Mikó Árpád – Sinkó Katalin szerk.: Történelem-Kép, Szemelvények múlt és művészet kapcsolatáról Magyarországon (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2000/3)

GESCHICHTE - GESCHICHTSBILD - Einführung in die Ausstellung

XL Bilder der Nationalen Leidensgeschichte Nach dem niedergeschlagenen Freiheitskampf von 1848/ 49, in der Atmosphäre des Absolutismus, erschienen in den Ausstellungen Historienbilder neuer Prägung, die den Besuchern die historischen Szenen als Stationen der „nationalen Leidensgeschichte" vorführten. Im Jahr 1850 stellten Sorna Orlay Petrich sein großformatiges düste­res Bild Auffindung des Leichnams des bei Mohács gefalle­nen Königs Ludwig II. und 1855 Viktor Madarász sein Gemälde Kurutze und Kaiserlicher - zwei Brüder - Biogra­phie aus der Vergangenheit Siebenbürgens aus, diesem folg­ten 1856 Der Traum des Heimatvertriebenen und 1859 die wirkungsreichste Schöpfung dieses Bildtyps, Die Bewei­nung des László Hunyadi, ebenfalls von Madarász. Lau­ter tragische Ereignisse aus den Jahrhunderten der un­garischen Geschichte, gefallene, gestürzte, ermordete Helden, Bruderzwist, Niederlagen, Vernichtung. Ob­wohl sie konkrete historische Ereignisse zeigen, die den Besuchern bekannt waren, konnte ihr Sinn, ihre Aussa­ge im Besitz der damaligen traurigen Erfahrungen ­Unterdrückung nach dem Freiheitskampf, nationale Zer­rissenheit - auf die Gegenwart bezogen werden. Die Wirkung dieser Bilder wird über die Themenwahl und die dramatische Gestaltung hinaus auch durch ih­ren symbolischen Charakter gewährleistet. Es handelt sich nicht nur um Ereignisbilder, sondern auch um na­tionale „Schicksalsbilder", die über die konkreten Mo­mente der Darstellung hinausweisen. Man könnte sagen, der „Zeithorizont" dieser Bilder ist nicht nur der aufge­zeigte historische Zeitpunkt, sondern auch die „Lebens­Zeit" der Nation. Die toten, aufgebahrten Opfer wie László Hunyadi, der in einem schweren historischen Moment ermordete hoffnungsvolle Thronanwärter, oder König Ludwig IL, der in jener Schlacht gegen die Tür­ken gefallen war, die dem selbständigen ungarischen Staat ein Ende setzte, versinnbildlichen beide die nieder­geschlagene Nation. Das Pathos, das die Gemälde von Madarász oder Orlay Petrich um diese Zeit erfüllt, schöpft aus dem in seiner ganzen Tiefe als Drama erlebten nationalen Schicksal, aus der Auffassung, die die Szenen der Ge­schichte als einen ununterbrochenen Kampf begreift. László Hunyadi, ein Opfer der königlichen Willkür, ist über der Grabplatte von Kont und seinen Gefährten ­ebenfalls Opfern der königlichen Willkür - aufgebahrt; in seiner berechtigten Empörung gegen den Hof tritt Felicián Zách als ein Held auf, der bereit ist, sich für die Ehre seiner Tochter Rache zu nehmen, und sein Beil trägt als Inschrift den Titel eines Jahrhunderte später entstan­denen Werks von Zrínyi, „Tu dem Ungar nichts an!" Im unausgesetzten Kampf auf Leben und Tod mit dem äu­ßeren oder inneren Feind, vor allem mit den „Deut­schen" - d. h. den Österreichern, den Kaiserlichen -, scheinen Ereignisse und Personen im wesentlichen im­mer auf derselben Seite zu stehen. Den Künstlern lag viel mehr am Parabelcharakter des Themas als an der histo­rischen Treue im engeren Sinn des Wortes. Die Maler wollten nicht einfach die Märtyrer der Nation herauf­beschwören, sondern dadurch auch die historische Ver­geltung vorantreiben, die historische Wahrheit im mo­ralischen Sinne aufzeigen: Im weltweiten Kampf von Gut und Böse ist das Schicksal der ungarischen Nation ein für die Wahrheit erlittenes Martyrium. Die hier ausgestellten Bilder der nationalen Leidens­geschichte haben maßgeblich zur Herausbildung des tra­gischen Weltbildes des ungarischen Geschichtsbewußt­seins beigetragen. Das dunkle Pathos, von dem diese Werke durchsetzt sind, hat aber nach dem Ausgleich mit Österreich viel an Authentizität eingebüßt. Für den un­garischen Staat, der nach 1867 seine Autonomie - we­nigstens in den äußerlichen Formen der Machtausübung - wiedererlangte und sich innerhalb der Österreichisch­Ungarischen Monarchie etablierte, waren die patheti­schen Bilder der nationalen Leidensgeschichte nicht mehr annehmbar. Rebellische Bilder mit antihabsbur­gischer Tendenz wie Der Landtag von Ónod von Sorna Orlay Petrich, eine Szene aus den Freiheitskämpfen von Franz Rákóczi vom Beginn des 18. lahrhunderts, oder die Darstellung des Führers des ungarischen Bauern­kriegs vom Beginn des 16. lahrhunderts, Dózsa, wurden vor Ende des Jahrhunderts nicht für die breite Öffent­lichkeit zugelassen. Gefragt waren eher Szenen der auf­steigenden, glorreichen Geschichte, und diesen Ansprü­chen mußten nun die Fresken der öffentlichen Gebäude im staatlichen Auftrag und die ständig zunehmenden Denkmäler nachkommen. Nach 1900 wurden in das von der Macht kontrollier­te Pantheon bereits auch die früheren „Rebellen", Sym­bolfiguren der Revolution von 1848/49, der Dichter Sán­dor Petőfi und der Politiker Lajos Kossuth aufgenom­men. Der Kult der beiden ist aber nicht den berechtig­ten Ansprüchen nach gesellschaftlichen Änderungen ent­sprungen, sondern diente vielmehr den Legitimations­ansprüchen der durch Kompromisse in Machtpositionen gekommenen Unabhängigkeits- und 48er Partei. Im li­terarischen Leben, das von der Petőfi-Gesellschaft be­herrscht wurde, und in der Welt der Politik, die den Na­men Kossuth mißbrauchte, zeigte sich der wesenseige­ne Radikalismus der Dichtung Petőfis und der Malerei von Viktor Madarász und Mihály Zichy nur verschwom­men. XII. Allegorische Historienbilder im 19. Jahrhundert Die Kunstschriftsteller waren sich Anfang des 19. Jahr­hunderts einig darin, daß die Gattung der Allegorie bis zu ihrer Zeit ihre Gültigkeit bereits eingebüßt hatte. Trotzdem finden sich noch unter den Historienbildern damals oft Allegorien. Zu dieser Zeit wünschte man die Geschichte in ihrer Entwicklung darzustellen; dies ent­sprach dem ausgeprägtesten Moment der Geschichtsauf­fassung der Epoche. Die Welt der Gegenwart wurde als Produkt einer ständigen Entwicklung, als eine „moder­ne" Zeit aufgefaßt, wobei die einzelnen Etappen der Geschichte als Stationen auf dem Weg zur Gegenwart

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