Wellmann Imre szerk.: A Magyar Mezőgazdasági Múzeum Közleményei 1971-1972 (Budapest, 1973)
Müller, Hans-Heinrich: Zur Frage der Umwandlung der traditionellen Landwirtschaft
ZUR FRAGE DER UMWANDLUNG DER TRADITIONELLEN LANDWIRTSCHAFT HANS-HEINRICH MÜLLER (Berlin, German Democratic Republic) Wenn wir die Landwirtschaft des Feudalismus betrachten, so war sie —• ganz allgemein gesprochen — über sehr lange Zeiträume hinweg eine Landwirtschaft, in der die Traditionen, ganz gleich welcher Art, einen beherrschenden Platz einnahmen. Die Traditionen waren nach einem Wort von FRIEDRICH ENGELS eine hemmende Kraft, eine Trägheitskraft der Geschichte. Verlief die Landwirtschaft, vor allem die Produktion, auch sehr träge, sc wissen wir aber auch aufgrund neuerer Forschungen, daß die Entwicklung im Feudalismus keinesfalls dauernder stagnierender Art war. Es gab in der fast tausendjährigen Geschichte des Feudalismus Perioden des produktionellen Fortschritts, die mit Perioden des Verfalls und der Stagnation abwechselten, wobei diese Perioden regional und in ihrer Intensität und Dauer recht unterschiedlicher Art waren. Aber diese verschiedenen Entwicklungen der feudalen Landwirtschaft vollzogen sich letzten Endes immer innerhalb eines, wenn wir so sagen wollen, traditionellen Gesamtrahmens, nämlich der feudalen Produktionsverhältnisse. Doch die Tradition ist, um wieder mit FRIEDRICH ENGELS zu sprechen, bloß eine passive Kraft und muß daher unterliegen. Der Begriff traditionelle Landwirtschaft ist daher auch nur ein relativer Begriff. Das heißt: innerhalb traditioneller Formen, innerhalb des traditionellen Gesamtrahmens sind durchaus Wandlungen möglich. So stellt zum Beispiel die Einführung und Ausbreitung der Sonderkulturen im 13./14. Jahrhundert als Folge der Agrarkrise, wie etwa der Anbau von Krapp, Waid, Hanf, Wein u. a., eine Wandlung gegenüber dem bisherigen Getreidebau dar, weil hier neue Produktivkräfte wirksam wurden, die neues Wissen, neue Erkenntnisse und Erfahrungen und neue Produktionstechniken verlangten und voraussetzten. Uns ist auch bekannt, daß die mit der Ausbreitung der Sonderkulturen einhergehende oder vorausgehende Ausbreitung der Ware-Geld-Beziehungen ebenfalls Wandlungen in der Landwirtschaft mit sich brachte. So wurde das bis dahin traditionelle gewohnheitsrechtliche Verhältnis zwischen den den Boden besitzenden und bearbeitenden Bauern und dem Grundeigentümer in ein kontraktliches, in ein reines Geldverhältnis verwandelt. Aber so bedeutungsvoll diese Wandlungen in der Produktionstechnik und in den feudalen Abhängigkeitsverhältnissen auch gewesen sein mögen, der traditionelle Gesamtrahmen der Landwirtschaft wurde damit keineswegs