Nagy Ildikó szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1992-1996 (MNG Budapest, 1998)
BUZÁSI, Enikő: EINIGE KAPITEL AUS DEM LEBENSWERK DES BILDNISMALERS ÁDÁM MÁNYOKI - Die erste Berliner Epoche (1703-1707)
DIE ERSTE BERLINER EPOCHE (1703-1707) Nach Hagedom hielt sich Mányoki seit 1703 in Berlin auf. 90 In der davorliegenden, etwa dreijährigen Periode seiner Tätigkeit in Hamburg läßt sich außer der 1702 datierten Bildnisminiatur des Michael Berthold de Gileno nur ein Bildnis unterbringen, das um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Leipzig versteigert wurde (Kat. Nr. 2). Die Eindrücke von Hamburgs künstlerischem Milieu werden mangels dortiger Werke - genauso wie zuvor im Falle Hannovers - erst in Bildnissen greifbar, die Jahre später in Berlin entstanden sind. In diesen Werken finden sich nämlich genaue Abdrücke jener Einflüsse, von denen die norddeutsche Bildnismalerei Ende des 17. Jahrhunderts, im Verlauf ihrer Verselbständigung von der holländischen Malerei geprägt wurde, und mit denen Mányoki, nach seinen Werken zu urteilen, zu Beginn seiner Laufbahn in Berührung gekommen war. In dem Maße wie das Interesse der deutschen Aristokratie den repräsentativen Bildnistypen von modernen Lösungen zuwandte, kam auch in der Porträtmalerei dieser Gebiete die Rolle der höfischen Variante des englischen beziehungsweise französischen Bildnisses (unter anderen über die Meister-Schüler-Beziehung von Peter Lely und Largillière) zunehmend zur Geltung. Der französische Einfluß war dadurch unmittelbarer, daß in den deutschen fürstlichen Sammlungen ziemlich früh, bereits um 1695-1700, Bildnisse höfischen Charakters vorhanden waren, da sich viele Aristokraten auf ihren Pariser Reisen von Rigaud und Largillière porträtieren ließen, 91 während sich der Einfluß der englischen höfischen Porträtmalerei eher über holländische Vermittlung (zum Beispiel durch die Tätigkeit von Adriaen van der Werff in Düsseldorf) oder über die Werke Gottfried Knellers bemerkbar machte, letztere hauptsächlich durch Nachstiche von John Smith. Die Vielfalt der Einflüsse wurde aber nicht nur durch die Möglichkeiten des „Imports" gewährleistet. Am Hof von Hannover hinterließ Andreas Scheits' Vorgänger im Hofmaleramt, der Franzose Noël III. Jouvenet in seinen Werken von sensibler Lichtbehandlung und leichter Pinselführung die Erfahrungen seiner norditalienischen Schulung, 92 und Johann Heinrich Rundt, ein ehemaliger Schüler von Gerard Lairesse, der ab 1692 in Hamburg und dann von Zeit zu Zeit am Hof von Detmold nahe bei Hannover tätig war, vertrat ebenfalls eine eigenständige, aber markantere Stilvariante. 91 Die hier angeführten Namen beziehungsweise Richtungen der Bildnismalerei sind aber nur vereinzelte Beispiele aus der Vielfalt der Gattung in Deutschland um 1700. Wir haben einzig aus dem Grund gerade diese herausgegriffen, weil ihre Wirkung in den Bildnissen Mányokis aus der ersten Berliner Zeit - neben dem unmittelbaren Einfluß der Berliner höfischen Kunst - erkennbar ist, wenn auch nicht in gleicher Intensität. Die beiden frühesten Arbeiten Mányokis dieser Periode, die neuerdings aufgetauchten Brustbilder des gräflichen Ehepaares zu Wied-Neuwied aus 1704, verraten nicht nur überraschende Frische in der Auffassung, in der Technik und im malerischen Schwung, sondern zeigen zugleich ein unverwechselbares Gemisch von malerischen Lösungen, die dem Meister zugänglich und bekannt waren (Kat. Nr. 5-6). Offensichtlich ist die Kenntnis der Werke von Largillière, vor allem in der einnehmend gefälligen Gesamtwirkung der Bildnisse, in der kaum bewegten Einstellung und in der dekorativen Behandlung der Requisiten, die diese einfache Einstellung zu einer „Komposition" zusammenfassen, aber genauso auch in der technischen Ausführung, in der sensiblen, weichen Modellierung der Gesichtsformen. Der Einfluß des repräsentativen Vorbildes Largillièrescher Prägung kommt aber eher nur in der „französischen Erscheinung" der Bilder zur Geltung, mit der Mányoki seine Erfahrungen aus anderen Quellen harmonisch zu vereinen wußte. Das runde „Puppengesicht" der Gräfin, ihre weit aufgerissenen Augen und die weich gestaltete Mundpartie verraten trotz der individuellen Züge deutlich ihre Abstammung von den Gesichtstypen Knellers, wie sie in den Mezzotintos von John Smith durch die grafische Bearbeitung typisiert wurden. Die gleiche Quelle scheint, ebenfalls auf dem weiblichen Bildnis, in der Frisur durch, deren „Materialgerechtigkeit" und Modellierung den französischen Vorbildern völlig fremd, dafür aber umso bezeichnender für die graphischen Lösungen von Smith sind, während die üppige, strähnig gestaltete Allongeperücke des Pendants wieder an die französischen Vorbilder anklingt. Die Behandlung der Details weist in beiden Bildnissen eine bezeichnende Ambiguität auf: Der sorgsam und straff strukturierten Plastizität der Gesichter gesellt sich in der Ausführung der dekorativen Accessoires, der Draperien und des Harnisches eine schwungvolle, spontane malerische Haltung, die sich möglicherweise auf die in Hannover zurückgelassenen Werke von Noël III. Jouvenet zurückfuhren läßt, der noch vor Mányokis Aufenthalt in Hannover dort als Hofmaler wirkte. Angesichts der