Nagy Ildikó szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1989-1991 (MNG Budapest, 1993)
Pieske, Christa: DAS BILD IM BILDE: „EIN MORGEN NACH DEM MASKENBALL"
Dienstmädchen und Page die Rollen der Lieblingstiere ein! 47 Dagegen streiften die anonymen Fassungen des französischen Bilderbogenverlages Gosselin, Regret und Désir bezeichnet, fast die Karikatur 48 . Es geht hier um die Annäherungsversuche der Herrschaften, begleitet von dem Stoßseufzer „Ah, si j'avais vingt ans!" Auch die Pendants Le baiser rendu und Le baiser pris nach den Gemälden von Janet-Lange (1815- 1872) spielen im ländlichen Rokokomilieu 49 . Sie wurden in der „Galerie pour rire" bei Bulla Frères & Jouy um 1850 herausgegeben. Das Amusement für den Betrachter liegt in der gegenseitigen Duldung, die die ja gesellschaftlich ungleichen männlichen Partner zur Schau tragen. Von den zahllosen Beispielen, die das immer beliebte Motiv „alter Mann — junges Mädchen" bringen, seien nur wenige aus der Populargraphik erwähnt. So gibt es den Verliebten Bassisten nach G. Bartsch bei Wentzel, Weißenburg 50 . Bezeichnenderweise führt es aber den Untertitel Alter schützt vor Torheit nicht. Auch der Verliebte Dorfschulze aus dem Verlag von E. G. May Frankfurt a. M. gehört zu diesen volkstümlichen Versionen. Vermutlich nach dem hessischen Volkslebensmaler Carl Engel (1817- 1870) etwa 1857 gezeichnet, wurde es immer wieder neu aufgelegt 51 . Die offensichtliche Belustigung des jungen Mädchens über den alternden Kavalier ist auch das Thema des englischen Genremalers Brodie (1848- 1888 nachweisbar), der viel in der Royal Academy ausstellte 52 . Sein May and December, nicht nur von E. G. May Frankfurt a. M., sondern auch von F. Lenz und W. Hagelberg, beide Berlin, herausgegeben, fand auch Eingang in das amerikanische Damenmagazin „Godey's Ladies Book" von 1865. Zärtliche Vormünder und verliebte Schuster waren die Motive der „Komischen Bilder", die die Popularverlage anboten 53 . Sie wurden auch von den amerikanischen Verlagen wie Major & Knapp in New York als Dangerous Measure aufgenommen 54 . Gerade in den Bilderbogen gab es immer wieder den Verliebten Alten, der sich dem Gespött der Umgebung aussetzte 55 . Ein Sonderfall dieses Motives führt zu der seit dem Mittelalter geübten Kritik an dem Leben der Kleriker. Der Priesterspott war seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in zunehmendem Maße Gegenstand von Gemälden, Zeichnungen und Karikaturen, wobei die Skala vom schmunzelnden Betrachten bis zur bissigen Verdammung reichte. Nur einige Künstler, die sich diesem Genre verschrieben hatten, mögen erwähnt werden: Eduard Grützner (1846— 1925), Leo Herrmann (geb. 1853), V. Chevilliard (1841 - 1904), Louis Frédéric Corréard (1815- 1858) 56 und Antoine Ducrot (geb. 1814). Dieser bewegte sich mit seinen Bildtiteln wie La douce contemplation und Le dîner interrompu auf der gleichen Ebene wie Corréard 57 . Corréard war auch der Urheber des Blattes, das auf dem Gemälde von Borsos deutlich erkennbar aus der Graphikmappe am Fuß des Fauteuils herausgerutscht war. Betitelt mit La bonne prise bringt Corréard einen heimreitenden Priester, der sich genüßlich eine Prise Schnupftabak aus der Dose genehmigt. Die eigentliche gute Erwerbung aber sitzt hinter ihm, ein junges, hübsches Dienstmädchen, das vermutlich nicht nur bei den Küchenarbeiten einzusetzen war! 58 La bonne prise wurde 1844 gemalt. Es war nicht das einzige Bild, das der Schüler von Charlet diesem Umkreis widmete. Als Pendant zählte in der „Galerie pour rire" : Le fruit défendu sowie Père Capoucin, alle um 1860 herausgegeben. La bonne prise wurde aber schon gleich nach dem Bekanntwerden des Gemäldes durch den Pariser Kunstverlag Jeannin am 31. Oktober 1844 zusammen mit der London Anaglyphic Company, dem Wiener Kunstverlag L. T. Neumann und dem Berliner Gebr. Rocca als sparsam kolorierte Lithographie mit Tonplatte herausgegeben 59 . Bei der Übernahme des Motives in die Populargraphik wurde das anzügliche Blatt aller Pikanterie entkleidet. Das geschah durch die begleitenden Texte wie bei dem Stahlstich, den A. H. Payne (1812-1902) in dem Werk „Der Kunstverein — Stahlstichsammlung vorzüglicher Genrebilder der neuesten Zeit. 12. Heft, Leipzig 1847" herausbrachte. Hier handelt es sich um einen gemütlichen geistlichen Herren, der die mitgenommene jungfräuliche Kirchgängerin abends im heimatlichen Dorf mit seinem väterlichen Segen entlassen wird. Diese Umwandlung wird bei dem Neuruppiner Bilderbogenverlag Oehmigke & Riemschneider wieder zurückgenommen. Allerdings ist aus dem Priester ein Pächter geworden, der mit Nachbars Liese heimreitet. Das begleitende Gedicht läßt an ein bürgerliches Happyend denken 60 . Mit der Verlagsnummer 917 ist das Blatt um 1845 anzusetzen, also nicht weit von dem ersten Reproduktionslitho entfernt. Es ist fast zu vermuten, daß eine Lithographie aus der Serie „Musée omnibus", No. 15 mit dem Titel Un domestique pour tout faire, hierzu als Pendant benutzt wurde. Es handelt sich um die heimreitende Herrin, die einen „brauchbaren