Pogány Ö. Gábor - Csengeryné Nagy Zsuzsa dr. szerk.: A Magyar Nemzeti Galéria Évkönyve 1. szám. (MNG Budapest, 1970)
geradezu drohender Blick. Sein Gesicht ist im Schatten, trotzdem leuchten die Augen ; ihr Aufblitzen und die „mephistophelische" Linie seiner Augenbrauen sind wahrhaft teuflisch. Faust nimmt diesen Blick, die versteckte Drohung nicht wahr und sieht nur die Bücklinge der Gestalt. Auch den dunklen Sinn dieser Rede lehnt Faust ab: „Nun kenn ich deine würdgen Pflichten ! Du kannst im grossen nichts vernichten Und fängst es nun im kleinen an" Mit diesem Dialog beginntnun die eigentliche Handlung. Betrachten wir diese Bilder, so haben wir das Gefühl, als ob das Drama und die Illustration — trotz einem Zeitunterschied von fast einem Jahrhundert — gleichsam eine gemeinsame Schöpfung des Dichters und des interpretierenden Künstlers wären. Kann denn eine Illustration einen grössern und erschütternderen Eindruck als diesen rwecken? Ich glaube kaum. Die Struktur und Schattierung der Federzeichnung beruht auf Intensität, Dichte und Richtung der Linien. Wer jemals selbst gezeichnet hat, weiss, wieviel Gefahren hierin verborgen sind. Zufälligkeiten führen zu Unklarheit, Maniriertheit aber ist der Tod einer jeder Zeichnung. Man kann wohl Theorien aufstellen über die Schönheit der konsequent Parallelen, nur in der Strichstärke verschiedenen Linien, über den eigenartigen Rhytmus der in spitzem Winkel sich schneidenden Linien, über die sonderbare Technik der zur Fläohenwirkung dicht geseharten Linienbündel, über die Tönungsskala der mit verschieden verdünntem Tusch gezogenen Linien. Auch wissen wir, dass die künstlerische Federzeichnung von der kalten Steifheit der auf Kupfer- oder Stahlplatte gravierenden Nadel genau so fern sein muss, wie von kompakter Flächenwirkung, welche „malerische" Lösungen imitiert. Doch alldas ist bloss „graue Theorie", welche erst je nach der Hand des Künstlers zur technischen Formel, oder zur treuen und künstlerischen Interpretation des Auszusagenden wird. Mihály Zichy ist ein geborener, von jeder Maniriertheit freier Künstler der Federzeichnung. Betrachten wir die ausgewählten fünf Zeichnungen, so sehen wir, wieviele verschiedene Techniken des Federzeichnens er in seinen Werken zur Anwendung bringt. Die zeichnungsmässige Lösung und die Ausführungstechnik unterordnet er immee den inhaltlichen Anforderungen des gegebenen Bildes. Nur in einem kennt er keine Kompromisse: jede; Linie, jeder Federzug lebt für sich, und kann von Anfang bis Ende sauber verfolgt werden. Die Zeichnungen entstanden auf hell getöntem, grauem Papier. Dies ermöglichte dem Künstler in einzelnen Details durch Auftragen weisser Deckfarbe sehr starke Licht74.a Mihály Zichy (1827-1906) : Der Gelehrte und der Verführer Zichy Mihály (1827—1906): „A tudós és a kísértő" Wirkungen zu erzielen. Von dieser Möglichkeit aber macht der Künstler nur ausnahmsweise Gebrauch. Die überaus feine, farbige Schattierung löst er im allgemeinen durch das Variieren von Strichrichtung und Strichdichte. Das erste Bild weicht insofern hiervon ab, als die Schattierung des Himmels nicht zeichnerisch gelöst, sondern mit verdünnter Tusche laviert ist. Dem Widerschein der hinter dem Horizont verschwundenen Sonne aber gab der Künstler mit Deckfarbe eine ausgesprochen leuchtende LichtWirkung. Diese Zeichnung ist im allgemeinen durch den Parallelen Strichrhytmus gekennzeichnet. Der Baum im Hintergrund, der Strauch und die Gestalt des Köters wurden mit kleinen unruhigen Strichlein gezeichnet. Auf der Gestalt und den Schatten von Faust und Wagner entstanden die dunklen Partien aus aufeinander normalen, oder sich diagonal schneidernden Strichlein. Die Strichtechnik der zweiten, dritten und fünften Zeichnung ist freier, beschwingter, scheinbar unsystematischer. Die Feder übe;riliegt in unruhigem Vibrieren das Blatt, betont jedoch immer nach ihrem Eigengesetz die Strichwirkung, fliesst niemals zur Fläche zusammen, die das Verfolgen und Betrachten jedes einzelnen Striches verhindern würde. Die Mannigfaltigkeit und das scheinbar