrain der Entwicklung des laufenden Fortschritts der Menschheit oder einzelner Nationen ist, sondern der Schauplatz fürchterlicher Leiden der Völker. Ein Beispiel dafür ist das Bild Mihály Zichys mit dem Titel Die Waffen des Dämons (1878), eine verdichtete Darstellung der europäischen Lage in einer einzigen Komposition; diese historische Allegorie wurde zu seiner Zeit als skandalös empfunden. Den Verlust der Geschichte an Bedeutung und Sinn versuchten die Maler mit der möglichst realitätsnahen Inszenierung der Ereignisse zu ersetzen. Die Versuche, die Ansprüche des Realismus und der Historienmalerei aufeinander abzustimmen, führten meistens zu künstlerisch fraglichen Ergebnissen, wie das Panneau Die Landnahme der Ungarn von Mihály Munkácsy für das Budapester Parlament. Der Form nach neuartigen, aber inhaltlich altertümlichen Beispielen für die historische Allegorie begegnet man noch im 20. Jahrhundert. Aus diesem Kreis zeigen wir in der Ausstellung die historische Allegorie Die Kämpfe von tausend Jahren von Gyula Batthyány. Jene Werke hingegen, die von Ansprüchen totalitärer Staaten auf Legitimität ins Leben gerufen werden, lassen sich meistens nicht in den Bereich der Kunst einweisen. Allegorische Historienbilder wirken im 20. Jahrhundert meistens anachronistisch, war doch die moderne Kunst seit dem Augenblick ihrer Geburt, man könnte sagen von vornherein, historismusfeindlich. XIII. Historische Repräsentation des Staates Das 17. und 18. Jahrhundert war in Ungarn arm an staatlichen Aufträgen und an Werken, die die Repräsentation des Königshofs zum Ausdruck brachten. Eine Ausnahme bildete die im Auftrag Ferdinands II. ausgeführte Panneaufolge des Guten Regiments von Paul Juvenel für die Burg Preßburg. Die gesamte Folge wurde leider vernichtet, man kann sich aber anhand der erhaltenen Nachstiche einen Begriff davon machen. Einzelne Momente der ungarischen Geschichte tauchen auch in Werken auf, die im kirchlichen Auftrag geschaffen wurden: in Altarbildern, Fresken oder in der Ausschmückung von Repräsentationsräumen. Einige wichtige Werke dieser Art können wir in der Ausstellung zeigen, so die Patrona Hungáriáé von Bartolomeo Altomonte, die Maria als Beschützerin Ungarns und Besiegerin der Türken darstellt, und Dorffmaisters Gemälde für den Empfangsraum des Bischofspalais von Szentgotthárd, Der Tod Ludwigs II. in der Schlacht bei Mohács (1795). Königin Maria Theresia erwarb vom flämischen Künstler Pierre Joseph Verhaghen das Gemälde König Stephan der Heilige empfängt die Gesandten des Papstes, die ihm die Krone überbringen (1770). Als erste tatsächliche staatliche Auftragwerke sind die 1825 vom Landtag bestellten Werke Peter Kraffts zu betrachten. Sein repräsentatives Werk Zrínyis Ausfall aus Burg Sziget war - im Geiste des Reichspatriotismus - das Gegenstück zum monumentalen Zeremonienbild der Krönung von Franz I. in Buda (heute in der Dauerausstellung des Museums der Bildenden Künste). Beide Gemälde wurden auf Vorschlag von Palatin Joseph für das Ungarische Nationalmuseum ausgeführt. Im Auftrag des ungarischen Staates und auf seine Kosten entstanden nach 1867 Gemälde und Statuen hi-