Gosztonyi Ferenc - Király Erzsébet - Szücs György szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 2002-2004. 24/9 (MNG Budapest, 2005)

STUDIES - Zsuzsanna Farkas: Die Rezeption des Malers und Fotografen József Borsos (1821-1883) einst und heute

5. József Borsos: Krise im Künstlerleben, 1852. Ungarische Nationalgalerie, Budapest trauriges Zeugnis der obengenannten Richtung - also des verdorbenen Kunstgeschmacks. Die Franzosen stellen derartige Bilder als Öldruck dutzendweise her, um damit die Wände von Restaurants zu schmücken. Unser tapferer Kompatriot sollte es uns nicht übel nehmen, denn seine Genialität wird von niemandem in Zweifel gezogen, aber mag er noch so sehr in die vorderste Linie der Wiener Modemaler gehören, mit einem solchen Werk wird er der Kunst überhaupt nichts nutzen, sich selbst aber umso mehr schaden." Der Kritiker beanstandete hier den erotischen Inhalt des Bildes. Nach einer anderen zeitgenössischen Meinung: ,JJie Taubenpost von József Borsos ist ein sehr, sehr wirkungsvolles Gemälde, das sicherlich die Aufmerksamkeit aller Betrachter auf sich ziehen wird. Ob diese Erweckung der Aufmerksamkeit auf einer reinen Wirkung beruht, das möchte ich aber bezweifeln. Das ist eine Art Produkt in der Kunst, wie wenn in einer anständigen Gesellschaft eine kokette Dame mit ihrer künstlichen Schönheit alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen will. Es hätte eine zarte, poetische Unschuld auf einem Balkon sein können, der eine kleine Brieftaube die ersehnte Antwort bringt, worauf sie den lieben Boten schmeichlerisch, streichelnd an ihre höher schlagende Brust drückt. Die Dame von Borsos sitzt zwar auf einem Balkon und drückt auch die Taube an sich, aber es ist nicht eine unschuldige Blondine, die sich kindlich freut und errötet, sondern eine kokette Brünette, eine Senora, bei der man sofort begreift, daß die milde Taube nicht ihre Schwester ist, und ihre Toilette aus roter Seide ist dermaßen aufgeblasen, daß man nicht recht weiß, wer in der nächsten Minute auffliegen wird: die Taube oder sie selbst. Das Bild ist, wie gesagt, äußerst brillant, glänzend, dabei aber in hohem Maße künstlich. Man nehme nur die Biegung des rechten Armes, oder den Schatten rechts oberhalb der Lippen, der das Lächeln der Dame zum Ausdruck bringen sollte, oder die Zähne, eine einzige weiße Linie, und dergleichen Kleinigkeiten mehr. Wir würden es sehr bedauern, wenn sich unser tapferer

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