Technikatörténeti szemle 22. (1996)
Papers from the Second International Conference on the History of Chemistry and Chemical Industry (Eger, Hungary, 16–19 August, 1995) - Schiemenz, Günter Paulus: Der Schierlingsbecher, die Zauberflöte und der Druckfehlerteufel. Ein Schmierenstück der Historiographie der Alkaloidforschung
Drei Details sind hier bemerkenswert: 1. „von Giseke entdeckt, von Geiger zuerst rein dargestellt... und von Planta und Kekule (1854) genauer untersucht": Offenbar hat Limpricht die Publikation von Plantas und Kekules nicht selbst gelesen; denn ihr Inhalt ist gerade, daß das nach Geiger gewonnene Coniin keine einheitliche Substanz ist. Die Annalen der Pharmacie haben 1837 eine „Notiz. Für Chemiker und Pharmaceuten wird es angenehm seyn zu erfahren, dass sie sich Coniin, ausgezeichnet reyn und wasserhell zu F1. 24 die Unze, bei Hrn. Medicinalrath Merck in Darmstadt verschaffen können" 4 - „ausgezeichnet reyn". Als von Planta und Kekule dies 17 Jahre später taten, hatte besagter Medicinalrath E. Merck ihnen auf Anfrage erklärt, sein Coniin sey von jeher aus Schierlingssamen und stets auf dieselbe Weise (Methode von Geiger und Hesse) dargestellt. Ihre detaillierte Studie schließt dann aber mit dem Fazit „Aus den im Vorstehenden mitgetheilten Thatsachen... ziehen wir den Schluß: 1) Das käufliche Coniin ist (meist) ein Gemenge von zwei (oder mehr) homologen Basen...". 5 Sieht man sich Geigers Versuchsbeschreibungen an, so ist es völlig selbstverständlich, daß Geiger nie reines Coniin, also 2-Propylpiperidin, in den Händen gehabt haben kann. Wenn bis in die jüngste zeit der Satz erscheint, Geiger habe erstmalig reines Coniin isoliert, so heißt das nur, daß Uraltliteratur immer wieder unreflektiert abgeschrieben, ihre Aussage aber nicht mehr den späteren Erkenntnissen angepaßt wurde. 2. „...von Geiger (Berz. Jahresber. 1831, 220) zuerst rein dargestellt...": Natürlich hat Geiger nicht in Berzelius' Jahresberichten publiziert. Limpricht hat abermals nicht die Originalliteratur konsultiert, sondern nur eine Stelle der Sekundärliteratur, und er hat sie überdies falsch zitiert: Geiger hatte seine Befunde im „Magazin für Pharmacie" 1831 publiziert, Berzelius sie zwei Jahre später, nämlich im Jahrgang 12 (1833) 220-225 seiner von Wöhler ins Deutsche übersetzten „Jahresberichte" referiert, und beides zog Limpricht zu „Berz. Jahresber. 1831, 220" zusammen. Berzelius Notiz ist lakonisch und, wie wir sehen werden, befremdlich: „Coniin. Der bisher vergebens gesuchte giftige Stoff in conium maculatum ist nun von Geiger entdeckt worden (Angabe der Originalzitate); er ist eine flüchtige Salzbasis, analog der im Taback". 5a Nichts von Giseke: „Der bisher vergebens gesuchte... Stoff... ist nun von Geiger entdeckt worden." Berzelius scheint hier völlig entfallen zu sein, was er selbst drei Jahre früher, also vor Geigers Publikation, in denselben Jahresberichten geschrieben hatte: „Coniin. Brandes und Gieseke (Journ. de Ch. medic. IV. 138) geben folgende Methode an, den giftigen Bestandtheil des Schierlings, den sie Coniin nennen, zu isoliren". 6 Es folgt eine Kurzfassung der Versuchsbeschreibung. Diese beruht nicht auf dem Original, sondern auf der zitierten Sekundärliteratur, Paris 1828, gegenüber