Mikó Árpád – Sinkó Katalin szerk.: Történelem-Kép, Szemelvények múlt és művészet kapcsolatáról Magyarországon (A Magyar Nemzeti Galéria kiadványai 2000/3)
GESCHICHTE - GESCHICHTSBILD - Einführung in die Ausstellung
neue Elemente ergänzte. Möglicherweise verbargen sich dahinter manchmal auch gar keine Theorien, nur praktische Überlegungen. Wann und warum wohl zum Beispiel die Heilige Krone Ungarns aus ihren beiden Bestandteilen, der griechischen und der lateinischen Krone zusammengefügt wurde, davon handelt eine umfangreiche Literatur; warum aber der Kalvarienberg von König Matthias Corvinus zusammengestellt wurde, indem man das mittelalterliche Meisterwerk der Goldschmiedekunst auf ein Piédestal aus purem Gold im Renaissancestil stellte, davon ist kaum etwas zu lesen. Die Idee, von der Abt Suger von Saint-Denis ergriffen wurde, als er für einen byzantinischen Achatkrug oder eine ägyptische Porphyrvase neue Fassungen anfertigen ließ, hat auch andere gepackt, sowohl später, als auch bereits vor ihm. In besonderen Fällen wir dab und zu ein altes, wertvolles Kunstwerk ohne Umgestaltung einfach auf eine historische Persönlichkeit, auf einen berühmten Mann zurückgeführt. In diesem Zeitspiel läßt sich keine Entwicklung aufzeigen, es war zu jeder Zeit allgemein gebräuchlich. Die umfangreichste Eingliederung und Umdeutung von Gegenständen geschieht eigentlich im Museum selbst, wo der gegenständliche Nachlaß alter Zeiten in einen ganz neuen, fremden Zusammenhang gestellt wird. Unsere Ausstellung führt Beispiele für unterschiedliche Arten dieser Praxis an. Viele Objekte werden - auch in der Fachliteratur in engerem Sinne immer wieder, sogar mit Illustration - veröffentlicht, die fälschlicherweise mit dem Namen historischer Persönlichkeiten verbunden sind. So zum Beispiel das spätgotische feldflaschenförmige Prunkgefäß aus der Schatzkammer der Esterházy, von dem erst in unserem Jahrhundert - ohne jeglichen Grund, dafür aber umso wirkungsvoller - behauptet wurde, daß es zu den Schätzen von König Matthias Corvinus gehört haben soll. Alte örtliche Traditionen verbanden hingegen mit der Person des Königs Matthias mittelalterliche Meßgewänder in Győr und in Szeged; an beiden zeugen barocke Ergänzungen davon, wie alt diese Traditionen sind. Die Kasel von Fojnica wurde aus dem in Florenz gewebten Thronbehang des Königs in ein Meßgewand umgestaltet; das Schicksal des Stückes im 19. Jahrhunderts ist vielleicht noch interessanter, denn der Herrscher - Franz Josef I. - erwarb die Kasel mit der Absicht, sie unter die liturgischen Paramente einzugliedern, die bei der Krönung der ungarischen Könige gebraucht wurden. Die „Kindermente" des Erzbischofs Miklós Oláh oder der „Mantel" von König Matthias dienten wohl bereits seit dem 17. Jahrhundert zum höheren Glanz der Sammlung Esterházy; von beiden Stücken konnte erst die neueste Forschung feststellen, daß sie erheblich später entstanden sind und daher nie von ihren legendären Eigentümern getragen werden konnten. Man könnte auch lang und breit Goldschmiedearbeiten aufzählen, die im allgemeinen Bewußtsein - zuweilen durch nachträgliche Inschriften „beglaubigt" mit den Großen der ungarischen Geschichte verbunden werden. Beispiele dafür sind das Salzfaß der Königin Isabella, der „Anhänger" von Fürst Gabriel Bethlen oder die türkische(!) Trinkschale des Georg Martinuzzi. Selbstverständlich gibt es auch solche prächtige Kunstwerke - auch in unserer Ausstellung -, von denen die Tradition richtige Angaben bewahrt hat, oder wenigstens solche, die nicht widerlegt werden können. Hierher gehört aller Wahrscheinlichkeit nach der korallene „Rosenkranz" des Fürsten von Siebenbürgen und Königs von Polen Stephan Báthory, und es ist auch möglich, daß das schöne, mit Achatplatten geschmückte Spielbrett tatsächlich aus dem Besitz des siebenbürgischen Fürsten Michael Apafi stammt. Bei manchen Werken stellt sich die irrtümliche Zuweisung bald heraus - so vom Spielbrett mit gesticktem Überzug aus dem 18. Jahrhundert, von dem man im vorigen Jahrhundert noch meinte, es hätte im 16. Jahrhundert der Königin Isabella gehört -, bei anderen wird es sich vielleicht nie nachweisen lassen. Eine eigene Kategorie bilden Gegenstände, die nicht nur mit neuzeitlichen Traditionen verknüpft sind, sondern auch viel jünger sind als sie aussehen oder sich ausgeben wollen. Wir wissen sehr wohl, daß nicht alle Fälschungen zum Zweck der Täuschung hergestellt worden sind, und auch die Fälschungen sind ja Originale in ihrer Art, aber das eine oder andere Stück hat sogar die Forschung irregeführt. In der berüchtigten Werkstatt des Antiquitätenhändlers Sámuel Literati Nemes entstanden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zahlreiche pseudo-mittelalterliche Werke, von denen einige auch in der Ausstellung zu sehen sind, so die auf 1301 „datierte" Ungarische Bilderchronik mit Miniaturen, oder ein Pergamentblatt mit - im übrigen sehr dekorativer „heidnischer" Schrift. Der „Text" des berühmten Kodexes aus Rohonc hat mit seinen vielen, an Runenschrift erinnernden Zeichen bereits viele Forscher zur Entschlüsselung eingeladen, aber es ist anzunehmen, daß auch dieses Stück aus derselben Werkstatt stammt. VIII. Die Anfänge des Interesses für die Archäologie Die Beschäftigung mit der Geschichte in dem Sinne, wie sie heute die wissenschaftliche Forschung verseht, nahm wohl auch in Ungarn - wie überall in Europa - mit dem Humanismus ihren Anfang. Es war freilich noch weit weg von der strengen Wissenschaftlichkeit des 19. Jahrhunderts. Die Erfinder und Vermittler dieser Bildung neuen Typs, die Humanisten selbst, wandten sich mit regem und kritischem Interesse den Denkmälern der Antike, in erster Linie den schriftlichen Denkmälern zu. Bis zum ersten Drittel des 16. Jahrhunderts haben sie die erhaltenen antiken Texte bereits annähernd vollständig herausgegeben, kommentiert und übersetzt, und in engem Zusammenhang damit galt ihre Aufmerksamkeit auch den antiken Inschriften. In Ungarn waren italienische Humanisten die ersten Sammler von antiken Inschriften (so Feiice Feliciano, der mit Johannes von Aragonien nach Buda kam), und bald folgten ihnen auch die ungarischen Humanisten. Der berühmteste unter