Nagy Ildikó szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1992-1996 (MNG Budapest, 1998)
BUZÁSI, Enikő: EINIGE KAPITEL AUS DEM LEBENSWERK DES BILDNISMALERS ÁDÁM MÁNYOKI - Die erste Berliner Epoche (1703-1707)
Bildnisse des Ehepaares zu Wied-Neuwied sowie der frühen Arbeiten Mányokis in Berlin ist es nicht ausgeschlossen, daß er sich durch die hohen psychologischen Ansprüche der Bildnisse von Jouvenet 94 ebenfalls anregen ließ; er konnte den Ausdrucksformen von dessen Bildnissen frühestens am Hof von Hannover begegnet sein. Eine andere Arbeit aus derselben Zeit, eine ebenfalls 1704 datierte, signierte Bildnisminiatur, die bei der letzten Versteigerung als Porträt einer Prinzessin Sobieska bestimmt wurde, und in deren Dargestellten wir gewiß die Gattin des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern erkennen dürfen, 95 steht trotz mancher ähnlicher Detaillösungen eher der Auffassung des englischen höfischen Bildnisses nahe (Kat. Nr. 4). Die stilistische Orientation kommt hier im Gegensatz zu den vorangegangenen etwas deutlicher zur Geltung, und weist eindeutiger darauf hin, daß in dieser Zeit die Bildnisse von Gottfried Kneller - wenn auch nur über Nachstiche - einen maßgeblichen Einfluß auf Mányoki ausübten. Die in neuerer Zeit zum Vorschein gekommenen Bildnisse erlauben auch eine weitere Annahme. Es ist zwar zur Zeit noch keine biographische Angabe bekannt, die dafür spräche, aber aufgrund der oben behandelten Werke läßt es sich auch nicht ausschließen, daß sich Mányoki um 1704 vorübergehend in Köln aufhielt. Als Indizien dafür können die Kölner Bezüge der drei, im selben Jahr datierten Werke angeführt werden. Der Gatte der Theresa Kunegunda Sobieska, Kurfürst Max Emanuel von Bayern, war nämlich ein Bruder des damaligen Fürsterzbischofs Joseph Clemens von Köln, die Porträtierten des Bildnispaares waren hingegen die Grafen des nahe bei Köln gelegenen Neuwied. Dem Kreis der Bildnisse des gräflichen Ehepaares zu Wied-Neuwied möchte ich ein weiteres, männliches Bildnis zuordnen, das seinerzeit als ein Werk Mányokis aufgetaucht war. Die Autorschaft Mányokis läßt sich einstweilen durch keine Dokumente belegen, aber ich glaube das Bild in den frühen Berliner Jahren unterbringen zu dürfen (Kat. Nr. 7). Die Darstellung von unmittelbarer Wirkung, deren Typ - die etwas theatralische Neglige-Erscheinung in dieselbe ikonographische Linie gehört wie Antoine Pesnes 1707 in Venedig gemaltes Bildnis des preußischen Gesandten Friedrich Ernst von Knyphausen, 96 steht allerdings ziemlich vereinzelt unter den Arbeiten des Meisters da, und zwar nicht nur in dieser Periode, sondern auch in späterer Zeit. Da aber die Frühperiode Mányokis noch immer ziemlich wenig bekannt ist, glaube ich, daß diese thematische und ikonographische Sonderstellung keinen genügenden Grund zum Zweifeln gibt, zumal die Auffassung und die Einsetzung der malerischen Leichtigkeit und der - hier etwas übertriebene - Hang zur Gefälligkeit aus denselben Quellen gespeist zu sein scheinen wie die beiden Bildnisse zu WiedNeuwied. Das bis ins Detail ausgearbeitete, ähnlich rundliche Gesicht mit dem Helldunkelspiel zeigt die gleiche Divergenz zur malerischen Spontaneität und zur Gelöstheit der dekorativen Requisiten wie bei den Bildnissen des Ehepaars zu Wied-Neuwied. Der intensive Helldunkel gestaltet auf dem männlichen Bildnis die auch sonst gelösten, weichen Formen noch weicher, und der etwas feminine Charakter, der bereits im Bildnispaar zugegen war, wird hier durch die etwas eigenwilligen Bravouren in der Ausführung der Draperien und der Requisiten noch gesteigert. Gerade wegen dieser für jene Zeit ungewohnten Ungezwungenheit und Konventionslosigkeit läßt sich dieses Bild eher als ein genrehaftes Phantasiebild als ein Bild mit Anspruch auf Porträthaftigkeit einstufen. Im Hinblick auf das Lebenswerk Mányokis ist dies aus dem Grunde nicht belanglos, weil es ein heute seltenes Beispiel für die Überwindung der traditionellen Rahmen der Bildnismalerei vertritt. Es ist wahrscheinlich, daß die Periode in Hannover beziehungsweise die Verbindungen zum dortigen Hof für Mányoki den Zugang zu den höfischen Kreisen von Berlin begünstigten. Königin Sophie Charlotte von Preußen war nämlich eine geborene Prinzessin von Hannover, Tochter jenes Kurfürsten Ernst August von Hannover, in dessen Diensten seinerzeit Andreas Scheits gestanden hatte. Die Berliner höfische Kunst nahm in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts durch die dort tätigen, meist ausländischen Meister eine Vielfalt von Wirkungen auf. Diese Offenheit für die künstlerische Kultur anderer Gebiete reichte bis zur Mitte des vorangegangenen Jahrhunderts, in die Regierungszeit des Großen Kurfürsten zurück, der als Auftraggeber, Mäzen und Sammler die niederländische, vor allem die holländische Kunst bevorzugte und in erster Linie Künstler aus diesen Gebieten an seinen Hof berief und beschäftigte. 97 Die holländische Orientation der Bildnismalerei am Berliner Hof wurde Ende des 17. Jahrhunderts durch den französischen Porträtgeschmack abgelöst, der durch die Tätigkeit der aus konfessionellen Gründen geflüchteten französischen Maler Abraham Romandon und seines Sohnes Gedeon, durch ihre Ernennung zum Hofmaler im Jahr 1687 vorherrschend wurde. Der Stil ihrer Bildnisse war aber nicht allein durch ihre französische Schulung gekennzeichnet: Abraham Romandon nahm norditalienische Eindrücke auf, Gedeon Romandon gliederte hingegen nach seinem London-Aufenthalt des Jahres 1690 Erfahrungen der englischen Porträtmalerei in seine Arbeiten ein. 98 Ihre Malerei ver-