Technikatörténeti szemle 22. (1996)
Papers from the Second International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Eger, Hungary, 16–19 August, 1995) - Schiemenz, Günter Paulus: Der Schierlingsbecher, die Zauberflöte und der Druckfehlerteufel. Ein Schmierenstück der Historiographie der Alkaloidforschung
GUNTER PAULUS SCHIEMENZ* DER SCHIERLINGSBECHER, DIE ZAUBERFLÖTE UND DER DRUCKFEHLERTEUFE Ein Schmierenstück der Historiographie der Alkaloidforschung „Non scholae, sed vitae discimus", „nicht für die Schule lernen wir, sondern für das Leben" - so hörten es die Gymnasiasten, und sie lasen im Griechisch-Unterricht Piatons „Phaidon" und darin die ausführliche Beschreibung vom Tode des Sokrates, der in Athen den Schierlingsbecher hatte leeren müssen. Wo im Leben sollte aber diese Kenntnis nützlich sein? Etliche dieser Gymnasiasten wurden Pharmazeuten oder Chemiker, und einige von ihnen beschäftigen sich auf ihrem neuen Tätigkeitsfeld mit dem Schierling, Conium maculatum. Von der Isolierung (mit den damals noch sehr groben Methoden) ging es über die Strukturaufklärung zur Synthese, und als Albert Ladenburg 1886 den Hauptinhaltsstoff, das Coniin, synthetisiert hatte, war dies die erste Totalsynthese eines Alkaloids überhaupt. Die Frühgeschichte dieses Parade-Alkaloids faßte Ladenburg mit einem Satz zusammen: „Obgleich das Coniin schon 1827 von Gieseke beobachtet und bald darauf von Geiger näher untersucht wurde, so wurde doch erst im Jahre 1881 die richtige Zusammensetzung desselben von Hofmann ermittelt". 1 August Wilhelm Hofmann hatte es 1881 ähnlich: „Die von Giesecke im conium maculatum entdeckte, später von Geiger näher untersuchte Pflanzenbase ist bereits vielfach Gegenstand der chemischen Forschung gewesen. Ortigosa hat für dieselbe die Formel C 8 H 16 N aufgestellt. Blyth ist... zu einer Formel gelangt, welche... sich... in unserer heutigen Schreibweise gar nicht wiedergebe lässt..." 2 , usw. Daß Hofmann damalige communis opinio wiedergab, entnehmen wir den sehr ähnlichen Zeilen im „Lehrbuch der Organischen Chemie" von Heinrich Limpricht, Braunschweig 1862: (Coniin): „Es wurde 1827 von Giseke entdeckt, von Geiger (Berz. Jahresber. 1831, 220) zuerst rein dargestellt und vorzüglich von Ortigosa (...[1842]) , Blyth (...[1849]) und von Planta und Kekule (...[1854]) genauer untersucht". 3 * Institut für Organische Chemie der Universität Kiel Otto-Hahn Platz 4, D-24098 Kiel (Deutschland)